Morgengruß von Helmut Harff: Weniger Reisen

… und seine Folgen

Von allen Seiten wird mit Hinweis auf den Klimawandel gefordert, dass wir weniger Reisen. Es wird auch gefordert, dass wir weniger fliegen. Doch was bedeutet das eigentlich?

Weniger Reisen, weniger Fliegen, das klingt angesichts der belasteten Umwelt auf den ersten Blick vernünftig. Vernunft ist allerdings etwas, was den meisten von uns wohl abgeht. Schließlich fliegen immer mehr Menschen und die Zahl der Urlaubsreisenden ist auch alles andere als rückläufig. Das gilt mit ziemlicher Sicherheit auch für die meisten, die so gern Wasser predigen und Wein trinken – die Politiker, die Warner und auch die streikenden Schüler.

Ich frage mich, ob gerade die zuletzt genannten mal darüber nachgedacht haben, was es bedeutet, wenn wir beispielsweise nur noch – wie vor 30 Jahren – einmal im Jahr zwei oder drei Wochen in den Urlaub reisen. Das sollten wir aber mal tun.

Mal abgesehen davon, dass es aus medizinischer Sicht sinnvoller ist, nicht viermal drei Tage eine Kurzreise zu unternehmen, sondern eben lieber 12 oder mehr Tage am Stück zu Urlauben, hätte so eine Rückbesinnung dramatische Folgen. Sehr viele Tourismusdestinationen hierzulande, aber auch weiter weg würden schlicht mangels Touristen vor die sprichwörtlichen Hunde gehen. Das bedeutet, dass ganze Gegenden – von der Küste bis in die Berge – in die Bedeutungslosigkeit, in die Armut zurück fallen.

Reisen wir nur noch einmal im Jahr, dann heißt das auch, dass der Tourismus beispielsweise in den europäischen Mittelmeerländern massiv einbricht. Wohin die davon betroffenen Menschen sich dann aufmachen, ist leicht zu erraten. Wohnraum wäre ja dann in Timmendorfer Strand oder in Mittenwald reichlich in den leer stehenden Hotels vorhanden.

Doch mal ohne Ironie – wer fordert, dass wir deutlich weniger fliegen, dass wir deutlich weniger reisen, der muss einfach auch laut und deutlich darüber nachdenken, was für Folgen das hat. Was würde unser Verzicht für das Weltklima bedeuten? Wir würden vordergründig weniger Schadstoffe in die Luft blasen. Doch stimmt das? Was machen die Leute, wenn sie Teile ihres Urlaubs oder die Zeit ihres Ruhstandes eben nicht mehr reisend verbringen? Sitzen sie dann brav zuhause und verkümmern auf dem Sofa? Futtern sie sich dick und rund?

Ich will hier nicht den zumindest bedenklichem Trend zu Kurzreisen oder der Vielfliegerei das Wort reden, doch ich will endlich, dass all die populistischen Gutmenschen, Weltuntergangsvorhersager, Politiker und auch schnelldenkenden Kollegen sich mal auf ihr Sofa oder die Hotelterrasse setzen und darüber nachdenken, welche Folgen ihre billigen Forderungen haben. Vielleicht denken sie auch mal darüber nach, was es für Deutschland bedeutet, wenn beispielsweise Chinesen, Japaner oder Amerikaner auf das Fliegen verzichten.

Weniger Urlaubsreisen, weniger Inlandsflüge – ganz toll. Vielleicht sollten die, die das fordern erst einmal bei sich anfangen. Wie? Wie wäre es, wenn Parteitage nur noch online stattfänden, wenn Politiker nur noch reisen, wenn es wirklich erforderlich ist? Wie wäre es, wenn Journalisten auf viele Dienstreisen verzichten? Wie wäre es, wenn man auch auf Flüge zu Kongressen verzichtet? Auch das ginge ja online.

Wer uns das Reisen, das Fliegen vermiesen, wenn nicht gar verbieten will, muss vor allem eines: Mit sehr gutem Beispiel voran gehen und die Dinge wie ein Schachspieler betrachten. Die denken immer mehrere Züge voraus.

Mein nächster Zug ist, den Frühstückstisch zu decken.   

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Foto: Pixabay

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