In der EU soll der Kraftstoffverbrauch von neuen Pkw und damit auch deren CO2-Ausstoß weiter sinken – und zwar deutlich. Gleiches gilt für leichte Nutzfahrzeuge wie Lieferwagen und Kleinbusse.
Vorgesehen ist, dass sich die Kohlendioxidemissionen über die gesamte Modellpalette einer Marke ab dem kommenden Jahr bis 2030 im Durchschnitt um 37,5 Prozent verringern sollen. Für leichte Nutzfahrzeuge ist eine Reduktion um 31 Prozent vorgegeben. Herstellern, die die neuen CO2-Grenzwerte nicht einhalten, drohen empfindliche Strafen. Und viele Marktbeobachter gehen davon aus, dass es der Branche schwerfallen wird, die von der EU vorgeschriebenen Ziele zu erreichen – zumal ihnen die Corona-Krise einen Strich durch die Planungen machte.
Bereits 2013 hatten die EU-Mitgliedstaaten vereinbart, dass ab 2021 neu zugelassene Pkw in der EU im Schnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen. Dieser Wert entspreche einem Verbrauch von 3,6 Liter Diesel bzw. 4,1 Liter Benzin auf 100 Kilometern, erläutert das Bundesverkehrsministerium (BMVI). Dabei bezieht sich diese Vorgabe nicht auf die einzelnen Fahrzeuge, sondern auf die gesamte EU-Fahrzeugflotte eines Herstellers, also auf die ganze Palette an Neuwagen, die Autohersteller jährlich in der EU verkaufen. Dieser so genannte Flottenwert muss nun in zwei Schritten reduziert werden: bis 2025 um 15 Prozent und bis 2030 um 37,5 Prozent. Für leichte Nutzfahrzeuge ist bis 2025 eine Minderung von 15 Prozent vorgesehen, bis 2030 sind es 31 Prozent. Nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel gelten für die einzelnen Hersteller unterschiedliche Vorgaben für die CO2-Absenkung, die sich an der durchschnittlichen Masse der jeweiligen Fahrzeugflotte orientieren, sprich dem Gewicht der Autos.
Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze die neuen europaweiten Grenzwerte für die Autoflotten begrüßte, da sie nicht nur gut für den Klimaschutz seien, sondern Verbrauchern künftig auch ein besseres Angebot an sparsamen Fahrzeugen brächten, monierte etwa der ökologisch orientierte Verkehrsclub VCD, dass ambitioniertere CO2-Vorgaben nötig wären, „um den Verkehr auf Klimakurs zu bringen“. Der Verband der Automobilindustrie wiederum sieht durch die neuen CO2-Vorgaben die europäische Automobilindustrie auf ihrem Hauptabsatzmarkt im internationalen Vergleich stärker belastet als ihre Wettbewerber. Denn das von der EU gesetzte CO2-Ziel für Pkw von 95 Gramm im Jahr 2021 sei schon das schärfste weltweit, stellt der Branchenverband fest und verweist darauf, dass bei anderen wichtigen Auto-Nationen wie den USA bis 2020 121 Gramm CO2 je Kilometer vorgeschrieben seien, in China 117 Gramm und in Japan 105 Gramm.
Zudem müssen die europäischen Autohersteller befürchten, dass es für sie teuer wird, wenn sie zu viele „durstige“ Fahrzeuge verkaufen. Denn prinzipiell wird jedes Gramm CO2 zu viel mit 95 Euro pro Fahrzeug bestraft. Nimmt man den zuletzt ermittelten europäischen Durchschnitt von 118,5 Gramm CO2 pro Kilometer zum Maßstab, blicken die Autoproduzenten somit umfangreichen Forderungen entgegen. Andererseits wird für jedes Fahrzeugmodell je nach Leergewicht ein individueller Grenzwert festgelegt. Das heißt, schwerere Autos dürfen mehr CO2 emittieren. Mit dieser Regelung kommt die Politik den Herstellern großer Autos entgegen. Außerdem werden Modelle, die weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, bis 2022 mehrfach angerechnet. Somit entlasten E-Autos die jeweilige Flottenbilanz der Autobauer. Dementsprechend setzt denn jetzt auch das Gros der Branche auf E-Fahrzeuge, um möglichst nah an die neuen strengen CO2-Grenzwerte heranzukommen. Marktbeobachter erwarten deshalb künftig massive Rabattaktionen bei Elektro-Autos. Andere Hersteller setzen auf CO2-sparsame Hybrid-Fahrzeuge.
Welchen Weg auch immer die jeweiligen Konzerne einschlagen, um ihren Flottenverbrauch und damit die CO2-Emissionen ihrer Autos zu minimieren – wem das nicht gelingt, der wird zur Kasse gebeten. Laut einer Studie der Unternehmensberatung PA Consulting ist zu erwarten, dass die meisten Autohersteller ihre CO2-Grenzwerte in diesem Jahr nicht werden einhalten können. Hinzu kommt, dass die Corona-bedingten Produktionsstopps es den Produzenten erschweren, die gesteckten Ziele zu erreichen. Dies würde Expoertenberechnungen zufolge Strafforderungen in Höhe von insgesamt 14,5 Milliarden Euro nach sich ziehen. Dabei könnten allein auf den VW-Konzern wegen seiner guten Verkaufszahlen Bußgelder von 4,5 Milliarden Euro zukommen, rechnet die Studie vor. Dieses „Damokles-Schwert“ würde sich dann möglicherweise unterm Strich als Katalysator für die Elektromobilität erweisen, auf die Volkswagen sich ja ohnehin eingeschworen hat.
Bild: Goslar Institut
CO2-Grenzwerte fordern die Autohersteller heraus
Der Verkehrsclub VCD mault dennoch weiter
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