Morgengruß von Helmut Harff: Kriege beginnen mit Lügen

… im Kleinen wie im Großen

Kennen Sie die größte Lüge überhaupt? Das ist: Ich habe noch nie gelogen. Ich glaube das zumindest niemandem. Wer das behauptet, hätte sicherlich wie Pinoccio eine ellenlange Nase. Leider sind Lügen und Lügner nicht so einfach zu erkennen. Sonst wäre unsere Welt eine andere.

Doch geht es überhaupt ohne Lügen, könnten wir nur mit Wahrheiten leben? Ich bin überzeugt davon, dass wir das nicht können, nie konnten und nie können werden. Oder gibt es da irgend jemand, der sich noch nicht selber belogen hat?

Andererseits sind Lügen vielfach der Beginn kleiner und großer Kriege. Die einen enden in Missstimmungen, die anderen in Scheidungen, die dritten in Mord und Totschlag. Wenn es ganz schlimm kommt, dann endet es in einem Krieg. So war das heute vor 80 Jahren. Da verkündete der Reichsrundfunk, dass Polen Deutschland überfallen hätte und man nun zurück schlägt. Das Ergebnis war der Zweite Weltkrieg.

Doch das war weder der erste – und was noch viel schlimmer nach der Erfahrung war – auch nicht der letzte Krieg, der seinen Ursprung in einer Lüge hatte. Man denke an Vietnam oder den Irak.

Es ist schon komisch, dass wir uns immer etwas vormachen oder uns etwas vormachen lassen. Wie oft wird gelogen, obwohl man eigentlich weiß, dass diese Lüge sehr leicht zu entlarven ist, sie schnell auffliegt. Das geht manchmal schneller, als die Nase der Holzpuppe des italienischen Autors Carlo Collodi überhaupt wachsen könnte.

Wir wissen, Lügen haben kurze Beine – und wie vor 80 Jahren verheerende Wirkungen und doch wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Schön, manchmal ist es wohl die einzige Möglichkeit, eine bittere Wahrheit nicht aussprechen zu müssen, eine eigene Verfehlung in nicht so schlechtem Licht erscheinen zu lassen. Wenn ich ehrlich bin, so gibt es immer wieder Situationen, in denen ich mich lieber belügen lasse, als die Wahrheit zu hören – selbst wenn ich die ahne.

Und doch, die Erfahrung lehrt, dass das mit dem Lügen keine dauerhafte Lösung ist. Die Erfahrung lehrt auch – nicht zuletzt die des Zweiten Weltkrieges, der am 1. September 1939 mit einer Lüge begann – dass Lügen in einer fürchterlichen Katastrophe enden. Wobei, was hätte es geändert, wenn damals der Reichsrundfunk gemeldet hätte, dass Deutschland Polen den Krieg erklärt hat und die Armee auf Warschau vorrückt. Wozu eigentlich diese lächerliche Lüge?

Diese Frage habe ich mir schon vor Jahrzehnten gestellt. Ich bin seitdem immer wieder zur gleichen Antwort gekommen: Verantwortliche – auch oder gerade die größten Schurken und Diktatoren – sagen nicht gern die Wahrheit. Gerade die, die doch annehmen könnten, dass ihnen die Wahrheit nichts schadet, lügen so dreist und unverschämt, dass man sich schon nicht mehr darüber wundern kann.

Daran hat sich bis heute nichts geändert und es wird sich daran auch nichts ändern. Lügen gehört einfach zu uns Menschen. Das ist, so glaube ich, wirklich keine Lüge.

Genauso wenig ist es gelogen, dass ich jetzt mit der Besten Frau der Welt frühstücken werde.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Sonntagsfrühstück - ungelogen.

Foto: Pixabay

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