Wirtschafts-News vom 12. Januar 2022

Unzulässige Zahlungsaufforderung bei Identitätsdiebstahl



Inkassounternehmen, die Forderungen einfordern, die überhaupt nicht bestehen, handeln wettbewerbswidrig. Der BGH entschied, dass dies auch gilt, wenn die falsche Forderung auf einem Identitätsdiebstahl beruht, der dem Unternehmen nicht bekannt war.
 
Vor Identitätsdiebstahl fürchten sich viele Menschen. Für eine Frau aus Hamburg wurde es leider Realität, wie die Rechtsanwaltskanzlei Wilde Beuger Solmecke berichtet. Völlig unerwartet erhielt sie Post von einem Inkassounternehmen, das sie zur Zahlung von circa 650 Euro aufforderte. Grund dafür war ein Mobilfunkvertrag aus dem Jahr 2017. Allerdings hatte die Frau diesen Vertrag selbst nie geschlossen – jedoch eine unbekannte Person mit ihren Daten.

Ein Verbraucherschutzverband, an den sich die Betroffene wandte, mahnte daraufhin das Inkassounternehmen erfolgslos wegen unlauterer Geschäftshandlungen ab. Auch eine Unterlassungsklage vor dem Landgericht Hamburg blieb ohne Erfolg. Jedoch bekam der Verbraucherschutzverband sowohl vor dem Oberlandesgericht als auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Recht und das Inkassounternehmen darf die Zahlung nun nicht mehr einfordern (BGH, Urteil v. 20.10.2021, Az. I ZR 17/21).

Unrichtige Zahlungsforderungen sind unlautere Geschäftshandlungen
Laut Wilde Beuger Solmecke stellte der BGH in seiner Entscheidung fest, dass die Zahlungsaufforderung des Unternehmens eine irreführende geschäftliche Handlung gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Fall 1 Gesetz gegen denunlauteren Wettbewerb (UWG) darstellt. Denn nach der
Vorschrift ist eine geschäftliche Handlung dann irreführend und untersagt, wenn sie unwahre Tatsachen enthält. Da das Vertragsverhältnis zwischen der Frau und dem Mobilfunkanbieter nie entstanden ist, handelt es sich unstreitig um eine unwahre Tatsache.
       
Auch sieht der BGH die Forderung als geeignet zur Täuschung an. Es ist mithin umstritten, ob im Falle unwahrer Tatsachen eine Geeignetheit zur Täuschung überhaupt vorliegen muss. Der I. Zivilsenat des BGH sieht das Vorliegen einer solchen durch das OLG aber als rechtsfehlerfrei
festgestellt an, weshalb es dahinstehen könne, ob auf dieses Erfordernis verzichtet werden könnte. Zwar werde man im Fall eines behaupteten Vertrags über Mobilfunkleistungen nicht stets annehmen können, dass der Verbraucher nicht mehr wisse, ob er den Vertrag geschlossen habe oder nicht. Es reiche aber eine abstrakte Eignung zur Täuschung aus, die hier zu bejahen sei. Identitätsdiebstahl wird nicht berücksichtigt.

Dass das Inkassounternehmen einem Irrtum unterlag, der ihm aufgrund des Identitätsdiebstahls nicht vorwerfbar ist, spielt für die Beurteilung der unlauteren Handlung keine Rolle.   

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