JENSEITS DER MITTE. SKIZZEN AM RANDE

... in der Kunsthalle Bremen



„Jenseits der Mitte“ (4. September 2024 bis 5. Januar 2025) ist die weltweit erste Ausstellung, die sich dem künstlerischen Phänomen der Skizzen am Rande in der Druckgraphik widmet. Anhand von über 100 Werken wird die Entwicklung der sogenannten Randeinfälle genannt, vorgestellt. Die detailreichen, humorvollen Skizzen stammen unter anderem von Eugène Delacroix, Edouard Manet und Käthe Kollwitz. Die Werke waren Probedrucke mit begrenzter Auflage, die schnell zu begehrten Sammlerstücken wurden.

Die Kombination von einem Stift und einem weißen, noch leeren Blatt übt seit jeher eine große Faszination auf den Menschen aus. So geht es auch Künstler*innen, die mit den jungfräulichen Rändern ihrer Druckplatten konfrontiert werden. Gerade die sonst blanken Ränder bieten Kunstschaffenden einen Raum der Möglichkeiten zur Entfaltung und Erprobung spontaner Ideen. An diesen sonst unscheinbaren Rändern eröffnen sich künstlerische Spielräume für ein breites Spektrum kurioser Motive: Hier jagt eine Herde Wildpferde über das Papier, dort verfolgt ein Obelisk einen Pierrot-Clown oder begleitet eine Katze eine Schlittenfahrt. Durch die Kuriosität dieser humorvollen Szenerien wird der Blick der Betrachtenden vom eigentlichen Hauptbild abgelenkt und driftet zusehends in die Randgebiete des Blattes ab, wo die Skurrilität der künstlerischen Einfälle das Auge zum Verweilen verlockt. Die Peripherie des Blattes wird durch die reizvollen Skizzen von einer Neben- zu einer Hauptsache. Der sonst so triviale Bildrand wird aufgewertet und gerät ins Rampenlicht.

Diese Randskizzen haben aber noch einen ganz anderen, technischen Hintergrund. Insbesondere ab dem 18. Jahrhundert wurden sie dazu verwendet Probedrucke zu kennzeichnen, d.h. Abzüge, die der Künstler eigentlich zum privaten Gebrauch anfertigte, um sich dem Zustand seines Motivs zu versichern bevor dieses vom Verleger für größere Auflagendrucke in Umlauf gebracht wurde. Diese mit sogenannten Randeinfällen (franz. remarques) versehenen Probedrucke stellen eine Art Limited Edition dar, die insbesondere Sammler seltener Druckgraphiken angesprochen haben dürfte. Bis heute zählen sie zu den besonders begehrten Sammlerstücken, da sie in viel kleinerer Zahl gedruckt wurden als die für die breitere Masse bestimmten Großauflagen. So markieren die oftmals humorvollen Randfigürchen gleichzeitig die Seltenheit dieser Drucke.

Die Kunsthalle Bremen widmet diesem reizvollen künstlerischen Phänomen der Randeinfälle in der Druckgraphik nun die weltweit erste Ausstellung. Anhand von über 100 Werken des Kupferstichkabinetts wird die Entwicklung dieses Phänomens von ihren Ursprüngen in der barocken Radierung bis zu ihren Ausläufern in der Lithographie des 20. Jahrhunderts anschaulich vorgestellt. Die Ausstellung stellt eine Vielzahl bedeutender Werke des Kupferstichkabinetts von Künstler*innen wie Stefano della Bella, Claude Lorrain, Eugène Delacroix, Édouard Manet, Edvard Munch, Käthe Kollwitz, Georges Braque und Pierre Alechinsky ins Zentrum.

Katalog

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der die erste wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Randeinfalls in der Druckgraphik bietet.

Kunsthalle Bremen
Am Wall 207
28195 Bremen
www.kunsthalle-bremen.de

Bild: Adolphe Willette, Entkleidete (Detail), ca. 1890er Jahre, Lithographie

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