Morgengruß von Helmut Harff: Kintopp mit Musike

Ich bin noch immer verwirrt


Ich war gestern in der Berliner Staatsoper – vielen Dank für die Pressekarte. Auf dem Spielplan stand „Melancholie des Wiederstandes“.  „Mélancolie de la Résistance“ – so der Originaltitel der Oper von Marc-André Dalbavie, einer Auftragsarbeit der Staatsoper. Der Text, basierend auf einem Roman von László Krasznahorkai, stammt von Guillaume Métayer in Zusammenarbeit mit David Marton.

Soviel zu den Fakten. Aber, ein großes aber, ich bin noch immer verwirrt. Nicht, dass ich ein Problem mit moderner Oper habe, aber mit dem was ich gestern vor allem zu sehen bekam, habe ich noch immer große Probleme. Zuerst habe ich ein Problem damit, warum man ein Werk von 2 Stunden und 15 Minuten ohne Pause durchspielt. Das verstehe ich nicht. Bitte beim Besuch, den ich dennoch empfehle, unbedingt Wasser mitnehmen.

Und dann empfiehlt es sich, die Ankündigung genau zu lesen, denn das steht „eine filmische Oper“. Das ist eine absolute Untertreibung, denn zumindest gefühlt spielt sich 90 Prozent der Oper auf der Leinwand ab. Das reale Spiel findet so gut wie nicht in einem Nicht-Bühnenbild statt. Gesungen wird auf französisch.

Für alle, die das nicht verstehen, werden Obertitel in deutsch und englisch eingeblendet. Wer nicht an Genickstarre leiden will, sollte Karten für den 1. oder 2. Rang  Mitte kaufen. Die riesige Leinwand ist da ebenfalls sehr gut zu sehen.



Über die sängerischen Leistungen kann ich nur schwer etwas sagen, da die Oper ja auf der Leinwand stattfand und so gut wie kein Ton Life zu hören war. Anders die Staatskapelle Berlin. Die zeigte unter der Leitung der zauberhaften und tempramentvollen Marie Jacquot, wie toll diese Musik ist. Die Bravos beim Schlussapplaus waren mehr als berechtigt.

Verstört hinterlassen hat mich das, was ich zusehen bekam, was David Morton als Regisseur und Chris Kondek als Director of Photography, da auf die Bühne und vor allem auf die Leinwand brachte. Wer immer „Mélancolie de la Résistance“ besuchen will, sollte auf die Altersempfehlung „ab 16 Jahre“ beachten.

Ach ja, das Publikum: Ich war noch nie in einer Oper, in die so viele junge Menschen strömten. Der Altersdurchschnitt bei der sehr gut verkauften Vorstellung lag aus meiner Sicht unter 40. Der Applaus nach über 2 Stunden zeigte, dass man vieles richtig gemacht hat. Ich hätte gern Mäuschen gespielt und zugehört, wenn sich die Opernbesucher über dieses Erlebnis unterhalten.

Auch wenn ich noch immer irritiert bin und mich mit einer Oper nach dem Mode-Regiemotto „Kintopp mit Musike“ nicht anfreunden kann, kann ich den Besuch vor allen denen empfehlen, die nicht so leicht zu verstören sind.

Frei von jeder Verstörung ist mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Kilian, Amalia, Edgar

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