Das Kleinwagen-Kracherle

... ist für Michale Kirchberger, Autoren-Union Mobilität, der Opel Corsa A GSi



Ein O und ein A ging durch die Autowelt, als Opel 1982 das jüngste Kind seiner Autofamilie vorstellte. Der Corsa A fuhr in jene Lücke, die der Kadett aufgrund seines beständigen Wachstums verlassen hatte.


Der begann seine Karriere 20 Jahre zuvor mit einer maßvollen Länge von 3,80 Meter, schon seine zweite Generation knackte die Vier-Meter-Marke und war auf dem Weg in die Kompaktklasse. Da gab es plötzlich Platz in der Rüsselsheimer Familienplanung für ein neues Einstiegsmodell. Im Herbst 1982 erschien dann der erste Corsa. Wir waren mit einem GSi von 1989 unterwegs.

Der kleine Opel erlaubte sich einen überaus frechen Auftritt. Nur 3,62 Meter kurz war er, Designchef Erhard Schnell, der unter anderem den aufsehenerregenden Opel GT gestaltet hatte, zeichnete einen überaus maskulinen Mini, der mit seinen ausgestellten Radhäusern sportliche Gene zur Schau stellte. Was beim Basismodell mit seinem 45 PS (33 kW) leistenden Ein-Liter-Benziner mehr Schein als Sein war. Zunächst gab es ihn nur als Zweitürer, die Medienvertreter konnten den Corsa an der Ostseeküste am Timmendorfer Strand kennenlernen, und wir chauffierten damals als Aushilfskraft die besonders wichtigen Gäste vom Flughafen zum Veranstaltungsort, um ein paar Groschen zur Finanzierung des Studium zu verdienen. Elf Jahre lang wurde die erste Generation des Corsa nahezu unverändert gebaut, zwischendurch gab es ab 1985 auch eine viertürige Version und 1988 ein kleines Facelift, vor allem aber erhielt die Baureihe ein Spitzenmodell mit dem Kürzel GSi.

Der sportlichste Kleinwagen im Programm hatte stramme 100 PS (74 kW), die bei nur rund 800 Kilogramm Leergewicht beeindruckende Fahrleistungen erlaubten. 188 km/h Spitze und ein Sprintwert unter zehn Sekunden von 0 auf 100 km/h waren möglich. Das stellte eine erhebliche Herausforderung dar, die französische Journalisten-Gruppe versenkte bei der Präsentation gleich drei der fünf bereitgestellten GSi im Straßengraben, ABS oder ESP waren nicht an Bord, Airbags sollten erst viele Jahre später Einzug halten. Zu Schaden kam dabei glücklicherweise dennoch niemand der Beteiligten.

Einer der Mini-Sportler, einer aus dem Baujahr 1989, hat die Zeiten in der wohlsortierten Klassik-Sammlung von Opel überdauert, zum Geburtstag der Baureihe haben wir uns mit ihm zu einer Ausfahrt aufgemacht und waren erneut vom Potenzial des flinken Kracherles begeistert. Schon die Instrumentierung weist auf den Anspruch hin. Neben dem damals unüblichen Drehzahlmesser geben eine Öldruckanzeige und ein Voltmeter Aufschluss über die Konditionen im Antriebsstrang. Statt vier hat das Getriebe fünf Gänge, es schaltet sich immer noch genau und schnell. Und bei 1,6 Litern Hubraum mobilisiert der Saugbenziner immerhin 135 Newtonmeter Drehmoment. Das zwar erst bei 3400 Umdrehungen in der Minute, aber die Kurve verläuft nicht allzu steil, schon bei 2000 U/min geht es ordentlich zur Sache.

Sportsitze sind vorne aufgestellt, viel Seitenhalt geben sie nicht. Auch das Lenkrad steht nicht direkt vor dem Fahrer, sondern ist leicht nach rechts versetzt eingebaut. Das stört kaum, zumal es mit einem kleinen und griffigen Lenkradkranz gut in der Hand liegt. Beherzt geht es in die erste Kurve. Der GSi nimmt sie mit Bravour und spornt zu mehr Wagemut an. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, kommt aber an die Härte manch aktueller Auslegungen nicht heran und bleibt zumeist komfortabel. Allein die Hitze des Tages dämmt die Ausflugsfreuden, eine Klimaanlage gab es damals weder für Geld noch gute Worte.

Auch wenn der schnelle Corsa einen Vierzylinder mit Benzineinspritzung statt eines Vergasers hat, ist der Treibstoffkonsum erheblich. 7,2 Liter auf 100 Kilometer verlangt das Kerlchen trotz seines niedrigen Gewichts und moderater Fahrweise. Aber damals waren die Spritpreise ja noch denkwürdig niedrig. Und wer sich den GSi leisten konnte, hat sich über den Konsum gewiss keine Gedanken gemacht. Denn billig war der sportlichste aller damaligen Opel Corsa nicht. Zur Markteinführung kostete der GSi 21.425 D-Mark, ab 24. April 1988 dann 22.800 DM. Die Nachfrage nach dem Erfolgsmodell ebnete der saftigen Preiserhöhung den Weg.

Mit einer Auflage von 3,1 Millionen Exemplaren war der erste Corsa ein Bestseller für Opel. Allerdings erreichte die zweite Generation, die nur sieben Jahre lang produziert wurde, mehr als vier Millionen Verkäufe. Vielleicht war es die kuschelige Form des von Hideo Kodama gezeichneten Corsa B, der dazu beitrug. Heute ist die sechste Corsa-Generation unterwegs, erstmals auch mit rein elektrischem Antrieb. Sie war im April die Kleinwagen-Baureihe mit den meisten Neuzulassungen in Deutschland.

Insgesamt hat Opel mehr als 14 Millionen Corsa verkauft – der heute allerdings auch die Vier-Meter-Grenze hinter sich gelassen hat.

Foto: Autoren-Union Mobilität/Michael Kirchberger

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