Der Leuchtturm am Weserbergland

Glosse von Peter Schwerdtmann



In der schon immer ein bisschen konservativen niedersächsischen Residenzstadt Bückeburg plant die Politik ein Leuchtturmprojekt: Die Stadtväter ringen um einen überdachten Parkplatz in der Innenstadt mit Solardach und fünf Ladesäulen.

In der Naivität Gutgläubiger erkennen sie nicht, dass diese Anlage an guten Tagen bei strahlender Sonne mit 60 kWh gerade genug Strom für ein einziges batterieelektrisches Auto liefern kann. Die anderen vier E-Autos dürfen derweil auf E-Parkplätzen Qualitytime im Schatten genießen.

Alternativ könnte der Strom auf die fünf Fahrzeugbatterien verteilt werden. Wenn die als Dauerparker den ganzen Tag am Solar-Carport hängen, haben sie zum Feierabend Energie für rund 50 Kilometer nachgeladen. Nun ist der Landkreis Schaumburg nicht so groß. In den meisten Fällen sollte der Strom für den Heimweg innerhalb der Kreisgrenzen reichen. Die fünf glücklichen E-Bürger werden es der gesamten Bürgerschaft hoch anrechnen, jedenfalls im Sommer.

Bückeburg lässt sich diesen Leuchtturm rund 100.000 Euro kosten. Würde der Solarstrom vom Dach nicht in fünf dauergeparkte Elektroautos fließen, sondern gleich ins öffentliche Netz, rechnen die Bückeburger mit 20.000 kWh pro Jahr. Bei der aktuellen Einspeisegebühr hätte sich der Leuchtturm nach mehr als 60 Jahren rentiert. Die Investition reicht also weit in die Zukunft, so wie man es von einem Leuchtturmprojekt erwartet.

Wer aber in diesen Tagen denkt, alles sei gut, wenn man das Auto mit Verbrennungsmotor durch eines mit elektrischem Antrieb ersetze, der hat die Verkehrswende nicht verstanden. Die Bückeburger haben verstanden. Sie wollen die Lademöglichkeiten unter dem Solardach auch für E-Bikes und Pedelecs vorhalten. Kommentar eines Lokalpolitikers: Nie würde er sein e-Bike so lange unbewacht an der Ladestation stehen lassen.

Es gibt also noch Realisten. Aber auch Bedenkenträger. So beklagte jetzt ein Befürworter des hochtrabenden Plans, schon seit 2021 werde am Solar-Carport-Plan herumgemäkelt. Doch in der verträumten Residenzstadt am Rande des Weserberglands wollen sie sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Dazu ist ihnen das Klima zu wichtig. (cen)

Foto: Auto-Medienportal.Net

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