Heute beginnt offiziell die Modewoche in Berlin. Die Mercedes Fashion Week öffnet die Tür genau wie die zahlreichen Modemessen. Dazu jagt ein Event das andere und auch die Abende sind ausgebucht. Man könnte den Eindruck haben, Berlin ist im Modefieber.
Doch dem ist nicht so. Die Berliner bekommen so gut wie nichts von dem Spektakel mit, denn das gemeine Volk muss draußen bleiben. Vielleicht sieht man hier und da mehr große und sehr schlanke Frauen, die ihr Glück als Model machen wollen. Vielleicht rast irgendwo eine Shuttle-Limousine vorbei und der eine oder andere ergattert ein Autogramm.
Wobei, nicht nur die Autogrammjäger müssen sehr bescheiden sein, denn die Anzahl der Promis ist mehr als überschaubar. Dabei sind schon die mit eingerechnet, die in der Hauptstadt einen Promistatus haben. Dazu bedarf es allerdings wirklich nicht viel. Man war schon mal im Fernsehen, hat Würmer gegessen oder verzichtet beim Ankleiden nahezu vollständig auf Stoff. Promi darf sich auch nennen, wer im Fahrwasser von mehr oder weniger bekannten Modemachern segelt. Manchmal reicht es schon, wenn sich die Hauptstadtfotografen für einen interessieren.
Die armen Menschen hinter den Kameras tun mir auch leid, denn wirklich viel zu fotografieren gibt es kaum. Die schon beschriebenen Promis sind zumeist genauso unbekannt, wie die Modemarken, die sich irgendwo in mehr oder weniger angesagten Locations präsentieren. Wer will alle halbe Jahre Fotos von Menschen kaufen und veröffentlichen, die so schon vor einem, vor zwei oder drei Jahren aufgetaucht sind. Manchmal sind die so penetrant oft zu sehen, dass man sie schon an ihrer Kleidung erkennt. Denn, wer da glaubt, so ein Mini-Sternchen hat einen übervollen Kleiderschrank, der irrt wohl, denn viele tragen seit Jahren die gleichen Klamotten.
Doch nicht nur der Einzelne hat wenig Glamour. Das gilt auch für Berlin. Die Hauptstadt stellt sich gern als Modemetropole in eine Reihe mit New York, Mailand oder Paris. Die drei Städte spielen – um es in der Fußballersprache zu sagen – in der Champions League, Berlin aber maximal in der dritten Bundesliga. Dahin ist man in den vergangenen Jahren Stück für Stück abgestiegen und es gibt keinen Anzeichen dafür, dass man den schnellen Wiederaufstieg zumindest in die Bundesliga anstrebt.
Berlin und Mode – das war einmal. Es macht einfach keinen Spaß mehr, immer wieder die gleichen Modemacher, die gleichen Leute zu sehen. Ich habe den Eindruck, dass man sich in seiner eigenen Soße so wohl fühlt, dass man da gar nicht raus will. Ich habe auch den Eindruck, dass die Verantwortlichen der Stadt Null Interesse daran haben, Berlin auch zur Modehauptstadt zu machen, beziehungsweise wieder zu machen. Ich habe den Eindruck, dass man froh darüber ist, dass kein Zelt am Brandenburger Tor den Verkehrsfluss stört. Man scheint auch froh darüber zu sein, dass man im historischen Flughafen Tempelhof – dem ehemaligen Standort der Bread & Butter - nun Flüchtlinge unterbringen kann. Ob die Stadt mit denen mehr Geld verdient als mit einer international beachteten Modeszene?
Apropos Bread & Butter: Die Marke gehört ja jetzt dem Online-Händler Zalando. Die kochen nun ihre eigene Suppe und wollen im September testen, wie ihr neues Konzept bei den Berlinern und den Hauptstadtbesuchern ankommt. Man will seine Türen für den Endkunden öffnen. Ich bezweifele, dass man damit etwas zielführendes für den Modestandort Berlin tut. Aber vielleicht zeigt Zalando ja, dass es ihnen um mehr als eine schlichte Aktion zur Ankurbelung des Weihnachtsgeschäfts geht. Zu wünschen wäre es.
So, nun noch ein Brötchen und einen Kaffee und dann ab zur ersten Modemesse.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.
Morgengruß von Helmut Harff: Modestadt?!
Ein Blick nach Berlin
Veröffentlicht am: 28.06.2016
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