(Hans-Robert Richarz, Autoren-Union Mobilität) Wer weiß denn sowas? Wo geschah die erste Bohrung nach Erdöl? In Saudi Arabien? In Dubai? In Texas? Alles falsch. Bereits vor mehr 160 Jahren stieß der deutsche Universitätsprofessor Georg Hunaeus bei der Suche nach Braunkohle im niedersächsischen Wietze zufällig auf Öl.
Die Hunaeus-Bohrung gilt heute als eine der ersten erfolgreichen Bohrungen nach Erdöl weltweit. Bereits 200 Jahre zuvor hatten Bauern dort ölhaltigem Sand aus sogenannten „Theerkuhlen“ geschaufelt und das daraus gewonnene Öl als Schmiermittel verkauft.
Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert erwiesen sich die Ölvorkommen von Wietze als so reichhaltig, dass zwischen 1908 und 1910 etwa 80 Prozent der gesamten Inlandsnachfrage in Deutschland durch Erdöl von dort gedeckt wurde. Diese Zeiten sind leider vorbei, 1963 war das Wietzer Ölfeld leer.
Doch es befindet sich immer noch Beträchtliches an so genanntem „schwarzen Gold“ im deutschen Untergrund und mehr noch an Erdgas. Leider zu wenig, um die Furcht vor Knappheit mit beiden Energiearten zu zerstreuen, die uns bekanntermaßen seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine plagt.
Wir haben uns mit einem Toyota Yaris Cross auf den Weg gemacht, um einige der immer noch aktiven Bohrlöcher der Republik zu besuchen. Gesagt, getan. Der Allradantrieb unseres Autos war aufgrund des zu erwartenden einen oder anderen schlechten Weges natürlich willkommen. Doch zunächst gilt es, von Köln aus in Richtung Süden gut 500 Kilometer Autobahn bis in die Gegend von Augsburg zu bewältigen. Erfreulich dabei ist der erstaunlich niedrige Verbrauch des kleinen SUV von knapp sechs Litern Super auf 100 Kilometern trotz ständigen Überschreitens der Richtgeschwindigkeit dort, wo es erlaubt ist. Etwas lästig it jedoch die Geräuschkulisse bei höherem Tempo, wenn sich Lärm von Wind, Reifen und Drei-Zylinder-Motor jeweils um die Vorherrschaft streiten.
Ansonsten macht der Yaris Cross mit seinem Hybridantrieb, der zwischen zwei und drei Kilometern fast lautlos rein elektrisch fahren kann, einen guten Eindruck. Außen wie innen. In einem Testbericht formulierte der ADAC: „Er wirkt modern und sieht mit seinen mächtig ausgestellten Kotflügeln und den bis zu 18 Zoll großen Rädern aus wie ein Halbstarker, der stolz seine Muskeln präsentiert. Die Bodenfreiheit wurde im Vergleich zum Yaris um 30 Millimeter erhöht, womit auch eine höhere Sitzposition verbunden ist. Der Einstieg gelingt dadurch recht leicht – und genau das schätzen die meisten Käufer an dieser Fahrzeugklasse.“ Die kompakte Karosserie lässt leicht erkennen, wo hinten und vorne aufhören, zudem verfügte unserer Modell serienmäßig über Parkassistenten und eine 360-Grad-Kamera.
Die Sitze bieten auch für längere Reisen viel Beinauflage und Seitenhalt, gut ablesbare Instrumente erleichtern den Umgang mit dem Wagen. Der Touchscreen liegt gut im Blickfeld, die Klimatisierung erfolgt über Tasten. Die hat allerdings etwas Schwierigkeiten, da während unserer Reise entgegen der alten Bauernregel mit den Eisheiligen diesmal die Schweißheiligen mit Mai-Temperaturen über 30 Grad Hitze die Herrschaft übernehmen.
Als erstes Ziel haben wir das Navi mit der Adresse „Am Ölfeld 49, 86845 Großaitingen“ programmiert. Nomen est omen, denn hier holten im vergangenen Jahr so genannte Pferdekopfpumpen immerhin 28.459 Tonnen Mineralöl aus einer Tiefe von 1000 bis 1500 Metern aus bayerischem Boden. Insgesamt sind allein auf dem „Aitinger Feld“ seit 1979 mehr als 1,5 Millionen Tonnen Rohöl gewonnen worden. Der Standort ist der mit Abstand größte Ölförderbetrieb im Alpenvorland. Das Erdöl aus den Bohrungen in Aitingen ist mit Wasser vermischt, wird zentral auf dem Betriebsplatz in Großaitingen aufbereitet und anschließend per Kesselwagen zur Raffinerie nach Lingen transportiert.
