Morgengruß von Helmut Harff: Unter Beobachtung

… nicht durch Big Brother

Wir alle werden ständig beobachtet. Zumindest glauben wir alle an Big Brother, an die Überwachung durch Google, Facebook, die Geheimdienste und – in ganz schlimmen Fällen durch den eigenen Partner.

In Leipzig beschäftigt man sich gerade auf dem Chaos Communication Congress auch mit dem Thema wer uns beobachtet, was wer mit unseren Daten anstellt und wie wir damit umgehen. Immer wieder ist es an den verschiedensten Stellen das Thema „Big Brother is watching you“ schlechthin. Der große Bruder, der auf uns aufpasst, der uns überwacht. Und man tut so, als ob das erst in diesem Jahrtausend ein, nein, das Thema schlechthin ist.

Doch stimmt das? Nein, der große Bruder ist weder eine Erfindung von George Orwell, noch erst seit Google oder Facebook ein Thema. Wir alle werden seit Urzeiten beobachtet und unsere Altvorderen hatten damit kein Problem. Ganz im Gegenteil, dass da jemand ist, der all das Tun und Treiben der Menschen beobachtet und irgendwann sein Urteil darüber fällt, ist einer der wichtigsten Bausteine für unser mehr oder weniger zivilisiertes Zusammenleben.

Wie ich darauf komme? Ich habe gestern einen alten Titel von Mireille Mathieu gehört. Darin heißt es:

Ich glaube, Gott im Himmel
Sieht mir manchmal zu
Und er wird sich wundern
Was ich so tu

Ja, seit Jahrtausenden glauben wir, dass uns da jemand beobachtet und haben augenscheinlich kein Problem damit. Schlagen wir über die Strenge, bekommen wir nicht etwa als Mann Werbung für Lippenstift oder Tampons – also ziemlich unpassende – sondern uns droht das Fegefeuer, die Hölle. Dagegen sind Google und Co. (noch) absolute Weisenknaben, die mit ihrem Tun allerdings nicht bis zu unserem Ableben warten. Dann interessiert uns nicht einmal mehr Werbung für Lippenstift und Tampons.

In dem Lied heißt es ja,  das Gott sich wundern wird, wenn er sieht, was wir, was ich so treibe. Hier liegt der große Unterschied zwischen den aktuellen Datenfischern und Gott. Google und Co. wundern sich nicht, die können sich gar nicht wundern, die können nicht vergeben, die können auch kaum strafen. Womit auch? Mit dem Abschalten ihres Dienstes, mit dem Stopp von Werbeaussendungen? Die Googlehölle ist bereits erreicht, wenn ich Werbung für Lippenstift oder Tampons bekomme. Damit straft mich der Online-Suchdienst, weil ich täglich so viele verschiedene Dinge suche – darunter sind unter Umständen sogar die genannten Produkte.

Und Gott? Ob der sich wundert? Hat der nicht schon wirklich alles gesehen? Worüber soll sich einer noch wundern, der uns Menschen schon seit Anbeginn unsere Existenz beobachtet und allein damit dafür versucht zu sorgen, dass er sich eben nicht zu sehr wundern muss. Er will ja, dass wir uns im Diesseits benehmen. Warum? Was hat er davon, wenn wir alle in der Hölle, also beim Teufel landen? Nichts, denn dann wäre er ja allein im Himmel, allein mit einigen Engeln. Das ist langweilig – selbst für Gott.

Jetzt wird er wieder in sein großes Buch schreiben, dass die Beste Frau der Welt und ich unser Frühstück genießen.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Foto: Pixabay

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