Die Wintermodewoche in Berlin ist Geschichte. Das Zelt am Brandenburger Tor wird abgebaut. Die Leber kehrt ebenso zum normalen Leben zurück, wie die zahlreichen Eventlocations. Alle, die irgendwelche Goody Bags erhalten haben, haben diese schon nach Verwertungsmöglichkeiten sortiert. Einiges wandert in den eigenen Schrank, anderes bekommen Freunde und Freundinnen, etwas wird bei Ebay auftauchen und den Rest kann man ja im Asylbewerberheim abgeben.
Die Promis, beziehungsweise, solche die sich dafür halten oder dazu erklärt wurden, müssen nun wieder sehen woher sie ihr Abendbrot bekommen und damit leben, dass sie niemand beachtet. Wobei, wirkliche Promis waren auf den Modeschauen und den ach so angesagten Partys ohnehin an einer Hand abzuzählen. Schon erstaunlich, was in der Hauptstadt so als Promi durchgeht. Augenscheinlich haben wir keine Promis mehr oder die verstecken sich so gut, dass man sie einfach nicht zu Gesicht bekommt. Möglich auch, dass sie einfach nicht schmückendes Beiwerk für maximal mittelprächtige Veranstaltungen sein wollen.
Mittelmäßigkeit will niemand nachgesagt bekommen. Für viele, viel zu viele Veranstaltungen im Rahmen oder im Fahrwasser der Mercedes Fashion Week und der zahlreichen Modemessen ist die Einschätzung Mittelmäßigkeit eine wirkliche Auszeichnung. Was ich da so alles erlebte, war unterirdisch. Unprofessionalität wohin ich auch blickte. Teilweise waren die sogenannten Events eine Schande für die Stadt. Amateure, nein unfähige Veranstalter, will ich nicht mehr erleben. Hier sind auch die, die solche Veranstaltungen finanzieren - gemeint sind Sponsoren und die Menschen hinter den Labels - gefragt. Wieso überlässt man das Feld den Dilettanten, Selbstdarstellern und Unfähigen?
Modehauptstadt Berlin? Da lachen ja die Hühner oder in Berlin eher die Spatzen. Kein Toplabel zeigte seine Mode. Was da auf den Laufstegen präsentiert wurde, war nicht schlecht, war tragbar und wird im kommenden Herbst und Winter bestimmt in vielen Modegeschäften und in den Mode-Supermärkten zu finden sein. Ich finde, dass ist sogar eine Auszeichnung für die Modemacher, die ihre Mode in Berlin gezeigt haben.
Vielfach hörte und las ich in den vergangenen Tagen, dass Berlin keinen Glamour hat. Das mag sein. Wichtiger ist, dass die Mode - Mode für Sie, für Sie und für mich - gar keinen Glamour braucht. Sie braucht ein aufmerksames, modebewusstes Publikum. Sie braucht Einkäufer und Käufer. Sie braucht keine Pseudo-Promis, keine Selbstdarsteller, die kaum jemand kennt. Sie braucht auch keine Journalisten und Fotografen, die nur dann eine Show, eine Location besuchen, wenn dort Menschen auftauchen, die sie zu Promis machen können.
Vielleicht ist es gar kein schlechtes Zeichen, dass im Sommer die Bread & Butter wieder am ehemaligen Flughafen Tempelhof die Tore öffnen will und das auch für Endverbraucher. Hoffentlich kostet dann der Eintritt nicht mehr, als so manches Designerstück. Vielleicht traut man sich ja sogar, an die sich gern als Promis bezeichnenden Damen und Herren keine Goody Bags zu verteilen. Dann, da bin ich ziemlich sicher, sieht man die sowieso nicht mehr.
Jetzt habe ich mir meinen Frust etwas von der Seele geschrieben. Da wird mir mein Frühstück gleich noch besser schmecken.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück - ob Promi oder Normalo.
Morgengruß von Helmut Harff: Modesplitter-4
Ein Blick zurück, einer voraus
Veröffentlicht am: 23.01.2015
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