Die Zahl der Unfälle, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, ging im vergangenen Jahr erfreulicherweise weiter zurück – nicht zuletzt, weil die persönliche Mobilität wegen der Corona-Pandemie eingeschränkt war.
Eine wesentliche Ursache für schwere bis sehr schwere Unfälle insbesondere auf Landstraßen blieb jedoch das Überholen. Unfallforscher warnen daher auch immer wieder davor, die Risiken beim Überholen nicht zu unterschätzen - zumal Studien gezeigt haben, dass die Zeitersparnis in der Regel deutlich geringer ist als angenommen.
Nicht nur Zeitdruck, sondern auch einfach nur dauerhaft langsam vorausfahrende Fahrzeuge, die die Geduld strapazieren, können Autofahrer zu leichtsinnigen Überholmanövern verleiten. Nicht selten wird die erforderliche Wegstrecke falsch kalkuliert und die Geschwindigkeit des Gegenverkehrs unterschätzt, warnt das Goslar Institut für verbrauchergerechtes Versichern der HUK-Coburg. Es sind meist diese beiden Fehler, die schwere Unfälle auf Landstraßen verursachen. So registriert die ADAC-Unfallforschung laut aktuellen Zahlen mit fast 40 Prozent deutlich häufiger lebensbedrohliche Verletzungen bei missglückten Überholvorgängen als bei anderen Unfällen. Daher sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass ausreichend einsehbare Strecke vorhanden ist und auch beim Überholen die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen nicht überschritten wird.
Viele Autofahrer unterschätzen Sichtweite und Wegstrecke. Dadurch kommt es häufig zu brenzligen Situationen für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer, wenn einem Überholenden „der Platz ausgeht“ und der Gegenverkehr sich schneller nähert als erwartet. Oftmals wird nicht nur die Geschwindigkeit des entgegenkommenden Verkehrs unterschätzt, sondern auch die eigene für die Dauer des Überholens.
Um auf einer Landstraße mit maximal 100 km/h gefahrlos ein anderes Fahrzeug überholen zu können, sollte die Sichtweite mindestens 700 Metern betragen. Das entspricht rund 14 Leitpfosten am Straßenrand. So weit muss die Gegenfahrbahn einsehbar und auch frei sein. Dekra rechnet zum Beispiel vor, dass zum Passieren eines ordnungsgemäß mit 60 km/h fahrenden Lastwagens zu Beginn des Überholvorgangs eine freie Strecke von knapp 600 Metern nötig ist. Der ADAC empfiehlt grundsätzlich Tempo 100 für das Vorbeifahren an einem Lkw. Dies sei aber nur auf wenigen Abschnitten überhaupt möglich.
Völlig überschätzt wird auch die Zeitersparnis. Sie beträgt im günstigsten Fall zehn Prozent der Fahrtzeit, wie die Verkehrsexperten errechnet haben. Das bedeutet, dass man für eine Strecke von 20 Kilometern etwa anderthalb Minuten länger benötigt, wenn nicht überholt wird.
Quelle: Goslar Institut
Das Risiko beim Überholen wird unterschätzt
Geduld rettet Leben - auch das eigene
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