Ein Sommermärchen (IV): Leben von Luft und Wasser

... ein Kommentar von Peter Schwerdtmann, Auto-Medienportal.Net

Angesichts des politischen Versprechens, die EU bis 2050 als ersten Kontinent beim Kohlendioxid (CO2) neutral wirtschaften zu lassen und die Rede von Ursula von der Leyen nach ihrer Wahl zur Präsidentin der EU-Kommission noch im Ohr, wird klar: Dies sind keine Aktivitäten, um Medien übers Sommerloch zu helfen. Es geht ums Klima – ums meteorologische und um das in unserer Gesellschaft.

Das batterieelektrische Auto ist Fakt


Das batterieelektrische Auto gilt vielen als der einzige Ausweg aus dem Dilemma. So wird die Batterie im Autoantrieb eine Zukunft haben, aber nur in bestimmten Bereichen: in der Innenstadt und auf der Kurzstrecke, nicht so intensiv bei mittleren Entfernungen und schon erst recht nicht im Fernverkehr mit Nutzfahrzeugen. Die Oberleitung für Lkw an zwei Autobahn-Teilstücken wirkt da wie ein Schildbürgerstreich. Der Lkw mit Stromabnehmerbügel rollt langsam auf der Standspur, nach hinten und zur Seite abgesichert von Kollegen mit gelbem Warnblinklicht. Bosch findet Zuspruch, wenn auch die Stuttgarter feststellen, dass für den elektrischen Fernverkehr sowieso nur Wasserstoff als Energieträger infrage kommt.

Energieunternehmen, Hersteller und die Politik nehmen jedoch zur Zeit hunderte Millionen Euro in die Hand, um die Nachteile des Elektroautos bei der Reichweite mit Ladestationen auszugleichen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) spricht von einer Million Ladepunkten – öffentlich erreichbare und private –, die es bräuchte, um die Zahl der Elektroautos zu versorgen, die jetzt von den Herstellern so bereitwillig angekündigt wird. Was also muss noch geschehen als zukunftsfähige Ergänzung oder Alternative?

Wir sollten von Luft und Wasser leben

Blicken wir auf die Ressourcen. Wasser und Luft stehen umsonst, ohne Frachtkosten und Zölle zur Verfügung. Und bei der Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne sind wir gut aufgestellt. Beim Windstrom verschwenden wir zur Zeit unglaubliche Mengen Energie, weil wir mangels Leitungen den Strom nicht dahin bringen können, wo er benötigt wird. Wenn sie nicht zwangsweise hätten stillstehen müssen, hätten die Windräder an der Küste 2017 Strom für 5,5 Milliarden Kilometer mit dem Elektroauto produziert.

Umweltpolitisch und volkswirtschaftlich spricht also sehr viel für die Verwendung der vorhandenen Ressourcen Wasser und Strom aus regenerativen Quellen. Als Ergebnis stünde Wasserstoff als Kraftstoff zum Beispiel für Brennstoffzellen oder in chemischen Verbindungen als Energiespeicher (zum Beispiel CH3, künstliches Erdgas) zur Verfügung.

Die Technologie dafür ist bekannt, die Umsetzung mindestens teilweise erprobt und zum großen Teil auch serienreif, wie erste Serienfahrzeuge aus Korea und Japan längst bewiesen haben. Und auch Daimler belebt seine Wasserstoffpläne neu. Nachdem die Kleinserie vom Mercedes-Benz F-Cell gestoppt wurde, soll es nun in den 20er Jahren ein neues Fuelcell-Fahrzeug geben.

Wir haben allerdings ein Problem mit der Infrastruktur, zum Beispiel bei den Tankstellen. Der Netzausbau geht nur schleppend voran, auch weil die Tankstellen sehr teuer sind. Bis Ende dieses Jahres soll in Deutschland 100 Stationen stehen. Der Ausbau läuft weiter, doch mit wenig überzeugendem Druck.

