Morgengruß von Helmut Harff: Ich bin Migrant

Das war nicht immer so

Gestern hörte ich es und konnte es schwarz auf weiß nachlesen – ich habe einen Migrationshintergrund. Ich bin so einer - und viele Türken, Griechen oder Polen nicht.

Wie ich darauf komme? Weil es eine klare Definition gibt, wer sich mit dem Titel „Migrationshintergrund“ schmücken darf: „Wer die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt oder mindestens einen Elternteil hat, bei dem das der Fall ist, hat einen "Migrationshintergrund", erklärt die Soziologin Linda Supik. Das heißt, wenn die Eltern eines hier geborenen Menschen bei seiner Geburt  deutsche Staatbürger waren – wohlgemerkt beide – dann hat dieser Mensch keinen Migrationshintergrund.

Genau das ist aber bei mir nicht der Fall, weil meine Mutter eine geborene Litauerin ist. Das war zu ihrer Geburt ein selbstständiger Staat und sie ist somit keine deutsche Staatsbürgerin.

Warum ich so jubel? Eigentlich ist es mir selbstverständlich egal, welchen Hintergrund mir deutsche Beamte anheften. Doch ich habe es mehrmals erlebt, dass man mich auf Ämtern gerügt hat, wenn ich auf die Frage nach einem Migrationshintergrund mit „ja“ geantwortet habe. Ich sei Deutscher, hörte ich dann immer. Logisch, ich habe ja auch die deutsche Staatsbürgerschaft, keine schwarzen Haare, eine weiße Haut und einen Bauch. Ich trinke Alkohol und esse Schweinefleisch – folglich bin ich Deutscher – oder?

Ich als ein nun amtlicher Zweibeiner mit Migrationshintergrund wunderte mich auch immer, warum ich beispielsweise auf Ämtern oder von sich als Amtspersonen aufspielende Menschen noch nie gefragt wurde: „Sprechen Sie deutsch?“. Das fragt man doch immer wieder Leute, die einen Migrationshintergrund haben. Mir hat noch nie jemand so den Weg erklärt: „Du gehen links bis Döner, dann rechts – und Du dann noch mal fragen“. Vielleicht bin ich aber auch nur noch nicht auf einen Deutschen ohne Migrationshintergrund getroffen. Davon gibt es ja vor allem in Berlin nicht sooo viele.

Ja, was mache ich jetzt damit, dass ich einen Migrationshintergrund habe? So einer wie ich kann auf keinen Fall die AfD wählen. Ob ich mich mal an die litauische Botschaft wende? Vielleicht gründe ich auch eine Facebookgruppe „Meine Mutter ist Litauerin“.

Ich weiß, was ich zuerst machen werde. Ich google mal, was die Litauer so frühstücken. Wobei, wenn ich mich an meinen Besuch in Litauen erinnere, wenn ich daran denke, was meine Mutter gern frühstückte, dann unterscheidet sich das nicht vom deutschen Frühstück. Da fällt mir ein, dass mich damals die litauischen Grenzpolizisten nicht besonders herzlich begrüßten. Die waren zu allem freundlich.

Wenn ich so richtig nachdenke, so ist es so etwas von egal, ob ich einen Migrationshintergrund habe oder nicht. Wichtig ist nur, dass es Menschen gibt, die mich so mögen wie ich bin.

Mit so einem Menschen – der besten Frau der Welt – werde ich jetzt frühstücken.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Foto: Pixabay

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