
Die Zündschnur mancher Autofahrer ist kurz: Sie hupen, drängeln, bremsen aus oder zeigen ihre Fingerfertigkeit mit obszönen Gesten.
Doch  diese Verkehrsrowdys leben riskant. Denn viele ihrer Aktionen sind  Nötigung. Und die kann schwerwiegende finanzielle Folgen haben. Im  schimmsten Fall sogar eine Freiheitsstrafe. 
Wann das Verhalten strafbar ist, erklärt ARAG Experte Tobias Klingelhöfer.
Wann spricht man von einer Nötigung im Straßenverkehr?
Tobias Klingelhöfer: 
Eine  Nötigung im Straßenverkehr liegt immer dann vor, wenn ein  Verkehrsteilnehmer durch Gewalt oder die Androhung von Gewalt zu einer  Tat – oder dem Unterlassen einer Tat – gezwungen wird. Dieser Tatbestand  kann zum Beispiel durch zu dichtes Auffahren oder Drängeln , das  Ausbremsen eines anderen Fahrzeugs, eine Überholbehinderung oder auch  dem Zuparken oder Blockieren eines Parkplatzes gegeben sein. Im  Gegensatz zu geringfügigeren Ordnungswidrigkeiten ist Nötigung im  Straßenverkehr eine Straftat. Und die wird mit empfindlichen Strafen  belegt. Im Extremfall gibt es dafür sogar eine Freiheitsstrafe von bis  zu drei Jahren.
Welche Beleidigungen sind strafbar?
Tobias Klingelhöfer: 
Entgegen  der weit verbreiteten Annahme, dass Beleidigungen im Straßenverkehr  zwangsläufig unter den Tatbestand der Nötigung fallen, können sich die  Delikte „Beleidigung“ und „Nötigung“ durchaus voneinander unterscheiden.  Tatsächlich ist nämlich nicht jede Beleidigung im Straßenverkehr als  Nötigung zu werten, so zum Beispiel das Zeigen des Mittelfingers. Auch  die Beleidigung eines anderen Verkehrsteilnehmers gilt in Deutschland  als Straftat. Je nach Schwere des Vergehens gibt es dafür eine Geld-  oder sogar Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.
Lohnt es sich, Anzeige zu erstatten?
Tobias Klingelhöfer: 
Auf  jeden Fall sollte man Anzeige erstatten. Dazu sollte man sich das  Kennzeichen des beteiligten Pkw, die Fahrzeugmarke sowie Fahrzeugtyp und  -farbe notieren. Auch Angaben zum Fahrer können weiterhelfen, den  Verkehrsrowdy zu identifizieren. Um sicherzustellen, dass der Fall nicht  Aussage gegen Aussage endet, sind Zeugen oder andere Beweismittel  hilfreich.
Wie harmlos ist der „Stinkefinger“?
Tobias Klingelhöfer: 
Einem  anderen Verkehrsteilnehmer den Mittelfinger zu zeigen, gilt – so wie  andere obszöne Gesten auch – als Beleidigung im Straßenverkehr und wird  mit einer Geldstrafe geahndet. Der Stinkefinger wird in der Regel  durchaus als schwerwiegenderes Vergehen aufgefasst, das empfindlich  geahndet wird. Das gilt auch für andere obszöne Bemerkungen und  abwertende Gesten. Vom harmloseren „Bei dir piept’s wohl?“ über die  Scheibenwischer-Geste bis hin zu Kraftwörtern der derberen Sorte haben  deutsche Gerichte schon eine ganze Reihe von Beleidigungen mit  empfindlichen Geldstrafen belegt, die sich leicht im vierstelligen  Bereich bewegen können.
Wie sieht es bei der Lichthupe aus? Ist sie erlaubt oder Nötigung?
Tobias Klingelhöfer: 
Geht  es um den Gebrauch der Lichthupe im Straßenverkehr, dann muss ich  zunächst etwas klarstellen: Anders als gemeinhin angenommen, sind  Lichtzeichen im Straßenverkehr nicht per se gesetzeswidrig. Im  Gegenteil: Die Straßenverkehrsordnung gibt sogar Fälle vor, in denen der  Gebrauch von Lichtzeichen explizit gestattet ist. Dazu zählen zum  Beispiel Verkehrssituationen, in denen Sie einen anderen  Verkehrsteilnehmer auf eine Gefahr oder ein Hindernis auf der Fahrbahn  aufmerksam machen wollen. Zudem dürfen kurze Schall- oder Lichtzeichen  auch beim Überholen außerhalb geschlossener Ortschaften – und somit auch  auf der Autobahn – verwendet werden. Dabei gilt jedoch, dass keine  anderen Verkehrsteilnehmer geblendet oder belästigt werden dürfen.
Problematisch  und im Zweifelsfall strafbar wird die Nutzung der Lichthupe im  Straßenverkehr und insbesondere auf der Autobahn dann, wenn sie für  andere Zwecke missbraucht wird. So ist es etwa nicht zulässig, nah auf  ein voranfahrendes Fahrzeug aufzufahren und es mit der wiederholten  Nutzung von Lichtsignalen zum Fahrbahnwechsel zu zwingen. In diesem Fall  kann der Einsatz der Lichthupe sogar als Nötigung im Straßenverkehr  gewertet werden. Für das Blenden eines anderen Verkehrsteilnehmers mit  Lichtzeichen fällt wiederum meist nur ein geringes Verwarngeld zwischen  fünf und zehn Euro an. Dies gilt auch für den Missbrauch der Hupe.
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