Morgengruß von Helmut Harff: Und wer kontrolliert

… Raser, Drängler und Besoffene?

Der gerade zu Ende gegangene 58. Verkehrsgerichtstag hat wieder einige sehr interessante und sinnvolle Empfehlungen verabschiedet. Das ist löblich und doch bleibt ein großes Aber.

Aber? Ja, aber zuvor noch einmal zwei Zitate von der DVR-Pressesprecherin Julia Fohmann: „Da die hohe Anzahl an Ordnungswidrigkeiten durch Fahrer von E-Scootern zudem eine unzureichende Kenntnis der geltenden Regeln vermuten lässt, sei es wichtig, über diese aufzuklären. Gefragt sind hier das BMVI, die Politik aber auch die Verleihfirmen." Das zweite: „Wer drängelt, nötigt, riskant überholt oder anderweitig durch einen aggressiven Fahrstil auffällt, muss die Konsequenzen deutlich spüren."

Das würden sicherlich die meisten von uns unterschreiben. Das würden sogar die unterschreiben, die zu zweit, bekifft und ohne jede Kenntnis der hiesigen Verkehrsregeln mit dem E-Scooter unterwegs sind. Gleiches gilt für Raser, Drängler und Lichthupenbenutzer. Es ist sogar noch schlimmer: Männer, aber auch immer mehr Frauen rühmen sich in aller Öffentlichkeit, gern sehr schnell und damit weit zu schnell als erlaubt zu fahren. Es gibt sie noch immer, die Wettbewerbe, wie schnell man die Strecke von A nach B absolviert hat. Mit anderen Worten: Man rühmt sich Rechtsverstößen. Ob die Menschen öffentlich auch verkünden würden, gern Fotos von Nachbarn beim Sex zu machen, ohne das die das merken oder gar zugeben würden, immer wieder im Supermarkt etwas an der Kasse vorbei zu schmuggeln ohne zu bezahlen? Vor Gericht werden die Dinge ähnlich bewertet.

Und hier liegt der berühmt-berüchtige Hase im Pfeffer. Denn kaum jemand regt sich darüber auf, wenn jemand laut verkündet, dass ihn Verkehrsregeln nicht interessieren. Kann er ja, weil die Gefahr erwischt zu werden gegen Null tendiert. Wir, die Beste Frau und Fahrerin der Welt und ich sind sehr viel mit den Auto, aber auch mit dem Rad unterwegs. In den vergangegen fünf Jahren haben wir insgesamt 40 Euro für „Raserei“ in Tempo-30-Zonen berappen müssen und wurden mit einem teuren Auto unterwegs nachts um 2 Uhr nahe der polnischen Grenze höflich raus geleitet.
 
Wenn die „Gefahr“ so groß ist, in eine Kontrolle zu geraten, kann ich den Frust der Verkehrsrichter verstehen, die ich auf dem Verkehrsgerichtstag traf. Die bemängelten nämlich mit ziemlich viel Wut im Bauch und ebenso viel Frust, dass man noch so gute Gesetze machen kann, wenn dann niemand da ist, der auf ihre Einhaltung achtet. Das gilt auch für irgendwelche Dieselverbotszonen. Hier verkünden ja sogar Städte wie Berlin, dass man einfach keine Kapazitäten hat, so ein gerichtlich verhängtes Verbot auch durchzusetzen.

Erstaunlich auch hier Äußerungen von Verkehrsrichtern, die selber mit ihrem Diesel beispielsweise die für diese Autos gesperrten Abschnitte der Leipziger Straße in Berlin befahren um zu ihrem Büro zu kommen. Von denen hört man, dass sie Urteile nach der gängigen Rechtslage fällen müssen, aber genau die geltende Rechtslage für problematisch halten. Ihnen wäre lieber – wie wohl sehr vielen von uns – wenn man nur Gesetze verabschiedet, denen man danach auch die notwendige Geltung verschaffen kann. Das gilt ganz sicher nicht nur für das Verkehrsrecht.

Bin ich eigentlich rechtlich auf der richtigen Seite, wenn ich mein E-Bike direkt vor meiner Bäckerei abstelle, obwohl dort ein absolutes Halteverbot besteht und der Hausbesitzer mit einem Schild verkündet: „Fahrräder an der Wand abstellen verboten. Zuwiderhandlungen werden bestraft.". Ich glaube nicht, denn ich stelle schon sehr viele Sonntage genau dort mein Rad ab um die Frühstücksbrötchen für die Beste Frau der Welt und mir zu holen.

Ihnen wünsche ich ein genussvolles Sonntagsfrühstück.

Foto: Pixabay

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