Morgengruß von Helmut Harff: Türkischer Teppichhändler

Mag man die?



Autohändler, Versicherungsvertreter und türkische Teppichhändler – das sind alles Verbrecher!!! Komisch nur, dass wir fast alle schon mehrmals ein Auto – noch schlimmer, ein gebrauchtes gekauft haben und mehrere Versicherungspolicen besitzen.



Und wie ist das mit Teppichen? Da achten sehr viele nur auf die Maße und den Preis. Viele fragen im Möbelhaus oder beim Teppichgroßhändler nach Größe und Preis, aber kaum mal nach der Qualität. Wenn er passt, nicht viel kostet und einigermaßen aussieht, wird zugeschlagen. Niemand war da, einen zu beraten, Teppiche zu zeigen, vielleicht auch einen davon zu überzeugen, einen  Teppich zu kaufen, der länger oder sehr lange hält.



Schön, ewig halten auch handgeknüpfte Teppiche vom bösen türkischen Teppichhändler nicht. Die sind ja nicht aus Stahl, sondern aus Wolle, Baumwolle in verschiedenen Qualitäten oder echter Seide. Doch handgeknüpfte Teppiche werden häufig vererbt, halten sehr lange – wenn man sie nicht mit chemischen Mitteln reinigt.



Wenn man einen türkischen Teppichhändler wie das Carpet Weavers Center besucht, macht man sich sicherlich vorab kundig und erfährt nur schlimmes. Doch über wen erfährt man das nicht, welcher Autohändler, welcher Versicherungsvertreter, ja welcher Arzt kann in positiven Bewertungen baden? Würden wir nur zu solchen Menschen gehen, würden wir wohl nicht das Haus verlassen.



Ja, handgeknüpfte Teppiche sind teuer. Ja, man wird von dem Angebot schier erschlagen und man sollte schon wissen, was man will. Doch dieser Wille wird angesichts der tollen Stücke auf eine harte Probe gestellt. Es ist auch wie bei einer Versteigerung,  man sollte immer sein Budget im Kopf behalten.

Doch wird man über den Tisch gezogen? Das muss jeder selber für sich entscheiden. Wenn einem so ein Teppich den ausgemachten Preis – der immer verhandelbar ist - wert ist, dann ist er es eben.  Wer ein Moped aus DDR-Produktion oder einen Opel Manta oder einen Oldtimer haben will, der denkt auch nur in zweiter Linie, wenn überhaupt, an den Preis.



Dabei spricht vor allem noch etwas für den handgefertigten Teppich: Er ist wirklich nachhaltig. Er sorgt dafür, dass Frauen – Männer können nicht gut knüpfen – ein eigenes und nicht schlechtes Einkommen haben. Sie sind so nicht mehr abhängig von den Männer, teilweise die einzige Ernährerin der Familie. Das bedeutet auch, dass die Kinder in die Schule gehen können. Dazu nur mal eine Zahl: Im türkischen Erdbebengebiet sind 12.000 Knüpfstühle allein von einem Teppichhändler zerstört worden. Das heißt, 12.000 Frauen sind derzeit ohne Einkommen, so sie überhaupt überlebt haben.

Nachhaltig ist auch, dass man nicht alle Jahre einen neuen Billigteppich kauft, was wieder nicht nur die Umwelt schont.



Doch unter dem Strich muss jeder selber sehen – und meine ich wörtlich – ob er ein eben nicht für einige Euros erhältliches Unikat in seiner Wohnung liegen oder an der Wand hängen haben will. Ach ja: Wer sich so einen einmaligen Teppich kauft, sollte schon mal mit seinem Versicherungsvertreter über eine Anpassung der Hausratsversicherung reden.

Ich frühstücke jetzt mit der Besten Frau der Welt. Unter unserem Frühstückstisch liegt schon seit Jahren ein handgeknüpfter Teppich.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Christian, Axel, Emilia

Fotos: eigen

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