Morgengruß von Helmut Harff: Mutig, mutig

… und das in dieser Zeit

Ich hatte in den vergangenen Tagen zwei Begegnungen, mit denen ich nun alles andere als gerechnet habe. Können Sie sich vorstellen, dass gerade jetzt jemand auf die Idee kommt, sich selbstständig zu machen? Ich jedenfalls wäre nie auf die Idee gekommen, dass jemand gerade in diesen Krisenzeiten so einen Schritt auch nur erwägt.

Und doch beide „Fälle“ haben direkt etwas mit der C-Krise und ihren Bewältigungsversuchen zu tun. Da war eine Agenturfrau, die seit Jahren brav im Büro am Schreibtisch saß oder von Messe zu Messe eilte oder sich mit Kunden traf. Nun ging es ihr wie sehr vielen ihrer Kolleginnen – sie musste vom heimischen Schreibtisch aus arbeiten. Kein Kaffee mit den Kollegen, kein gemeinsames Mittagessen, keine Meetings, kein Ideenaustausch – dafür viel Einsamkeit.

Doch meine Kollegin genoss auch, dass ihr niemand ständig über die Schulter sieht, dass sie schon früh um 6 Uhr arbeiten konnte und dann Zeit dafür hatte, ihre Tochter zu betreuen. Es gefiel ihr, fast so etwas wie ihr eigener Chef zu sein, Herrin über ihre Zeit zu sein – und das, obwohl ihr Arbeitstag scheinbar von 6 Uhr in der Früh bis 20, 21 Uhr am Abend ging. Doch warum soll das nicht immer so sein? Sie meinte Ja und machte sich auf die Suche nach eigenen Kunden. Komisch, das war weniger schwierig als gedacht und nun ist sie ihre eigene Chefin.

Und dann war da ein Handwerker, ein Klempner, dessen Firma häufiger bei uns tätig war. Auch aktuell brauchten wir wieder so einem Mann, von dem schon Reinhard Mey sang. Also anrufen und morgen kommt jemand. Von wegen, Handwerker sind noch schwieriger zu bekommen als ein Impftermin. „Unser“ Handwerker teilte uns mit, dass er in drei, vier Wochen mal vorbei kommen könnte. Schock! Doch was dann kam, schockte auch  im positiven Sinn. Er bot uns an, dass ein ehemaliger Kollege, den wir auch kannten, kommen könnte, der habe sich gerade selbstständig gemacht. Wir sagten ja und ich war neugierig, was da läuft.

In der Tat, so erfuhren wir schon zwei Tage später, hatte sich der junge Meister selbstständig gemacht. Sein alter Chef habe ihm das geraten, weil Handwerker gerade so gefragt sind. Er habe ihm sogar einige Kunden sozusagen als Abfindung überlassen. Selbst die Bank, die erst an einen Scherz dachte, spielte mit und es gab einen Kredit.

Ich finde, das sind zwei wundervolle und Mut machende Beispiele wie man mit der Krise umgehen kann. Nicht den Kopf in den Sand stecken, nicht jammern, nicht in Selbstmitleid ertrinken – das hilft niemanden. Krisen sind einfach dazu da, die Augen weit aufzumachen, sich nach Chancen und Möglichkeiten umzusehen, mutig in die Zukunft zu sehen. Das ist nicht neu. Das gab es nach dem zweiten Weltkrieg und wurde später so gern Wirtschaftswunder  genannt. Nur mit Wunder hatte das nichts zu tun, viel mehr mit Mut und aufgekrempelten Ärmeln. Das war nach dem Ende der DDR übrigens nicht anders, als sich zigtausende Ostdeutsche selbstständig machten und so sehr schnell in der sozialen Markwirtschaft ankamen.

Die Beste Frau der Welt und ich sind schon seit Jahrzehnten selbstständig und können es uns nicht nur deshalb leisten Tag für Tag genussvoll zu frühstücken.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Mario, Pia, Martha

Foto: Pixabay

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