Tankstellen statt Ladestationen


Die Zeit ist reif. Die Wasserstoff-Technologie ist so weit entwickelt, dass wir diese Diskussion führen müssten: Ist es umweltpolitisch und volkswirtschaftlich nicht viel sinnvoller, unser Geld in die Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft zu investieren statt in derart viele Ladestationen für batterieelektrische Autos, die nie den Langstreckenverkehr klaglos werden übernehmen können und die von den großen Nutzfahrzeugen sowieso gemieden werden?

Es mag sei, dass diese Debatte schon bald zu einem doppelten Ergebnis führt: Wegen der Grenzwerte und der erklärten Politik, CO2-neutral zu wirtschaften und zu leben, entwickeln wir jetzt das Batterieauto samt Ladestationen. Später dampfen wir die Batterietechnologie ein, nehmen noch einmal Milliarden in die Hand und steigen auf Wasserstoff um.

Noch erklärt die Politik das Batterieauto für alternativlos. Genauso einäugig handelt sie auch gegenüber dem Verbrennungsmotor, den sie eher heute als morgen abschaffen will. Blauäugig gehen ganze Staaten davon aus, man könne den Otto- oder den Dieselmotor verbieten.

Sinnloser Tod des Verbrenners

Die Rigorosität gegenüber dem Verbrenner wird noch unverständlicher, wenn man sieht, wie effektiv die Schadstoffe in den Griff genommen wurden. Es gibt daher schon lange keinen Grund mehr für die Hasstiraden, die der Verbrenner über sich ergehen lassen muss. Hilfreich wäre es dagegen sehr, sich auf die Suche nach alternativen Kraftstoffen zu begeben. Schon der Einsatz von mehr Erdgas anstelle würde die Umwelt spürbar entlasten.

Das weitaus größere Potenzial liegt aber in der Vielzahl der chemisch erzeugten Kraftstoffe. Im CO2 steckt das C vom Kohlenstoff, den wir für jeden Kraftstoff brauchen. Vieles ist da heute schon möglich, selbst die Gewinnung des Treibstoffs aus dem Kohlendioxid der Luft. Es wird nicht von heute auf morgen funktionieren, aber es ist denkbar, den Verbrennungsmotor zur Vermeidung der Klimaerwärmung einzusetzen.

Mit vier Takten gegen die Klimaerwärmung

Wasserstoff für Antrieb von Fahrzeugen und Energiespeicherung sowie künstliche Kraftstoffe, die abgasfrei zusätzliches Kohlendioxid bei der Verbrennung vermeiden und sogar der Klimaveränderung entgegenwirken – sind das nicht die Alternativen, über die wir nachdenken müssen? Nötig wäre es ab sofort, damit unsere Investitionen in die Zukunft auf ein Ziel ausgerichtet werden, das unseren Grundsätzen entspricht. Die zwingen uns eine strategische Diskussion auf und verhindern das heute übliche Klein-klein wie Fahrräder statt Autos, Straßenbahn statt Autobahn, Elektroantrieb statt Verbrennungsmotor und freie Fahrt für freie E-Scooter.

Die Zukunft wird es zeigen: Wir brauchen alle Antriebsarten. Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um die jeweils beste Verwendung für den jeweiligen Zweck.

Thunberg oder Trump

Thunberg und Trump und ihre Positionen zu Umwelt und Klima stehen als Symbole für eine sinnlose Polarisierung in der Welt und in unserer hausgemachten Diskussion. An dieser Stelle dcjeint daher ein Hauch von Pathos angesagt: Erinnern wir uns der Werte, die diese Gesellschaft stark gemacht haben und die ausgerechnet in der Krise rund ums Klima verloren zu gehen scheinen: Respekt und Konsens. (ampnet/Sm)

Fotos: Auto-Medienportal.Net/Iveco, Auto-Medienportal.Net/ZF, Auto-Medienportal.Net/Siemens, Auto-Medienportal.Net

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