Es war wohl einfach das zuverlässig gute Wetter und die schönen Pisten, die BMW bewogen haben, den neuen 7er in der Palm Springs vorzustellen. Aber es gibt sicher noch einen weiteren Grund: Die Dimensionen des neuen Flaggschiffs passen einfach besser in die kalifornische Wüstenstadt, wo die Straßen und Parkflächen groß genug für Straßenkreuzer und riesige Pickup-Trucks sind.
Denn der neue 7er sprengt die bekannten Dimensionen. 195 cm Breite und 154 cm Höhe sind noch im Rahmen des Klassenüblichen, von einer Länge von 539 cm lässt sich das nicht mehr behaupten. Aber das bajuwarische Spitzenmodell ist längst ein Chauffeurswagen geworden, der sich weit mehr an den Bedürfnissen von Kunden in Asien und Nordamerika als denen in Europa orientieren muss. Die Zahlen von BMW sprechen eine eindeutige Sprache: Nur noch neun Prozent des neuen 7er dürften in Europa verkauft werden, dafür jedoch 20 Prozent in den USA und stolze 45 Prozent in China.
Noch ein paar weitere Zahlen sind in diesem Zusammenhang interessant: Während die Kundschaft in China mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren zu den Millenials gehört, befinden sich die Kunden in Europa und den USA mit einem Durchschnittsalter in den hohen 50ern an der Schwelle von Generation X und Boomern. Ob es eine rein regionale Angelegenheit ist, wenn sich die Kunden in den USA zu 50 Prozent und in Europa sogar zu 70 Prozent für elektrifizierte Antriebe entscheiden, in China aber lediglich zu 25 Prozent? Oder ist die E-Mobilität eine Technologie für Boomer?
Es gibt wohl keine Baureihe, in der die Antriebe so regional diversifiziert sind wie beim neuen 7er: Europa bekommt nur den sehr sparsamen 740d mit 3,0-Liter-Sechszylinder-Dieselmotor (299 PS), die Sechszylinder-Benziner-Plug-In-Hybride 750e (489 PS) und 760e (571 PS) sowie den vollelektrischen i7 (544 PS). Auf anderen Märkten gibt es auch den 735i (als einzigen 7er mit Hinterradantrieb) sowie den stärkeren 740i und den 760i mit 544 PS starken 4,4-Liter-V8. Für uns waren dieser V8 sowie der i7 zu fahren. Weil BMW Verbrenner und Elektroauto auf die gleiche Plattform setzt, sind die Antriebsvarianten gut vergleichbar.
Doch zunächst zur Optik: Die Form ist eindrucksvoll und modern, die Proportionen eher dem Raumangebot als der Ästhetik gehorchend, wobei es die Möglichkeit gibt, den optischen Auftritt mit Chrom- oder M-Paketen sowie Zweifarben-Lackierung stark zu differenzieren. Die Türen öffnen elektrisch per App oder per Knopfdruck am Türgriff. Gleich hier werden die Passagiere entschleunigt: Die Portale geht erst einen Spalt auf und dann dauert es eine Gedenksekunde, bis die Sensoren am Schweller erkennen, ob genug Platz ist. Steht man falsch, passiert erst einmal gar nichts.
Schon beim Einsteigen fällt die moderne Kombination des optionalen Woll-Kaschmir-Stoffs mit Leder im Schulterbereich auf. Stoff, das gehört für nicht wenige Kunden inzwischen zu einer modernen Innenausstattung. Die sehr hochwertigen Materialien und hervorragende Verarbeitung zeigen, dass man in einem echten Luxuswagen sitzt. Die Sitze sind bequem, bei sportlicher Gangart wird sich später zeigen, dass auch der Seitenhalt passt. Sitzmassage, Belüftung und Heizung sind erstklassig umgesetzt.
Der als „Interaction Bar“ bezeichnete Lichtstreifen in Kristalloptik am Armaturenbrett und der 31 Zoll große „Theaterscreen“-Bildschirm im Fond sind die wohl auffälligsten Elemente in diesem Auto. Das alles wirkt sehr klar und aufgeräumt. Für die elektronikaffine Klientel sind, vom neuen BMW Operating System 8 unterstützt, vielfältige weitere Funktionen an den Bildschirmen zu erkunden. Angenehm finden wir, dass der Automatikschalthebel gegen einen Kippschalter ersetzt wurde, denn Ladeschale und Becherhalter sind nun ungestört zugänglich.