Weiter südlich, in Lauben bei Memmingen, steuern wir das nächste Ölvorkommen an. Dort sind wir wegen des groben Feldwegs froh, dass der Toyota an der Hinterachse einen zusätzlichen Elektromotor mit 3,9 kW(5,3 PS) besitzt, was bei schwierigen Straßenverhältnissen aber durchaus reicht, um nicht steckenzubleiben.
In Lauben steht eine Förderstation, die täglich sechs Kubikmeter Öl liefert. Nicht viel, aber Kleinvieh macht auch Mist. Unter dem Strich kamen 2021 rund 2500 Tonnen aus der kleinen Gemeinde im Unterallgäu, was 0,1 Prozent der Gesamtfördermenge aus deutschen Landen entspricht. In Deutschland wurden im selben Jahr insgesamt rund 1,8 Millionen Tonnen Erdöl gefördert. Die heimische Produktion hat damit etwa zwei Prozent des hiesigen Verbrauchs gedeckt.
Auch wenn die Erdölförderung in Deutschland verhältnismäßig gering ist, hat sie wirtschaftlich und umweltpolitisch einen hohen Wert – insbesondere seit Kriegsbeginn in der Ukraine. Inzwischen aber geht die Produktion zurück, in den 1960er Jahren wurden noch bis zu acht Millionen Tonnen pro Jahr gefördert. Einige erschöpfte Lagerstätten dienen heute als unterirdische Gasspeicher. Dabei seien die deutschen Vorkommen noch keineswegs leer, weiß der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG). Selbst wenn eine Lagerstätte als ausgefördert gelte, seien meist noch mehr als 40 Prozent des Erdöls vorrätig, von denen sich ein Teil mit neuen Technologien möglicherweise künftig ebenfalls fördern ließe.
Noch mehr gilt diese These für deutsche Erdgasvorräte. Laut BVEG lagern in deutschen Schiefergesteinen bis zu 2,3 Billionen, in Kohleflözen 450 Milliarden und in konventionellen Lagerstätten immerhin 40 Milliarden Kubikmeter erschließbares Erdgas. Damit könne die Versorgung in Deutschland für lange Zeit gesichert werden. Die dafür erforderliche Methode nennt sich „Fracking“ und ist in Deutschland verboten. Dabei werden unter hohem Druck große Mengen von mit teilweise krebserregenden und giftigen Chemikalien versetzten Wassers in den Untergrund gepresst. Dieser Vorgang erzeugt Risse im Gestein, so dass darin eingeschlossene Kohlenwasserstoffe wie Erdöl und Erdgas herausgelöst und zutage gefördert werden können.
Schon früher gab es Pläne, in Deutschland zu fracken. Probebohrungen dafür fanden in Niedersachsen und im Münsterland statt. Es bestand jedoch Sorge, dass die eingesetzten Gifte durch Risse im Gestein auch in höher gelegene Trinkwasserschichten gelangen könnten. Entsprechend groß war der Widerstand. So verfährt Deutschland zurzeit noch nach dem Floriansprinzip – schütze mein Haus, zünde andere an. Denn das demnächst aus den USA per Tanker eingeführte Flüssiggas wird ausnahmslos durch Fracking gewonnen.
Mohammed Amro, Direktor des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau an der TU Bergakademie Freiberg glaubt jedoch ebenso wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dass Fracking auch in Deutschland machbar wäre, umweltgerechte Planung vorausgesetzt. Wie viele Milliarden förderbare Kubikmeter Schiefergas in Deutschlands Untergrund stecken, kann nur geschätzt werden, zum Beispiel durch Forschungsbohrungen. Professor Amro spricht von 500 Milliarden bis 2,5 Billionen.
Bei der Rückreise aus dem Voralpenland konzentrieren wir uns wieder mehr auf das Auto als auf Öl- und Erdgasquellen. An Assistenzsystemen bringt der Toyota viel mit – Kollisionswarnung mit automatischer Bremsung, adaptive Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent mit Seitenwindkorrektur, automatisches Fernlicht mit Voll-LED-Leuchten und Verkehrszeichenerkennung sind nur einige Beispiele. Die Lenkung könnte der Fahrerin oder dem Fahrer etwas mehr Rückmeldung über die Beschaffenheit der Fahrbahn geben, ist aber leichtgängig und präzise. Die Bremsen packen gut, das Fahrwerk ist SUV-mäßig hart abgestimmt. Für knapp 30.000 Euro gibt es viel Auto fürs Geld.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Hans-Robert Richarz
Auf zu den Ölfeldern im Voralpenland
... mit dem Toyota Yaris Cross
Veröffentlicht am {DATE:d.M.Y : DE} unter dieser Internetadresse: http://www.genussmaenner.de/index.php?aid=74572