Hoi Köln – Teil 2

Im Bauch der Maschine



Die Künstliche Intelligenz macht große Schritte, generative Systeme erreichen neue Ebenen der Bild- und Textproduktion. Was bedeutet es für die Malerei, wenn sie von rechnenden Robotern hergestellt werden kann?

In der Vergangenheit bildeten technologische Sprünge oft der Beginn langer Phasen revolutionärer Häutungen der Kunst. Vor den Sprüngen konnte sich der Mensch noch einbilden, er besitze das Privileg, etwas zu können. Danach, plötzlich überholt von der Technologie, musste er sich nach der Decke strecken. Der Impressionismus verdankte sich den Wechselwirkungen mit der Erfindung der Fotografie und vieles in der postmodernen Malerei wurde angeregt durch die Erfahrung mit dem Computer. Gerade scheint wieder der Beginn einer solchen Phase auf, in der sich die menschengemachte Kunst an ihrem technologischen Spiegel abarbeiten muss. Was können diese Maschinen und wo kommen sie an ihre Grenzen? Mit der Frage, wie er sich von ihr unterscheidet, und der Suche nach seiner Nische schaut der Mensch durch die Maschine auf sich selbst.

Die Malerei scheint in diesem Moment des Zweifels, was die spezifischen Fähigkeiten des Menschen sind, ein besonders fruchtbares Medium. Im Eindruck der objektiven Perfektion der Apparate wirken die zögernde Hand, das Ungenügen und der Zweifel plötzlich wieder aufregend. Dabei war es lange Zeit gerade diese fleischliche Verbindung zur Subjektivität der Malenden, die ihnen als Schwäche vorgehalten wurde. Im Abdruck des Händischen lauere der Wunsch nach einem persönlichen Ausdruck, der als überwundenes Problem galt. Nun kehren Versuche der Gegenwart aber nicht zu einer ungebrochenen Subjektivität zurück. Sie begeben sich vielmehr in ein Kaleidoskop des Widersprüchlichen.

Der malende Mensch behauptet sich durch die Hand, beobachtet aber auch das Tun der Maschinen, lässt sich davon anregen oder ahmt die Apparate nach. Die Subjektivität wird gesucht, um ihr im nächsten Atemzug ein Stück weit zu entkommen.

Hinzu kommt ein weiterer Zwiespalt, zu dem sich verhalten werden muss: Die subjektive Kreativität gerann zu einem Klischee kapitalistischer Produktivität. Deren Speerspitze formen jetzt die gefeierten Maschinen der KI, indem sie ohne Ende unpersönliche Kreativität produzieren. Schwach bleiben sie aber vorläufig darin, sich selbst zu reflektieren und das besonders im Sinne der zerfleischenden Negativität, die sich so lange in Frage stellt, bis dieses seltsame Etwas entsteht, das Kunst genannt werden kann. Spätestens hier bleibt der Mensch gefragt. Die Jahre, in denen er faul den Maschinen bei der Arbeit zusehen kann, haben noch nicht begonnen.

Doch obwohl es eine Lücke besetzen kann, bleibt das von der menschlichen Hand Gemalte ambivalent. Aber gibt es etwas, was so reizvoll wäre wie das wiespältige?

Künstler: Marie Angeletti, Monika Baer, BLESS, Vittorio Brodmann, Jakob Buchner, Milena Büsch, Merlin Carpenter, Matthias Groebel, Fischli Weiss, Hansi Fuchs, Sophie Gogl, Hamishi Farah, Jacqueline Humphries, Dozie Kanu, Nora Kapfer, Morag Keil, Emil Michael Klein, Maggie Lee, Lorenza Longhi, Alan Michael, Kaspar Müller, Vera Palme, Gunter Reski, Jean-Frédéric Schnyder, Dennis Scholl, Nolan Simon, Lucie Stahl, Megan Francis Sullivan, Alfred d’Ursel, Amelie von Wulffen, Jie Xu, Barbara Zenner, Damon Zucconi

Jahresgaben 2023: Marie Angeletti, BLESS, Milena Büsch, Peter Fischli, Sylvie Fleury, Ryan Gander, Lorenza Longhi, Kaspar Müller, Vera Palme, Gunter Reski, Franz Erhard Walther, Nicole Wermers, Amelie von Wulffen, Barbara Zenner

Kölnischer Kunstverein
Hahnenstraße 6
50667 Köln
Telefon +49 (221) 21 70 21
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www.koelnischerkunstverein.de

Bild: Mareike Tocha

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