Nach der Nominierung durch Martin Parr gewann der litauische Fotograf Rimaldas Vikšraitis 2009 den Discovery-Award des Fotofestivals Rencontres d’Arles. In Deutschland sind seine Arbeiten nun erstmals in Zephyr zu entdecken. Die große Schau präsentiert über 130 Bilder aus vier Jahrzehnten und verschiedenen Werkgruppen.
Ohne hohe Gummistiefel konnte man die Welt nicht betreten, die Rimaldas Vikšraitis über zwei Jahrzehnte fotografierte. Viele Jahre wohnte er in kleinen Orten tief in Litauen, in denen das Leben von Armut, Alkoholismus, Promiskuität, Entwurzelung und sozialer Ausgrenzung geprägt war.
Leben auf dem Dorf
So erzählen die analogen, schwarz-weißen Aufnahmen von Rimaldas Vikšraitis ohne Filter von der Essenz des Lebens, von seiner Härte und den Schmerzen, aber ebenso von unerwarteter und tiefer Freundschaft und Freude. Mit großer Kunstfertigkeit rückt er die Menschen am Rand unserer Welt in die Mitte. Er stellt sie in den Fokus unserer Aufmerksamkeit, ohne sie bloßzustellen und erlaubt, ihre uns so ferne Lebensirklichkeit aus deren eigener Perspektive kennen zu lernen.
Rimaldas Vikšraitis Bildsprache erinnert zuweilen an Fotografien aus dem 19. Jahrhundert, zugleich besitzen sie die dynamische Kraft zeitgenössischer Reportage-Fotografie. Da er selber zu der abgebildeten Welt gehört, könnte seine Kunst als Insider-Kunst bezeichnet werden, vergleichbar dem Werk von Fotografen wie Nan Goldin oder Richard Billingham. Rimaldas Vikšraitis nimmt teil, beobachtet und fotografiert. Immer ist er mittendrin. Daher erklärt sich seine Fähigkeit, dem Betrachter einen Eindruck von Intimität zu vermitteln.
Selbstinszenierungen
Rimaldas Vikšraitis webt ein vielgestaltiges Bild eines Litauen, das zwar vergangen ist, aber in der Tristesse seiner Grauschattierungen ein erstaunlich buntes Leben zeigt. Ebenso vielfältig sind seine an Referenzen reichen Selbstinszenierungen zwischen Selbstporträt und Performance. Darauf präsentiert sich uns der Künstler etwa als Punk mit Hahnenkamm, als Gegenentwurf zu Riefenstahls Olympiahelden auf einem Misthaufen, unbekleidet mit einer geschulterten Sense oder in Pose à la Nijinsky.
Zur Ausstellung erscheinen eine Publikation und eine Edition.
Bild: © Rimaldas Vikšraitis, XXX (1992)
"Am Rand der bekannten Welt"
Fotos von Rimaldas Vikšraitis
Veröffentlicht am: 14.12.2017
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