Digitales Banking in Deutschland

Immer noch Potenzial von über 20 Millionen Nutzerinnen und Nutzern

Digitales Banking hat durch die Corona-Pandemie einen zusätzlichen Schub erhalten. So haben 2020 drei Millionen Menschen mehr als im Vorjahr ihre Bankgeschäfte über das Internet sowie eine Banking-App getätigt. Das entspricht einem Wachstum von vier Prozentpunkten.

Zugleich wird deutlich, dass digitales Banking seinen Höhepunkt in Deutschland noch lange nicht erreicht hat. Vielmehr ergibt sich laut Studie der ING Deutschland gemeinsam mit Barkow Consulting ein zusätzliches Potenzial von 20,8 Millionen weiteren Nutzerinnen und Nutzern.

Trotz Wachstumsschub weiteres Potenzial


Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Wachstum digitalen Bankings 2020 fast verdoppelt. Insgesamt wuchs die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer auf 46,8 Millionen. Die Nutzungsrate stieg im Vorjahresvergleich um vier Prozentpunkte auf 65 Prozent. Im europäischen Gesamtvergleich landet Deutschland damit nur noch auf Rang 15. 2007 war es immerhin noch Rang sieben.

Blickt man auf die führenden Länder in Europa, offenbart sich noch erhebliches Wachstumspotenzial für den deutschen Markt. So betrug die Nutzung in Dänemark 2020 bereits 94 Prozent; der Spitzenreiter übertrifft Deutschland damit um 29 Prozentpunkte. Unterstellt man für Deutschland dieselbe Nutzungsrate, ergibt sich ein zusätzliches Potential von 20,8 Millionen Menschen.

Einkommen, Bildung und Alter entscheidend

Die Beliebtheit von filiallosem Banking steigt mit dem Einkommen: Während Haushalte mit niedrigerem Einkommen digitales Banking nur zu 49 Prozent nutzen, steigt dieser Wert mit höherem Einkommen bis auf 77 Prozent an. Das größte Wachstumspotenzial ergibt sich entsprechend in der Bevölkerungsgruppe mit dem niedrigsten Einkommen. „Um dieses Potenzial zu heben, braucht es passende Angebote, die auf die Erwartungen dieser Bevölkerungsgruppe zugeschnitten sind. Gerade bei vergleichsweise niedrigen Einkommen sollten die finanziellen und organisatorischen Einstiegshürden minimal sein. Eine Kombination aus attraktiven Kosten und schlanken Prozessen ist hierbei erfolgsentscheidend“, sagt Jürgen von der Lehr, Head of Strategy and Business Development bei der ING Deutschland. „Je einfacher und intuitiver den Menschen ihre Bank begegnet, umso leichter fällt der Zugang. Banken sollten aufklären und befähigen, damit Menschen selbstbestimmt ihre Geldangelegenheiten managen können.“

Gerade der Aspekt der finanziellen Bildung ist von zentraler Bedeutung. Haushalte mit einem eher niedrigen Bildungsabschluss tätigen Bankgeschäfte online und über App lediglich zu 42 Prozent, während höher gebildete Haushalte mit 83 Prozent auf eine fast doppelt so hohe Nutzungsrate kommen. Entsprechend bestehen die besten Wachstumsperspektiven in der Zielgruppe mit eher niedrigem Bildungsniveau.

Die Analyse entlang der Altersstruktur ergibt ein differenziertes Bild. Die niedrigste Nutzungsrate findet sich mit lediglich 39 Prozent bei den über 65-Jährigen. Dabei nutzen wesentlich mehr Personen dieser Altersgruppe das Internet: So lag laut Statistischem Bundesamt der Anteil der Internet-Nutzerinnen und Nutzer im Jahr 2020 bei den über 65-Jährigen bei immerhin 69 Prozent. Auch ein Vergleich mit dem Höchstwert des EU-Spitzenreiters im digitalen Banking offenbart erhebliche Unterschiede: In Dänemark liegt der Anteil bei den über 65-Jährigen bei 86 Prozent – also 47 Prozentpunkte mehr als in Deutschland.

Das höchste absolute Wachstumspotenzial ergibt sich mit 4,8 Millionen zusätzlichen Nutzerinnen und Nutzern laut der Studie in der Gruppe von 55 bis 64 Jahren. „Um dieses Potenzial zu heben, kommt es insbesondere darauf an, das Vertrauen dieser Altersgruppen in die Sicherheit von digitalem Banking zu gewinnen”, erläutert Christiane Fritsch, Leiterin Digital Leadership bei der ING Deutschland.  

Bargeldversorgung: flexibler und zugleich unabhängiger von Bankfilialen

Die Zunahme des digitalen Bankings ist stark getrieben von dem Bedürfnis, über finanzielle Angelegenheiten selbständig und flexibel zu entscheiden. „Es passt nicht mehr in den Zeitgeist unserer modernen Gesellschaft, dass man zur Bargeldversorgung auf den nächsten Geldautomaten angewiesen ist. Wir sehen einen grundsätzlichen Wandel im Verhalten und den Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden”, erläutert Jürgen von der Lehr. So ist die traditionelle Bargeldinfrastruktur, also Kassen in Bankfilialen und Geldautomaten, laut Studie in fünf Jahren um 25 Prozent zurückgegangen.

Dieses Minus wird jedoch durch den Einzelhandel mehr als kompensiert. Dieser bietet seit Anfang des Jahrtausends die Auszahlung von Bargeld in Verbindung mit einem Einkauf an. Mittlerweile existieren schätzungsweise 109.000 Kassen als Bargeldauszahlungsstellen im Einzelhandel. Ihre Anzahl ist in fünf Jahren um rund 61 Prozent oder über 40.000 angestiegen. Das Bargeld-Versorgungsnetz ist insofern engmaschiger geworden und hat sich den heutigen Anforderungen angepasst.

Ohnehin nimmt die Bedeutung des Bargelds im Zahlungsprozess stetig ab. Auch hier wirkt Corona wie ein Katalysator: So ist bei Kundinnen und Kunden der ING der Bedarf an Bargeld als Zahlungsmittel 2020 gesunken, auch wenn laut einer früheren ING Studie der Bargeldbestand in Deutschland weiter steigt. Deutlich beliebter werden Kartenzahlungen. Eine bemerkenswerte Entwicklung, waren doch die Gelegenheiten durch die zeitweise sehr umfassenden Corona-bedingten Einschränkungen seltener als in den Vorjahren. Bei der ING sind mittlerweile mehr als 80 Prozent der Kreditkartenzahlungen im stationären Handel kontaktlos. Und bei jedem dritten Einkauf wird bereits mit dem Smartphone anstatt mit der physischen Kreditkarte bezahlt.

„Der Aufstieg des digitalen Bankings, die grundlegende Veränderung der Bargeld-Infrastruktur und die Zunahme kontaktlosen Bezahlens spiegeln das zeitgemäße Nutzungsverhalten. Menschen erwarten heute insgesamt mehr Flexibilität und Individualität, das macht auch vor Bankgeschäften nicht Halt. Sichtbar wird dieser Anspruch in den deutlich gestiegenen Nutzungszahlen im Mobile Banking über unsere App “, sagt Christiane Fritsch.

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