Rusalka – ein tschechisches Wasserwesen

… bejubelt in der Deutschen Staatsoper


(Helmut Harff) Staatsoper und Musiktheater – das ist nicht unbedingt etwas, was sich bei mir gleich verbindet. Um so gespannter war ich auf die Inszenierung der tschechischen Oper „Rusalka“ aus der Feder von Antonín Dvořák und dem Librettisten Jaroslav Kvapil.

„Die Rusalka“ gehört nicht unbedingt zu den vielfach gespielten Opern. Rusalka, so ist auf der Homepage der Staatsoper zu lesen, ist ein Wasserwesen, das sich in den unerreichbar scheinenden Prinzen verliebt. Um einen Platz in dessen Welt zu bekommen und ihm nah zu sein, gibt sie sogar ihre Sprachfähigkeit auf und verändert ihre Gestalt. Aber kann Rusalka gegen ihre Natur leben? Kann eine Liebe Bestand haben, in der man seine Identität verleugnen muss?

Mit diesen wenigen Informationen im Kopf besuchte ich eine Aufführung der Dvořák-Oper. Schon die Ouvertüre nahm mich völlig in Beschlag. Toll, wie da Staatsopern-Debütant Robin Ticciati am Dirigentenpult alles aus der ohnehin sehr gut beleumdeten Staatskapelle heraus holte. Das sollte den ganzen Abend so bleiben. Die Inszenierung zeigt im Übrigen, dass man auch in tschechisch sehr gut singen kann - auch das ein Aha-Erlebnis.

Dann hob sich der Vorhang. Aha, so sicherlich nicht nur mein erster Eindruck. Nichts von romantischem Bühnenbild mit Wasserfall. Regisseur Kornél Mondruczó entschied sich für eine Wohngemeinschafts-Kulisse. Mit diesem ungewöhnlichen Bühnenbild holte er das Märchen ins hier und heute, jedoch ohne jede modernisierende, aufgepfropfte Regieattitüde. Das insgesamt dreistöckige Bühnenbild überzeugte. Darüber hinaus belastete es weder das Budget des Hauses noch die Bühnentechnik. Das könnte so manches Opernhaus sicherlich für sich adaptieren.

Ob das auch für die Sänger-Darstellerin der „Rusalka“ Christiane Karg gilt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Was und vor allem wie die 43-jährige Sopranisten der „Rusalka“ Leben einhaucht und Stimme verleiht, das darf getrost als einmalig, wenn nicht als sensationell bezeichnet werden. Was uns da die zarte Frau bietet, bekommt man so kaum einmal zu hören und schon gar nicht zu sehen. Sie ist die Inkarnation einer Sänger-Darstellerin, wie sie sich Walter Felsenstein – der „Erfinder“ des Musiktheaters - nicht besser hätte erträumen können.

Am faszinierendsten für mich war Christiane Karg dann, wenn ihr Antonín Dvořák den Mund verbot, ihr keine Note gönnte. Wie sie als gequältes Wesen eben nicht sang, sondern „nur“ spielte, das hatte ich noch nie so gesehen.

Da verwundert es nicht, wenn das Publikum zum Schluss Standing Ovations spendete. Der galt selbstverständlich nicht nur der „Rusalka“, dem Dirigenten Robin Ticciati und seinen Musikern, sondern auch dem kleinen aber umso feineren Ensemble.

Wer völlig beseelt einen ungewöhnlichen Opernabend erleben will, dem kann ich nur die „Rusalka“ an der Berliner Staatsoper ans Herz legen.

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