(Helmut Harff / Chefredakteur) Es gibt schreckliche Ereignisse, da kann auch ein Genussmann nicht zur Tagesordnung übergehen. Ein solches waren die Terroranschläge in Norwegen. Die Nachrichten und Bilder waren wie ein Schlag in die Magengrube. Sie machen einfach hilflos und sie sorgen sofort für das Auftauchen von Klischees. Als ich die ersten Bilder aus Oslo sah war für mich klar: Hier hatten fanatische Islamisten - nicht Moslems - zugeschlagen. Das dem dann nicht so war, hat das Geschehen zwar nicht besser gemacht, aber irgendwie anders.
Beeindruckt hat mich, wie die Menschen in Norwegen mit dem Massenmord und mit dem Massenmörder umgehen. Die Bilder aus Norwegen zeigen ein Land, eine Bevölkerung, eine königliche Familie, eine Regierung, die wirklich gemeinsam trauern. Norwegen hasst nicht. Norwegen schottet sich nicht ab und ruft nach schärferen Gesetzen. Norwegen will mehr Demokratie wagen. Übrigens: Das wollte einst in Deutschland Willy Brandt, der bekanntlich während der Nazizeit nach Norwegen emigrierte.
Wenig beeindruckt war und bin ich über die Berichterstattung über den ideologisch verbrämten Massenmord. Wie immer in solchen Zeiten tauchen von irgendwo her Experten auf, die ganz schnell Erklärungen bei der Hand haben. Sie scheuen sich nicht zu erklären, was im Kopf von Massenmörder Anders Breivik so vorgeht ohne ihn je gesprochen zu haben. Da werden alle noch so unwichtigen Details aus dem Leben des Attentäter ausgewalzt. Irgendwann bezahlt dann auch noch ein Medienvertreter die Fußpflegerin, die schon an den Zehen von Anders Breivik sah, dass mit dem Typen etwas nicht stimmte. In Deutschland Radio Kultur riet vor einigen Tagen ein Zuhörer uns Journalisten, nicht immer noch schneller sein zu wollen. Er mahnte eine unaufgeregtere und sachlichere Berichterstattung an. Dem ist wohl nicht s hinzuzufügen.
Normalerweise schließt meine Kolumne immer mit einem Genießer-Tipp. Den habe ich angesichts der Tragödie in Norwegen nicht. Aber doch den: Verabschieden wir uns von unseren Vorurteilen und folgen den Norwegern. Die wollen die Terroranschläge nutzen und mehr Demokratie wagen.
Aufgespießt: Der Terror und wir
Veröffentlicht am: 01.08.2011
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