Morgengruß von Helmut Harff: Von Gott verlassen

Die Türen sind zu

Dieses Jahr haben wohl viele Menschen den Eindruck, von Gott verlassen zu sein. Das gerade an dem Tag, an dem Gott seinen Sohn opferte. Der nahm mit seinem Tod am Kreuz freiwillig die Sünde und Schuld aller Menschen auf sich. Schon allein deshalb ist der heutige Tag nicht nur ein Trauertag, sondern einer der höchsten Feiertage in der Christenheit.

Und doch haben viele den Eindruck von Gott verlasen zu sein. Dieses Gefühl kommt immer dann auf, wenn Krisen, wenn Tod und Verderben das Leben bestimmen oder man zumindest den Eindruck hat, dass das so ist. Und zu diesem Eindruck kann man gerade in diesen Monaten kommen.

In klerikalen Kreisen spricht man längst von einer Strafe Gottes. Meint man das, dann hat man sicherlich nicht das gleiche Gottesbild wie ich, wie viele andere. Für mich, für viele ist Gott ein liebender, kein strafender Gott. Und doch, ganz sicherlich fühle ich mich gerade heute von Gott verlassen.

Na ja, eigentlich nicht von Gott verlassen, sondern eher von seinem Personal auf Erden. Das scheint total abgetaucht zu sein. Die Kirchen sind geschlossen und zumindest in meinem Lausitzer Umfeld ist nichts von einem Geistlichen zu hören oder gar zu sehen. Ja, der Staat hat verkündet, dass wir uns nicht nähern, nicht treffen dürfen. Doch seit wann scheren sich die Gläubigen, seit wann schert sich die Kirche um solche Verbote, solche staatlichen Vorgaben?

Gäbe es überhaupt Christen, wenn die ersten, die Jesus folgten, das Verbot des Christentums befolgt hätten? Haben all die Christen, die eben nicht dem Gebot der Nationalsozialisten gefolgt sind, sich falsch verhalten? Hätten die Christen, hätte die Kirchen in der DDR den DDR-Oberen folgen sollen oder ihre Türen – wie geschehen – für Friedensgebete öffnen sollen?

Und heute, da kneift man und lässt die Menschen vor verschlossenen Kirchentüren stehen, nur weil die Obrigkeit das so will. Ja, vielleicht sollte man in diesen Zeiten etwas Abstand auch in den Kirchen halten, doch die Türen zu lassen? Was macht die Geistlichkeit heute? Den Pfarrgarten umgraben, Akten ordnen? Das ist zumindest viel wahrscheinlicher, als Jesus zu folgen, den Menschen ihre Last zu nehmen, zu zeigen, dass da mal jemand war, der zur Vergebung ihrer Sünden am Kreuz gestorben ist.

Nicht einmal die Kassenlage der Kirchen lässt die handeln, die doch ständig um Kollekte bitten – mal für die Orgel, mal für den Kindergarten und mal zur Linderung des Leides in der Welt. Man verzichtet eher auf das Geld, als man sich gegen den Staat stellt und für die die Türen öffnet, die sich eben nicht von Gott verlassen fühlen wollen.

Um es klar zu sagen, ich finde das feige. Noch beschämender ist, dass ich in diesen Tagen in keiner der mir zugänglichen Verteil-Lokalzeitungen auch nur ein Geistlicher sich zu Wort meldete. Nicht einmal diesen Weg hat man gewählt – zumindest hier im Süden Brandenburgs.

Still ist es heute am stillen Freitag nun wirklich - nur nicht am Frühstückstisch der Besten Frau der Welt und mir.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Frühstück und Gesundheit.
 
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Paul, Leonie

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