Das Head-Up-Display, ein Muss bei einem Luxuswagen, liefert das richtige Maß an Informationen; es ist gut ablesbar und unauffällig an der Oberseite der Armaturentafel integriert. Der Breitband-Bildschirm mit den Fahrinstrumenten ist leicht zu Fahrer hin gewölbt – eine kaum merkliche Verneigung vor der früheren BMW-Tradition der Fahrerorientierung.
Ein BMW-Ingenieur sagt, dass der i7 alles besser könne als der Verbrenner, und wir beginnen voller Neugier mit diesem Derivat. Mit einem Gewichtsdelta von rund einer halben Tonne im Vergleich zu den Sechszylinder ist er jedenfalls die bei weitem gewichtigste Interpretation der 7er-Reihe. Der i7 bringt stolze 2715 Kilogramm auf die Waage – und das ohne Extras und mit 19-Zoll-Rädern. Zuladung und Kofferraumvolumen sind geringer als bei den Verbrenner- und Hybrid-Varianten. Gleich beim Losfahren fallen die vom bekannten Filmmusik-Komponisten Hans Zimmer kreierten „E-Sounds“ auf – teils faszinierend, teils befremdlich.
Dank der Batterie im Boden liegt der Schwerpunkt tief (je weniger Passagiere auf der Batterie sitzen, desto tiefer) und in Kombination mit serienmäßiger Luftfederung, mitlenkender Hinterachse und Wankstabilisierung liefert der i7 sowohl luxuriösen Komfort als auch überraschende Sportlichkeit. Die Spreizung der Fahrmodi ist groß, der i7 lenkt präzise dahin, wo man ihn positionieren möchte. Die Beschleunigung ist gut, aber nicht brutal, genau richtig für einen Luxuswagen.
Die genießerische Fahrt durch den Joshua-Tree-Nationalpark lässt die Eigenschaften des i7 perfekt zur Geltung kommen. Nach vier Stunden Probefahrt kommen wir auf einen Verbrauch von 19,4 kWh (/100km). Die von BMW angegebenen Werte sind somit realistisch.
Prüfung bestanden, Umstieg in den 760i mit seinem neu entwickelten V8 – in Europa nicht bestellbar und damit eine „verbotene Frucht“. Neuerungen wie die abschaltbaren Auslass-Schlepphebel oder die weiter verbesserte Partikelfilter-Regeneration beweisen allerdings, dass die Entwicklung des Verbrenners noch lange nicht vorbei ist.
Beim 760i tritt an die Stelle der künstlichen Klänge des i7 das sonore Geräusch des großvolumigen Achtzylinders; dennoch ist er bei Konstantfahrt nicht lauter als das Elektromodell. Je nach Fahrmodus wird der Klang noch leicht verstärkt, um den Genuss zu steigern. Und diesen Genuss vermittelt auch das Fahrwerk mit Luftfederung und Integral-Aktivlenkung: Der 760er ist ein echter BMW, gerade auf kurvigen Pisten, man vergisst die ausladenden Dimensionen. Zweifellos ist er das emotionalere Auto, und es ist schade, dass den Kunden in Europa dieser Fahrgenuss entgehen wird.
Egal für welchen Antrieb man sich entscheidet: Der 7er steckt voller technischer Höhepunkte, Klimaanlage und Sitzbelüftung funktionieren auch bei Extremtemperaturen perfekt, der Klang der Bowers&Wilkins-Musikanlage unterstreicht den Luxus dieser Baureihe.
Im Konkurrenzumfeld profilieren sich 7er und i7 als überzeugender Neuzugang, wobei der i7 von der gemeinsamen Plattform mit dem klassischen 7er stark profitiert. Denn während Elektrofahrer beim Mercedes-Benz EQS im Vergleich mit der S-Klasse einige Abstriche in Kauf nehmen müssen, bietet der i7 praktisch alle Features des 7er. Uns hat die Baureihe mit beiden Antrieben gefallen, die Plug-In-Hybride fehlen noch, auf den Diesel sind wir sehr gespannt. Die Preise beginnen bei 114.300 Euro für den 740d, der i7 kostet 135.900 Euro. (aum/mkn)
Fotos: Autoren-Union Mobilität/Knödler
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... der BMW 7er und i7
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