Welche  Bilder tauchen in unseren Köpfen auf, wenn wir an einen Campingplatz  denken? Männer, die im Feinripp-Unterhemd an Klapptischen sitzen, Bier  trinken und Karten spielen vielleicht. 
Frauen, die mit  Staubtüchern über die Kunststoff-Butzenscheiben des Barschranks wischen  oder am Küchenblock Kartoffeln schälen und Gemüse schnippeln. Manch  einen, der sich für die Urlaubsform erwärmten könnte, haben diese  Vorstellungen bislang abgeschreckt. Aber sie sind falsch. Studien  zeigen, dass die Camper zunehmend ihren Lebensstil modernisieren und mit  hohem Anspruch in den Urlaub oder das verlängerte Wochenende ziehen.
Überhaupt  hat sich die Klientel der Branche wesentlich verändert. Bräsiges  Abhängen vor dem Caravan und das Pendeln zwischen Grill und Kühlschrank  ist längst vielfältiger sportlicher Betätigung gewichen. Hochwertige  Mountainbikes, teure Laufschuhe und gespannte Slack-Lines sind weitaus  öfter zu entdecken als die alkoholbeseelte Camper-Runde im Grünen. Das  Fahrwasser der Billig-Urlauber hat die Caravaning-Bewegung ebenfalls  hinter sich gelassen. Das zeigt unter anderem der große Zuspruch, den  die immer häufiger angebotenen Womo-Dinner finden. Damit versuchen  Restaurants ihre Gäste zu halten, in dem sie den Besuchern in ihren  eigenen und mobilen vier Wänden auf dem Restaurant-Parkplatz mehrgängige  Menüs servieren, deren Preisgestaltungen den früher üblichen  finanziellen Rahmen der Verpflegung in Urlaub und Freizeit sprengen.
Das Wohnmobil-Dinner avanciert zum Schlager der Saison
„Wir  sehen eine zunehmende Zahl von Caravaning-Urlauber, die bereit sind,  für hohe Qualität auch angemessene Preise zu bezahlen“, sagt Marc  Dreckmeier, Sprecher des Branchenverbandes CIVD (Caravaning Industrie  Verband). Das beweist die Speisekarte der Vineria in Nürnberg  (Kleinreuther Weg 87, 90408 Nürnberg, Website: www.vineria.de), einem  Restaurant, das sich auf eben diese am Wohnmobil servierten Dinner  spezialisiert hat. Da gibt es Austern, das Stück für knapp vier Euro,  Lachstartar für 20 und Lammkaree oder Rinderfilet für 30 Euro. Weine  werden ab 15 Euro gereicht, die verfügbaren (Park-)Plätze sind bestens  gebucht. Das Hygiene-Konzept ist stimmig, die Kellner tragen  Mund-Nase-Bedeckungen und Handschuhe.
Versuche, gute Küche und  gehobenen Lebensstil in die Häuser auf Rädern zu bringen, gab es bereits  in der Vergangenheit. Adi Kemmer, ehemaliger Chefredakteur einer in  Süddeutschland beheimateten Reisemobil-Fachzeitschrift, hatte als  passionierter Hobby-Koch bereits kurz nach der Jahrhundertwende  spezielle Gerichte entwickelt, die sich mühelos auf zwei Flammen in  einem Campingbus zubereiten lassen. Anspruchsvoll waren sie dennoch  allesamt. In einem Kochbuch für Camper hat er sie zusammengestellt. Auch  die Hersteller haben bei den Präsentationen ihrer Saison-Neuheiten  immer wieder Spitzenköche an die Pantry gestellt, um zu zeigen, dass  lukullische Köstlichkeiten auch im Haus auf Rädern angerichtet werden  können.
Sechsstellige Kaufpreise in der Oberklasse
Bei der  Fahrzeugwahl gibt es ebenfalls die Tendenz zur Qualität. Zwar kauft das  Gros der Camper preisbewusst, aber schon ein VW California kostet gut  ausgestattet und motorisiert durchaus 80.000 Euro und mehr. Und selbst  in der absoluten Oberklasse ist die Nachfrage groß. Der Hersteller  Concorde im fränkischen Aschbach etwa baut rund 400 Luxusliner im Jahr.  Stückpreis mindestens 200.000 Euro, die Grenze nach oben ist nahezu  offen. Auch die Marken Morelo und Phoenix, beide haben ganz in der Nähe  ihre Unternehmenszentralen, spielen in der Oberliga und zu ähnlichen  Preisen mit. Jüngstes Modell von Concorde ist der Liner 1090 CIO, ein  15-Tonner auf Mercedes-Basis, der eine ausgewachsene Garage im Heck hat.  Nicht für den üblichen Smart oder Fiat 500, sondern für klassische  Oldtimer wie den Mercedes SL oder einen Porsche 356. Kostenpunkt: knapp  400.000 Euro. Ohne Oldtimer.
