Morgengruß von Helmut Harff: Kleine Diktatoren

… im Ehrenamt



Seit meiner Kindheit höre ich Sprüche wie „Der hat ja zuhause nichts zu sagen", „… und hier hat er die große Klappe“ oder „Hier ist er der kleine König“. Ist etwas mehr Alkohol geflossen, unterstellt man „Der hat ja so einen kleinen“ oder „Der bekommt ja ohnehin keinen mehr hoch“.

Ja, gemeint sind immer Männer, zumeist die, die man gern als alte weiße Männer bezeichnet. Wobei alt hier zumeist schon jenseits der 30 beginnt. Also genauer sind Männer im Ehrenamt gemeint – selbstverständlich nicht alle, nicht einmal die Mehrheit. Gemeint sind vor allem Männer in Vorständen, Männer, die in Vereinen der unterschiedlichsten Art das Sagen haben.

Die einen versuchen ihre Auslegung des Kleingartengesetzes durchzusetzen. Andere wollen Vereine so ausrichten, wie sie es für richtig halten. All diesen Männern – und ich kenne da wirklich nur Männer – ist eigen, dass sie um ihre Position kämpfen. Das beinhaltet, dass man Netzwerke knüpft, dass man sich eine Gefolgschaft sichert. Es führt durchaus immer wieder zu Zank und Streit, zu persönlichen Angriffen und Verunglimpfungen. Nicht selten landen solche „Machtkämpfe“ sogar vor Gericht und folgt man Krimiserien seit dem Beginn des Fernsehens, so enden Gerangel um das Sagen in Vereinen in Mord und Totschlag.

Doch warum sind Männer – und ich glaube es sind gar nicht wenige – so? Was bewegt sie, unbedingt in Vereinen das Sagen zu haben, in Vereinen, in denen es zumeist um nichts weiter als eine organisierte Freizeit, um Hobby, um Spaß geht? Stimmen die Sprüche oben etwa? Sicherlich steckt da mehr als nur ein Körnchen Wahrheit drin. Doch warum merken die Männer nicht, was sie sich, ihren Familien, ihrem Umfeld und vor allem ihren Vereinen da antun? Was bringt ihnen ihre „Macht“, ihre „Machtkämpfe“ in zumeist völlig belanglosen Vereinen, deren Fehlen höchstens deren Mitgliedern auffallen würde?

Ehrlich, so ganz kann ich diese Spezies Mann nicht verstehen, denn diese kleinen Diktatoren machen nicht nur ihrem Umfeld, sondern auch sich selber das Leben schwer. Oder überwiegt das die Lust an der kleinen Macht auf Zeit? Ist der Antrieb, sich überall als Vorsitzender – später sogar als Ehrenvorsitzender – vorstellen zu können? Ist der Anreiz vielleicht die Auszeichnung mit einer goldenen Ehrennadel oder die Hoffnung darauf, dass der neue Vorstand zur eigenen Beerdigung mit einem Kranz und salbenden Worten ans Grab tritt?

Ich freue mich jetzt auf mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt, die eine tolle Ehrenamtlerin ohne jede Machtallüre ist. Habe ich ein Glück.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Johann Nepomuk, Adolf

Foto: Pixabay

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