Der Ford Mustang Mach-E GT

... für Frank Wald, Autoren-Union Mobilität, ein Supersportwagen ohne Superlativ



Es ist noch nicht allzu lange her, dass Autos mit 480-plus-X-PS und Beschleunigungen in Dreikommawas-Sekunden zu den Supersportwagen zählten. In Elektromobilitäts-Zeiten aber, wo jede biedere Tesla-Limousine mit solchen und mehr Leistungen durch die Gegend zuckelt, gilt das nichts mehr.

Um dennoch eine sportliche Ausnahmestellung für sich zu reklamieren, braucht es also andere Parameter, am besten eine gute Geschichte, neudeutsch: Narrativ. Die erzählt Ford immer wieder gern, von den Zeiten der legendären Pony-Cars oder als sie mit dem GT40 auf der Rennstrecke Ferrari davon gefahren sind. Diesen Spirit soll namentlich der 358 kW (487 PS) starke Mustang Mach-E GT ins Elektro-Zeitalter tragen.

Tatsächlich kam wohl noch kein Supersportwagen so unspektakulär daher. Man muss nämlich schon genau hinschauen, um die leistungsstärkste Version des vollelektrischen Crossover-SUV von seinen „normalen“ Brüdern zu unterscheiden, die mit Leistungen von 198 kW bis 258 kW (269 bis 351 PS) bislang auch nicht gerade schwächlich daher kamen. Stünden sie nebeneinander, könnte man sehen, dass der GT drei Zentimeter länger und einen tiefer über dem Asphalt kauert. Eindeutiger aber sind die exklusiven Metallic-Lackierungen in orange und blau mit schwarzem Dach, der mattgraue Polycarbonat-Grill, die Bugschürze mit Spoiler-Lippe und zusätzlichen Lufteinlässen, glanzgedrehte 20-Zoll-Räder mit rot lackierten Brembo-Bremssätteln und natürlich die GT-Schriftzüge an Heck und Einstiegsleisten.

Innen finden sich Ford Performance Sportsitze mit bestem Seitenhalt in Leder-Optik, passend zum Sportlenkrad in Wildleder-Optik. Alles übrige wie Matrix-LED-Scheinwerfer, den riesigen 15,5-Zoll-Touchscreen inklusive des aktuellen Ford-Sync 4-Infotainment-System mit intuitivem Zugriff auf Navigations-, Musik- und Konnektivitäts-Funktionen übernimmt der Mustang Mach-E GT von seinen allradgetriebenen Brudermodellen. Gleiches gilt für die Assistenzsysteme, wo sich allein beim Kollisionswarner die Querverkehrs-Erkennung zum nahezu kompletten Sicherheitspaket, unter anderem mit Abstandstempomat, Ausweichassistent und Stau-Stop&Go-Funktion, hinzugesellt. Unverändert ist allerdings auch die etwas knappe Raumaufteilung für (notfalls) fünf Erwachsene sowie bescheidenen 402 bis 1420 Liter Kofferraum.

Mag er also im Stand noch verwechselbar sein, erstmal ins Rollen gekommen, macht der GT seine Ausnahmestellung schnell deutlich. Sehr schnell. In punkto Drehmoment toppt der Power-Stromer mit seinen maximal 860 Nm (Overboost) Drehmoment alles, was bei Ford je von den Serienbändern lief – inklusive des Hochleistungssportwagens Ford GT. Und wer einmal den Tritt ins Kreuz und den leichten Schwindel erlebt hat, wenn die beiden ölgekühlten Permanentmagnet-Synchronmotoren an Vorder- und Hinterachse zupacken und den mehr als 2,3 Tonnen schweren Trumm im Rollstart in 3,7 Sekunden bis zur Hunderter-Marke katapultieren, glaubt das auch sofort. Mit diebischer Freude lässt sich damit auf der Landstraße an den Vorausfahrenden ranzoomen, um dann ansatzlos innerhalb eines Wimpernschlags an ihm vorbeizuziehen.

Durch den tiefen Schwerpunkt der Akkus im Fahrzeugboden liegt der Wagen dabei wie das sprichwörtliche Brett, wenngleich das adaptive Hochleistungsfahrwerk mit magnetisch gesteuerten Dämpfern auf den kroatischen Buckelpisten Istriens, wo die Präsentation des Mustang Mach-E GT stattfand, ordentlich arbeiten musste, die Spur zu halten. Auch die Spezialreifen von Pirelli im Format 245/45 R20 konnten nicht verhindern, dass wir dabei ordentlich durchgeschüttelt wurden. Dafür setzen die großen schwarzen Rundlinge aber gekonnt und bravourös den für E-Autos plötzlich einsetzenden Schub in Vortrieb um.

Den darf der Fahrer hier sogar in einem neuen Rennstrecken-Modus erleben. Neben den bekannten Fahrmodi „Zahm“ („Whisper“), „Aktiv“(„Active“) und „Temperamentvoll“ („Untamed“), kann über das zentrale Display nun auch die Einstellung „Temperamentvoll Plus“ („Untamed Plus“) ausgewählt werden. Sie lässt dem ESP und der Traktionsregelung mehr Spiel und soll zusätzlich mit simuliertem Herunterschalten und künstlichem Sound den Fahrspaß steigern.

Nun ja, bislang ist nicht bekannt, dass Elektroauto-Fahrer bevorzugt durch Kurven driften und dabei die Umgebung beschallen. In die gleiche Kerbe fällt hier auch die elektronische Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 200 km/h. Für Autos mit Leistungen eines Supersportwagen zwar völlig indiskutabel, aber das hatten wir eingangs schon: in elektromobilen Zeiten zählen ganz andere Qualitäten für Sportwagen.

Zum Beispiel, wieviel Energie sie speichern können, wie weit diese reicht und wie schnell sie nach den Ladezwangspausen wieder an den Start kommen. Hier rangiert der Mustang Mach-E GT mit seiner nominell 98,7 kWh großen Batterie (nutzbar 88 kW/h) ganz oben, mit 500 Kilometer Reichweite, die im besten Fall mit maximal 150 kW am DC-Schnelllader in 45 Minuten wieder zu 80 Prozent erneuert ist, dagegen nur im Mittelfeld. Fürs Wechselstrom-Laden legt Ford dafür ab Werk zwei Ladekabel bei: ein sechs Meter langes Mode 3 für öffentliche AC-Ladesäulen und Wallboxen mit Typ 2-Anschluss sowie ein 6,7 Meter langes für die normale 230 Volt-Steckdose sowie den blauen CEE-Anschluss (in Deutschland bis maximal 4,6 kW).

Und auch das Preis-Leistung-Verhältnis ist vielleicht nicht ganz unwichtig. Hier liegt der Mustang Mach-E GT mit seinen 72.900 Euro im Vergleich zur Konkurrenz (Kia EV6 GT, Genesis GV60, Tesla Y) gut im Rennen. Darin enthalten eine anständige Werksausstattung, unter anderem mit sensorgesteuerter Hecklappenöffnung, Ein- und Ausparkfunktion mit teilautomatisierter Führung, 360-Grad-Kamera oder ein B&O-Soundsystem mit zehn Lautsprechern und 560 Watt. Das beste aber: es ist bereits seit Juli bestellbar und wird noch in diesem Jahr ausgeliefert.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald

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