Morgengruß von Helmut Harff: Abrücken oder …

Was, wenn man eine Infizierte trifft

Haben Sie schon mal jemand getroffen, der positiv auf das Corona-Virus getestet wurde und auch noch zugibt, an der Lungenkrankheit erkrankt gewesen zu sein? Nein? Das ist ja zumindest hierzulande recht unwahrscheinlich, zumal das wohl nur wenige zugeben würden.

Der Besten Frau der Welt und mir ist das bei unserm Besuch in Berlin passiert. Wir saßen mit gebührendem Abstand von 1,5 Metern mit einer Frau und einem Mann am Schauspielhaus draußen im Café und kamen ins Gespräch. Wie in diesen Tagen nicht zu vermeiden ging es auch um Corona. Die blonde Frau erzählte, dass sie vor Wochen aus Stockholm gekommen ist und dort am Covid 19 erkrankt war. Kar, dass sie wieder gesund war und in Deutschland erst getestet und dann 14 Tage in Quarantäne war. Und doch, sie hatte das Corona-Virus.

Wie reagiert man darauf? So, wie man reagieren würde, wenn sich einer als Lustmörder oder Kleptomane outen würde? Würde man aufstehen und sich einen anderen Platz suchen oder gleich gehen? Würde man auf das Konzert verzichten und gleich das nächste Krankenhaus aufsuchen um sich testen zu lassen? Würde man die Frau beschimpfen, weil sie ihren Wein ohne Maske vor dem Gesicht trinkt? Würde man ihre sofortige Internierung und Ausweisung nach Schweden fordern oder sie, wie man es einst mit Leprakranken machte, irgendwo hinschaffen lassen, wo sie niemand anstecken kann?

Nein, all das passierte nicht. Schließlich war sie ja wieder gesund. Sie röchelte nicht, machte keinen fiebrigen Eindruck und war sicherlich auch unter Kontrolle – zumindest hofft man das.
Und doch, auf der Rückfahrt in unser brandenburgisches Exil sprachen wir noch mal darüber und stellten selber mit einem Erstaunen fest, dass uns die Frau so gar nicht verunsichert hat. Sie war nur ehrlich oder wollte sie unsere Reaktion testen. Wer weiß. Wobei, so mal die Reaktion der Menschen zu testen, ist zwar frech, aber irgendwie reizvoll. Wie würden wir denn reagieren, wenn uns jemand sagt, dass er mal Gelbfieber oder Tollwut hatte? Würden wir aufspringen? Was, wenn jemand sagte, dass er mal einen Menschen im Streit ermordet hat oder schon mal eingebrochen ist? Wie würden wir reagieren, wenn jemand wegen Steuerhinterziehung im Knast war?

Ich weiß es nicht, wie ich reagieren würde. Ich weiß nur, dass wir nicht aufgesprungen sind, keiner rückte seinen Stuhl weg. Wir nahmen es zu Kenntnis, sprachen noch kurz darüber, auch wie man in Schweden damit umgeht und waren dann ganz schnell beim Thema Musik und die Konzertserie Young Euro Classic, von dem auch unsere Tischnachbarn wie wir seit langem Fans sind. Musik, die verbindet, aber auch für ein Stück Normalität sorgt, die auch dafür sorgt, dass man nicht in Panik verfällt, nicht stigmatisiert – das ist es, was eben wohl nur sie vermag.

Doch wie hätte man in einer anderen Situation reagiert? Ich hoffe, dass man immer gelassen bleibt, zumindest, wenn jemand längst wieder gesund ist.

Wie ich jetzt reagiere? Ich freue mich auf mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück und Gesundheit.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Klara, Philomena, Donald

Foto: Pixabay

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