Morgengruß von Helmut Harff: Nachhaltige Mode?

Einige Gedanken während der Fashion Week...

Wie schon seit Jahren ist Nachhaltigkeit auf der Berliner Fashion Week, bei viele Präsentationen und auf den Messen ein hoch gehaltenes und hoch gehyptes Thema. Was man nicht wirklich machen sollte, ist zu konkret nachzufragen.

Macht man das dennoch und fragt was man dann mit Nachhaltigkeit meint, so bekommt man neben einigen Schlagworten eher schwammige Antworten. Also erst mal Wikipedia konsultieren. Da ist zu lesen: "Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme (vor allem von Lebewesen und Ökosystemen) gewährleistet werden soll."

Alles klar? Bei mir vor allem mit Blick auf die Mode nicht. Für den einen ist es nachhaltig, Bio-Baumwolle zu verwenden. Andere sind schon nachhaltig, wenn sie in Europa produzieren. Wieder andere machen aus alten PET-Flaschen Unterhosen. Andere verwenden dafür Plastikmüll aus dem Meer. Es gibt auch die Modemacher, die aus alten Jeans, aus Feuerwehr- oder Fahrradschläuchen, aus alten Pelzmäntel und Lederhosen neue Mode zaubern.

Das klingt alles toll - bis man mal nach dem ökologischen Fußabdruck der "nachhaltigen" Mode fragt. Das mag man irgendwie nicht. Welche Ressourcen zum Beispiel bei der Metamorphose von PET-Flaschen zur Unterhose verbraucht werden, erfährt man kaum. Auch wenn man fragt, aus welchem der Meere von wem der verwendete Plastikmüll geborgen wird, lüftet man das Geheimnis nicht.

Dann gibt es noch die Hersteller, für die ist Nachhaltigkeit, auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern zu achten. Doch wer achtet auf die Arbeitsbedingungen der Verkäuferinnen, bei den Mitarbeitern ihre Dienstleister und den hauseigenen Mitarbeitern hier in Deutschland? Werden hier Tariflöhne gezahlt, können Mitarbeiter ihren Job mit der Familie gut verbinden? Wer achtet auf Nachhaltigkeit beim Bau der Läden, bei der Beleuchtung, bei der Werbung? Bei diesen Fragen bekommt man maximal ein Schulterzucken.

Schön finde ich auch, dass man nun sogar dafür wirbt, sich nicht ständig neue Klamotten zu kaufen. Modemacher wollen, dass man ihre Mode nicht kauft? Was ist das für ein Unsinn. Wenn die Modeindustrie, wenn die Modemacher das wirklich meinen, wieso gibt es mindestens zwei, wenn nicht deutlich mehr Kollektionen pro Jahr. Wer nicht will, dass man immer die neueste Mode tragen will - und das ist das erklärte Ziel von Veranstaltungen wie der Fashion Week und der Branche - sollte einfach darauf verzichten, im Monatstakt neue Modelle auf den Markt zu bringen.

Will die Branche das Thema Nachhaltigkeit wirklich ernst nehmen, so müssen sie ihre Angebote deutlich reduzieren und vor allem sich mal ansehen, was sich direkt vor ihrer Haustür oder im eigenen Laden tut. Alles andere ist mehr oder weniger sinnleeres Gerede und im besten Fall ein Marketinggag. Dafür darf man aber Begriffe wie Nachhaltigkeit nicht missbrauchen.

Ich frühstücke heute sehr nachhaltig - es gibt nur einen selbst gebrauten Kaffee und eine Stulle. Dann stürze ich mich wieder in das Modegeschehen.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.

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