Fiat hat seine Modellpalette nun komplett elektrifiziert – wenn auch mit einem kleinen Trick. Denn mit der jetzigen Einführung von 500X Hybrid und Tipo Hybrid werfen die Italiener kurzerhand alle bisher verbliebenen konventionellen Benziner und Diesel der Baureihen aus ihrem Programm. Das senkt zwar die CO2-Flottenbilanz des Unternehmens. Für die Kunden wird’s dafür jetzt richtig teuer.
Das gilt insbesondere für den Tipo, der bei seiner Einführung 2016 noch als erschwingliche Kompaktwagen-Alternative für die breite Bevölkerung gepriesen wurde. In der neuen Konstellation kostet er als fünftürige Schrägheckvariante mindestens 28.490 Euro, was beim besten Willen nicht mehr als familienfreundliche Alternative durchgeht. Vor sechs Jahren startete der Wagen für knapp die Hälfte des Geldes, war zuletzt aber auch nicht unter 19.990 Euro zu haben. Und natürlich auch nicht mit dieser Leistung und Ausstattung.
Denn die ist schon in der Einstiegsversion „City Life“ recht üppig. Neben 16 Zoll-Leichtmetallfelgen, Voll-LED-Scheinwerfern und LED-Heckleuchten gehören dazu unter anderem eine Klimaautomatik, ein Infotainmentsystem mit 10,25-Zoll-Multimedia-Touchscreen und 7-Zoll-Farbdisplay im Kombiinstrument, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel sowie einige elektronische Helferchen wie ein Spurhalte- und Bremsassistent, Verkehrszeichenerkennung und Müdigkeitswarner.
Für die Kombi-Version in der gleichen Ausrüstung zahlt man noch einmal 1500 Euro mehr. Ebenso wie für die leicht höher gelegte Cross-Version, die dann außerdem noch mit einer Rückfahrkamera, Licht- und Regensensor sowie 17-Zoll-Alufelgen in matt schwarz ausgestattet ist. Als Kombi kostet der Tipo Cross dann 31.490 Euro. Weitere Komfort- und Sicherheitsfeatures wie Navi-System, Smartphone-Ladeschale, schlüsselloses Öffnen und Starten sowie Abstands-Tempomat Totwinkel-, Fernlicht- und autonomer Notbremsassistenten sind in diversen Paketen verpackt, die noch einmal zwischen 750 bis 1000 Euro extra kosten.
Und natürlich gab es auch noch keinen Hybrid. Wobei die Bezeichnung nicht ganz richtig ist. Denn streng genommen geht es um einen Mild-Hybrid mit 48-Volt-Technologie. Der besteht sowohl bei 500X wie Tipo aus einem 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 130 PS, der von einer Elektromaschine mit 15 kW (20 PS) unterstützt wird, die in einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe integriert ist. Wie üblich bei dieser Art der Elektrifizierung mit Riemen-Startergenerator beschränkt sich die rein elektrische Reichweite dabei auf kaum mehr als drei Kilometer, und das auch nur mit äußerst sanftem Gasfuß.
Eher noch sorgt sie in beiden Fällen für einen flotteren Antritt sowie geringeren Verbrauch und Emissionen, indem beim Gaspedal lüpfen der Verbrenner entkoppelt oder beim Bremsen Energie zurückgewonnen wird. Sprit und CO2-Ausstoß sollen so nach WLTP um bis zu elf Prozent geringer ausfallen, hat Fiat errechnet. Was auf dem Papier 6,6 Liter für den 500X und für den Tipo 5,5 Liter bedeutet. Bei unseren ersten Probefahrten, mehrheitlich in reduziertem Tempo durch Stadt- und Gewerbegebiete, genehmigten sich beide Modelle jeweils zwei Liter mehr.
Außerdem verfügt Fiats Hybridtechnologie über eine Kriechfunktion (E-Creping), die kurzes Vorwärtsrollen ohne Druck aufs Gaspedal erlaubt, was im urbanen Stop&Go oder Stau angenehm ist. Auch sind beide 500X und Tipo damit in der Lage, elektrisch vorwärts und rückwärts einzuparken, wenn das Features E-Parking mit zur Ausstattung gehört. Je nach Ladezustand der nur 0,8 kWh fassenden Batterie, die zwischen den Vordersitzen verbaut ist, fahren beide Modelle ebenso elektrisch sanft und leise an. Vom Wechsel der beiden Antriebsarten ist am Lenkrad kaum etwas zu spüren.
Dafür um so mehr die seltsam schwache Performance des Mild-Hybridantriebs. Beide Modelle beschleunigen zwar in weniger als zehn Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, der 500X in 9,4, der Tipo in 9,1 Sekunden. Aber ob es nun an dem in beiden Fällen mehr als 1,4 Tonnen Lebendgewicht liegt oder der zögerlich reagierenden Automatik, nach 130 PS plus Elektro-Boost fühlt sich der Antrieb jedenfalls weder hier noch dort an. Wobei das Fahrwerk des Tipo Hybrid noch ein wenig leichtfüßiger wirkt, weil es Stöße besser wegsteckt und die Lenkung eine bessere Rückmeldung vermittelt. Der 500X wirkt im direkten Vergleich dagegen eher behäbig und teigig, ganz so, wie ihn viele Cinquecento-Fans schon immer gesehen haben: als aufgeblasenen 500er.
Auch der Crossover ist mit dem neuen Antrieb so teuer wie nie zuvor: ab 28.990 Euro startet die „Hatchback“-Version in der Ausstattung Club, unter anderem mit Klimaanlage, Tempomat, 7-Zoll-Touchscreen mit DAB-Radio und Smartphone-Integration sowie 16-Zoll-Leichtmetallfelgen. Klimaautomatik und 17-Zöller gibt’s in der Cross-Variante für einen Tausender mehr. Die Topausstattung, unter anderem mit Voll-LED-Scheinwerfern, TFT-Farbdisplay und 18-Zoll-Alufelgen kostet mindestens 31.240 Euro. Die Version „Dolcevita“ mit elektrischem Faltschiebedach kostet noch einmal jeweils 3000 Euro Aufpreis. Angesichts der Preisgestaltung klingt Fiats selbst formulierter Elektrifizierungs-Anspruch. „Es ist nur dann wirklich grün, wenn es für alle grün ist“ nicht wirklich überzeugend.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Fiat
Fiat 500X Hybrid / Tipo Hybrid: Teurer Trick
Fahrbericht von Frank Wald, Autoren-Union Mobilität
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