Die Werkstatt sieht nach viel Arbeit aus. Hier fallen keine Späne, hier liegen Scherben. In Eimern und vereinzelt ganz fein auf dem Boden.Perfekte Glasobjekte, aufgereiht in Regalen,leuchten aus allen Ecken. Es ist eine bunte Welt, in die Cornelius Réer jeden Tag eintaucht.
Eine wohlige Wärme erfüllt den Raum. Kein Wunder, der 1100 Grad heiße Schmelzofen läuft mehrere Monate durch. Sieben Öfen insgesamt stehen in dem hohen, großen Raum. Die Energiekosten gehen durch die Decke. „Diktator“ nennt Réer seinen Hauptofen durchaus liebevoll. Dieses heiße Monstrum bestimmt den Rhythmus des Glasbläsers.
Glas ist für viele auf den ersten Blick nur Billigware. Die Menschen aber, die sich auskennen, wissen die Arbeit und die Unterschiede beim Material zu schätzen. „Glas ist extrem dynamisch. Es ist heiß und flüssig. Es ist kalt, fest und fragil. Es ist ein schnelles Material. Es braucht Zeit, bis man es beherrscht“, erklärt der Fachmann.
Réer benutzt nur schwedisches Rohglas für seine Werke. Es ist das beste. Rein, hohe Lichtbrechung, passt zu Farbglas und lässt sich langeformen. Tonnen davon hat der 60-Jährige verarbeitet. Réer sieht sich als Künstler imBereich der angewandten Kunst, die Funktionsfähigkeit seiner Objekte ist ihm wichtig.
Auf vier Jahrzehnte in seiner Zunft blickt der gebürtige Coburger zurück. Er hat in Deutschland, Frankreich, Schweden, Österreich und Großbritannien sein Handwerk gelernt:„Ich hatte keine Ahnung, auf was ich mich da einlasse.“ Seine Arbeit verlangt vor allem die Fähigkeit, das Gleiche kontinuierlich nach Gefühl zu machen. Menge, Hitze und Zeit beim aufwändigen Schmelzprozess lassen sich nicht exakt messen. Und es braucht eine gewisse Schnelligkeit und Entschlossenheit. All das können nur wenige so gut wie Réer. Gerade einmal zehn Glasbläser auf diesem hohen Niveau verteilen sich auf ganz Deutschland.Réer vertreibt seine Objekte und Gefäßformen ausschließlich in Läden oder Galerien. Er produziert keine Massenware.
Inspiration für das nächste Projekt holt sich der Künstler aus der handwerklichen Arbeit. Machen, wiederholen, verinnerlichen heißt die Devise. Sicher fließen auch externe Einflüsse in seine Objekte mit ein. „Alles andere kommt aus dem Erfahrungsschatz, nichts aus dem hohlen Bauch.“ Es ist eine eher evolutionäre statt genialistische Herangehensweise.
Bei seinen Vasen, Gläsern, Karaffen und Co. kann nichts nachgebessert werden. „Wenn etwas schiefgeht, lass ich das Stück fallen und fange neu an“, erklärt der Franke. Misslungenes vergessen, den Blick auf Neues in die Zukunft richten – es klingt bei Réer wie eine Lebenseinstellung. Und nach 40 Jahren gibt es aus seiner Sicht immer noch eine Menge zu entdecken: „Die Reise ist noch nicht zu Ende.“
In der Werkstatt hinten links befindet sich des Künstlers „Schatzkästchen“. Hier lagern die Glasfarben fein aufgereiht in einer weißen Kommode. 35 Farben davon hat Réer im ständigen Gebrauch. Rot-orange liegt im Trend. Kobald-blau ist schon länger out. Der Künstler selbst legt sich auf keine Lieblingsfarbe fest.
Für Rebado hat er zuerst die Formen in grau angelegt, später wurden die Farbkombinationen entwickelt.Jedes Teil seiner Bathwear-Serie ist ein Unikat, unterschiedlich in der Farbigkeit. Farbgläser reagieren nie gleich. Der Ton ist auch nicht gleich gesättigt. Bei der Rebado-Bathwear-Vase trifft ein Blau-Ton auf Olive. Zwei Farben also, die im Ofen nebeneinander verschmolzen sind. Der Prozess darf nicht zu heiß vonstatten gehen, sonst verlaufen die Farben ineinander. Das richtige Maß sorgt bei jedem Objekt für eine schöne Trennungslinie.
Ja, die Dinge sind komplex. Dem scheinbar einfachen Erscheinungsbild steht oft ein aufwändiger Gestaltungs- und Herstellungsprozess gegenüber. Formen entscheiden über die Farbintensität. Bauchige Objekte würden an Farbe verlieren, zylinderförmige funktionieren besser.Réerweiß das alles ganz, ganz genau.Seine Endprodukte bestechen durch schnörkellose Ästhetik sowie individuelle Farbgebung und Anwendung.
Er habe regelrecht auf so eine Kooperation gewartet, verrät der Künstler. Und meint damit die Zusammenarbeit mit Rebado. Glatte Oberfläche, klare Linien – das passe eben auch super zu seinen Produkten. Kennzeichnend für die von Réer entwickeltenObjekte sind subtile Farbgebung, gute Funktion und entschlossene Formen.„Rebado wünscht sich das, was ich verinnerlicht habe: Dinge individuell auszudrücken. Nicht von der Stange. Das Produkt soll keine Erwartungshaltungen, die im Zeitgeist liegen, erfüllen. Es soll für sich selber stehen. Es muss für sich selber gut sein.“
Quelle: Kuechenmeister
“Die Reise ist noch nicht zu Ende”
Mit Cornelius Réer konnte Rebado einen der besten Glasbläser des Landes für seine Bathwear-Kollektion gewinnen
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