Aber auch auf kleinerem Fuß lässt es  sich glamourös Reisen. Die hochwertigen Campingbusse der kleinen  Manufaktur La Strada oder des Carthago-Ablegers Malibu bieten  Spitzenqualität und schickes Lounge-Design und sind daher etwas teurer  als die Produkte der Volumen-Anbieter. Dennoch müssen Interessenten hier  Geduld haben, die Lieferzeiten liegen bei mehreren Monaten.
Kaum ein Extra ist zu teuer
Aussagekräftig  ist außerdem die immer umfangreichere Sonderausstattung. Die oft hohen  Preise schrecken kaum einen Camper davon ab, das Reisemobil mit teuren  Extras komfortabler und attraktiver zu machen. 1000 Euro für eine  Markise? Spielen keine Rolle. 2000 Euro für eine TV-Sat-Anlage? Sind gut  angelegtes Geld. Und 3000 Euro für Solarzellen auf dem Dach und ein  autark machendes Ensemble von Lithium-Akkus? Kein Thema. Sogar  Brennstoffzellen werden je nach Leistungsstufe für etwa 4000 Euro  angeboten, die Nachfrage ist groß. Und wer am Ende schon alles hat, wird  vielleicht noch mit einer hydraulischen Hubstützenanlage glücklich, die  das Mobil am Stellplatz automatisch ausbalanciert und ihm obendrein  einen festen Stand verleiht, auch wenn es an Bord hoch her geht. Die  Bereitschaft, Geld auszugeben, ist bei den Campern weit verbreitet.
Auf  den Stellplätzen werden die Ansprüche obendrein höher. Viele bieten  sogar mittlerweile moderne Sanitäranlagen zur Nutzung an,  Fußbodenheizung und Einzelbäder inklusive. Sogar Wellnessbereiche mit  Sauna und Whirlpool sind heute vereinzelt zu finden. Die  Übernachtungsgebühren variieren stark, mache Plätze gibt es gratis, bei  anderen werden schon mal 20 Euro und mehr verlangt. Die Reaktionen der  Nutzer fallen sehr unterschiedlich aus, wie es die Kommentare in den  einschlägigen Camping-Apps zeigen. „Aber es sind immer dieselben, die  nörgeln und allen Komfort zum Nulltarif haben wollen“, sagt der  Betreiber eines Stellplatzes am Nord-Ostsee-Kanal. „Die sind zwar in der  Minderzahl, aber am lautesten, wenn es um Bewertungen geht.“ Das  zufriedene Gros der mobilen Besucher hält sich dagegen mit Kommentaren  zurück.
50 Euro Ausgaben am pro Kopf am Tag
Auch die  Kosten des Urlaubs-Alltag sind längst nicht mehr bei Schmalhansens  zuhause. Im Durchschnitt gibt jeder Reisemobil-Camper während seiner  Urlaubsfahrt täglich rund 50 Euro aus, mehr als die Hälfte davon für  Lebensmittel und Restaurantbesuche. Das Shoppen vor Ort steht mit 10,40  Euro am Tag zu Buche, es folgen die Bereiche Freizeit, Kultur und Sport,  lokale Beförderungsentgelte und die Kosten für den Stellplatz. Wer auf  einem regulären Campingplatz unterkommt, gibt sogar fast 30 Euro für  Verpflegung und Restaurant-Rechnungen aus. Dies geht aus dem 2017  erstellten Qualitätsmonitor Deutschland-Tourismus hervor.
Gleichwohl  ist Camping gerade für Familien im Vergleich zum Hotelurlaub die  weitaus günstigere Ferienart. Kinder finden auf Campingplätzen schnell  Anschluss, die Natur mit all ihren Aktivitätsmöglichkeiten beginnt meist  direkt vor der Eingangstür und auch das Unterhaltungsangebot mancher  Plätze braucht sich hinter dem renommierter Ferienhotels kaum zu  verstecken. Nur mit dem Unterschied, dass ein Erfrischungsgetränk aus  dem Kühlschrank nicht zwei Euro pro Glas, sondern deutlich weniger  kostet.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Peter G. Rock/Vineria
"Glamping"-Caravaning
Die Camper werden anspruchsvoller
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