Mit seinen abstrakten „Zeichentafeln“ war Hasso Gehrmann in den 1950er Jahren unter anderem im Pariser Salon des Réalités Nouvelles, in der Kunsthalle Mannheim und der Società Dante Alighieri in Rom vertreten. Seine für den Haushaltsgerätehersteller Elektra Bregenz in den 1960er Jahren entwickelte „Erste vollautomatische Küche der Welt“ gelangte nach aufsehenerregenden Präsentationen auf internationalen Möbelmessen ins Deutsche Museum München.
Viele seiner weiteren Erfindungen blieben – so wie auch sein philosophisches Konzept einer „Meta-Kunst“ – einem engen Kreis an Kennerinnen vorbehalten. Anlässlich des 100. Geburtstages von Hasso Gehrmann (1924 Weißenfels/D, ꝉ 2008 Bregenz/A) zeigt das vorarlberg museum erstmals eine umfassende Zusammenschau seines multidisziplinären Werks. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
Er zeichnete, malte, formulierte und konstruierte unablässig Bilder des Menschen – Menschen in realen wie auch imaginierten Situationen und Zuständen. Das Spektrum ihrer Darstellung reicht von einem expressiven Realismus der Nachkriegszeit über die Reduktion auf gestische und mimische Merkmale bis zu „biomorphen“ Abstraktionen von Mensch und Natur. Hasso Gehrmann, der ab 1960 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Bregenz fand, ging es so wie manchen anderen Vertretern der abstrakten Kunst zunächst um die Formulierung einer kulturell übergeordneten und zugleich wertfreien Bildsprache. In seinen „Zeichentafeln“ und „Kompositionen“ tauchen Chiffren und Codes für Gesichter, Pflanzen, Felsen, Menschen- und Himmelskörper auf, die gemeinsam mit rein gegenstandslosen Bildelementen in visuelle Kommunikation geraten.
In weiterer Folge nehmen diese Zeichen wieder figurative Gestalt an – und ihr Umraum erweitert sich von der Bildfläche in die Tiefe. Dort stehen, tanzen, fliegen sie, schauen mal wie versteinert in sich hinein oder mal hinaus in weite Fernen. Die gewohnten Koordinaten von Zeit und Raum werden instabil, so wie die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit
verschwimmen.
Zugleich gibt es im Werk Hasso Gehrmanns auch ganz reale Räume, die er als Industrial Designer der Elektra Bregenz und des BBC-Konzerns für den täglichen Gebrauch des Menschen entworfen hat. Ihr Innenleben ist stets multifunktional und mobil, das Badezimmer kann zum Schlafraum mutieren, die Küche als Esstisch dienen. Seine um 1969 konzipierte „erste vollautomatische Küche der Welt“ Elektra Technovision steht – erstmals in der Geschichte des Küchendesigns – frei im Wohnraum, erfüllt auf knapp 5m² Grundfläche alle Funktionen einer Einbauküche und kann von allen Bewohner*innen individuell oder gemeinschaftlich bedient und genützt werden.
Der Mensch steht auch in Gehrmanns theoretischem Werk im Zentrum: In seiner ab 1975 entwickelten „Subjektiven Geometrie“ bildet jedes Individuum den Seinsmittelpunkt. Dabei sind Raum und Zeit nicht vorgegeben, sondern sie können „als Medien des Auseinandersetzens und Vereinens auf- und abgerufen werden“.
Kunst, Design und Philosophie bilden in Hasso Gehrmanns Werk desgleichen einen „Verein“. In der Ausstellung im vorarlberg museum, die erstmals alle drei Schaffensbereiche aus sechs Lebensjahrzehnten mit über 80 ausgewählten Werken zur Darstellung bringt, sind sie abschnittsweise auch für sich zu betrachten.
Kurator*innen
Ute Pfanner, Lucas Gehrmann
Katalog
Hasso Gehrmann. Vom Tafelbild zu Metakunst.
Verlag für moderne Kunst, Wien 2025.
mit Textbeiträgen von Renate Breuß, Hasso Gehrmann, Lucas Gehrmann, Michael Kasper, Markus Krajewski, Andreas Müller, Ute Pfanner und Karlheinz Pichler.
Grafische Gestaltung: Andreas Müller
ISBN 978-3-99153-166-1
Do, 3. Juli, 18.00 Uhr
Führung mit Kurator Lucas Gehrmann und Kunsthistoriker Rudolf Sagmeister
Für Schulklassen sind Workshops zur Ausstellung buchbar unter
kulturvermittlung@vorarlbergmuseum.at
vorarlberg museum
Kornmarktplatz 1
6900 Bregenz
Bild: Hasso Gehrmann (1924–2008) Künstler, Designer und Philosoph
Foto: Selbstbildnis mit Raum-Zeit-Modul, 1989; Privatbesitz
HASSO GEHRMANN (1924–2008). KÜNSTLER, DESIGNER UND PHILOSPH
Eine Begegnung im Vorarlberg Museum
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