Ein giftiger Gefährte

... dieser Audi RS 3 Sportback



Seit seligen GTI-Zeiten galten sie in punkto Dynamik und Alltagstauglichkeit, nicht nur bei jüngeren Autofans, als das Maß der Dinge: Hot Hatches, kompakte, sportlich aufgebrezelte Schrägheckmodelle. In der Ära des SUV sind die Tage dieser Fahrzeuggattung allerdings gezählt. Eines der letzten Exemplare: der Audi RS 3 Sportback, mit 400 PS Leistung eine der Speerspitzen seiner Art und nur noch vom Mercedes AMG A45 S (421 PS) übertroffen. Mit einem besonders passend lackierten Exemplar haben wir (mehr als) eine Runde gedreht.

Die Farbe trägt der kompakte Kraftmeier schon mal zu recht: „Kyalamigrün“ heißt sie in der Audi-Welt, der Volksmund würde sie eher giftgrün nennen. Denn giftig reagiert das kleinste RS-Gefährt in jeder Situation, ob beim Ampelspurt, im Überholmanöver auf der Landstraße oder auch beim Abstecher auf der Rundstrecke. Beständig liegt der aufgeladene Fünfzylinder-Turbo mit seinen 500 Newtonmetern Drehmoment auf der Lauer, um bei Bedarf aus dem Stand – oder auch noch bei Tempo 150 – die Konkurrenz mit unbändigem Druck in den Wind-Schatten zu stellen, akustisch untermalt vom kehligen Röcheln der zweiflutigen Abgasanlage mit variabler Klappensteuerung und ovalen Endrohren.



Vor allem, wenn über die RS-Taste der Shortcut zu den verschärften Fahrprofilen gelegt wird, drückt die Launch Control in die gesteppten Sportsitze, das es einen nur so schwindelt. In 3,8 Sekunden katapultiert das 2,5-Liter-TFSI-Aggregat den Wagen dann auf Tempo 100 – und gefühlt noch etwas schneller. Die Spitze wird serienmäßig bei 250 km/h elektronisch limitiert. Er könnte auch bis 290 km/h, aber nur wenn das RS-Dynamikpaket inklusive Keramikbremse dazu gebucht wurde. Bei scharfer Fahrweise auf einer Rennstrecke simuliert das Kraftverteilungssystem quasi einen Hinterradantrieb, indem die Hinterachse deutlich mehr Drehmoment zugeteilt bekommt als die Vorderräder.

Aber auch schon das serienmäßige „drive-select“-Programm reicht vollkommen, um bei Bedarf auch mal den Sportwagen rauszukehren. Im „dynamic“-Mode zieht er dann die Zügel stramm, soll heißen, Gasannahme und Lenkung werden direkter, die Gänge höher gezogen und der Wechsel mit einer kurzen Zwischengas-Simulation und Auspuff-Sprotzen quittiert und auch die Dämpfer straffen sich. Überhaupt das Fahrwerk.



Der serienmäßige Quattro-Antrieb mit variabler Kraftverteilung war zwar schon immer eine sichere Bank, auf schnellem wie auch gerade auf feuchtem Untergrund. Im RS 3 Sportback setzt Audi außerdem einen so genannten „Torque Splitter“ ein, der über eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung das passende Moment auch noch zwischen den Hinterrädern verteilt. Mit dem Effekt, dass der Wagen besser in die Kurve eindreht und weniger über die Vorderräder schiebt.

Wechselt man auf dem Kippschalter hingegen in den „comfort“-Mode, lässt sich der RS 3 Sportback aber auch politisch korrekt durch den automobilen Alltag bewegen. Akustisch dimmt er dann – angesehen vom kurzen Aufbrüllen beim Start – auf Normalmaß herunter und auch die Gang- und Schaltstrategie reagiert deutlich unaufgeregter. Außerdem gibt es so überhaupt die Chance, den angegebenen Normverbrauch annähernd zu erreichen. Nach WLTP soll der bei maximal 9,5 Liter liegen, weniger als 11 Liter standen bei uns jedoch nie auf dem Bordcomputer. Gut am Gas hängt er weiterhin. Was nicht zuletzt dem aufmerksam arbeitenden 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe geschuldet ist, das so zügig und wachsam die Befehle des Fahrers in Vortrieb umsetzt, dass wir die Schaltpaddles am Lenkrad irgendwann vollkommen ignorierten.



Allein optisch kann er natürlich nicht ganz verbergen, dass er der Leitwolf der A3-Modellreihe ist – nicht nur wegen des giftgrünen Anstrichs. Schon der scharf geschnittene Singleframe-Grill mit schwarz-glänzendem Wabengitter inklusive der ebenso vergitterten, großen Lufteinlässe links und rechts sowie die schlitzigen LED-Scheinwerfer vermitteln einen Hauch Aggressivität. Breite Backen macht der RS 3 Sportback natürlich auch, wenn auch die Kotflügel so dezent ausgestellt sind, das der Unterschied erst beim zweiten Blick auffällt. Am Heck nimmt ein etwas unmotivierter Streifen im Stoßfänger das Wabenmuster von vorn wieder auf. Optional gibt es Matrix LED-Scheinwerfer.

Auch das Interieur des Audi RS 3 Sportback ist mit hochwertigen Materialien wie Leder, Carbon und Alcantara, einer sauberen Verarbeitung und RS-Designmerkmalen auf Sportwagen getrimmt. Das serienmäßige 12,3-Zoll-Virtual Cockpit zeigt viele sportliche Dinge an, wie etwa G-Kräfte, Beschleunigungs-Zeiten sowie die Anzeige der Drehzahl im sogenannten Runway-Design, wo die Werte ähnlich einer Flugzeug-Landebahn, in umgekehrter Richtung angezeigt werden. Das unten abgeflachte Lenkrad fasst sich gut an, die Bedienbarkeit des MMI-Infotainment über logisch verknüpfte und ergonomisch platzierte integrierte Tasten ist vorbildlich und schnell erlernt. Immer wieder ein echter Hingucker: die fotorealistische Navigation aus der Vogelperspektive.



Auch in Sachen Assistenzsysteme erlaubt sich der RS 3 Sportback keine Blöße. Vor allem der adaptive Temporegler und der Stauassistent erleichtert das nervige Stop&Go im zähen Verkehr. Deshalb irritiert umso mehr, dass keine Rückfahrkamera an Bord ist und man allein auf Piepstöne achten muss, um dessen kostbare Blechhaut vor Remplern zu schützen. Bei den Abmessungen und der Übersicht der kompakten Karosse auch im dichten Stadtverkehr zwar ein Luxus-Problem – aber immerhin eins, das sehr viel günstigere Kompaktwagen serienmäßig lösen.

Denn immerhin verlangt Audi mehr als 60.000 Euro für den RS 3 Sportback. Offizielle Preise gibt es nicht (mehr), weil die ersten Erlkönige des Nachfolgers schon gesichtet wurden und der Wagen im Audi-Konfigurator gar nicht mehr gelistet ist. Jedoch finden sich dort online immerhin noch konfigurierte Restbestände bei den Händlern der Republik, so etwa ab 62.569 Euro (Audi Zentrum Krefeld) oder in Kyalami-Grün ab 66.430 Euro im Audi-Zentrum Stralsund. (cen)

Foto: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald

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