
(von Josef Scheppach) Mit „Asterix in Lusitanien“, dem 41. Band der Kultreihe, verbinden Didier Conrad und Fabrice Caro (Fabcaro) Klassik und Gegenwart auf ungewöhnlich harmonische Weise. Die Gallier reisen diesmal in die römische Provinz des heutigen Portugals, um einem lusitanischen Freund zu helfen und eine Intrige gegen Cäsar aufzudecken. Dabei spielen nicht nur Handlung und Zeichnung eine Hauptrolle – auch die Namen sind wieder voller Hintersinn.
Eine parodistische Fusion
Seit René Goscinny das Prinzip der sprechenden, doppelbödigen Namen geprägt hat, sind sie das Rückgrat des Asterix-Humors. Fabcaro führt diese Tradition nicht nur fort, sondern aktualisiert sie ironisch auf das 21. Jahrhundert. Ein Paradebeispiel: der machtgierige Römer Marcus Zuckergus, der sämtliche „Informationspapyri des Reiches“ kontrolliert – eine kaum verhüllte Anspielung auf Mark Zuckerberg und seine Datendominanz. Analog dazu taucht ein visionärer Geschäftsmann namens Elonmus auf, eine parodistische Fusion aus Elon Musk und römischer Selbstüberschätzung. Beide gehören zur Elite um Präfekt Fetterbonus, der auf einer prunkvollen „Galeere Davos“ gleichsam das antike Äquivalent des Weltwirtschaftsforums abhält.
Satirisches Augenzwinkern
Besonders gelungen ist jedoch der neu eingeführte Zenturio Pistorius. In seiner Physiognomie unverkennbar an den britischen Komiker Ricky Gervais angelehnt, trägt er im deutschen Text zugleich den Namen des aktuellen Verteidigungsministers Boris Pistorius. Diese Doppelbedeutung ist typisch für den Asterix-Humor: ein satirisches Augenzwinkern, das zugleich zeitgenössische Bezüge und politische Aktualität transportiert. Auf diese Weise wird das antike Rom zu einer Folie, auf der sich die Absurditäten moderner Machtstrukturen spiegelt.
Auch andere Namen knüpfen an diese Tradition an: Der inhaftierte LusitanierSchãoprozes ist ein sprechendes Beispiel für Fabcaros feinen Wortwitz – eine Mischung aus dem portugiesischen Lautbild und der Anspielung auf „Scheinprozess“. Noch pointierter wird es in den Nebenfiguren: Karies, der Spitzel des Präfekten, erinnert an den faulenden Zahn der Macht und greift zugleich ein typisches Asterix-Motiv auf – körperliche Metapher als Satireinstrument.
Meisterleistungen im Asterix-Kosmos
Die Komik entsteht also nicht allein aus Handlung und Dialog, sondern tief aus der Sprache selbst. Jedes Album der Reihe war immer auch eine linguistische Spielwiese, auf der Übersetzer wie Klaus Jöken entscheidend zur Wirkung beitragen. Jökens Kunst liegt darin, französischen Wortwitz und kulturelle Mehrdeutigkeit so ins Deutsche zu übertragen, dass neue Resonanzen entstehen, ohne das Original zu verraten. Dass „Pistorius“ im Französischen ganz anders klingt und dennoch den gleichen satirischen Punch behält, ist eine dieser kleinen Meisterleistungen im Asterix-Kosmos.
Thematisch bleibt „Asterix in Lusitanien“ ein Abenteuer über Freundschaft, List und Identität, doch die sprachliche und karikaturhafte Ebene verleiht dem Band zusätzliche Tiefe. Hinter dem Lächeln über Namen wie Zuckergus oder Elonmus steckt eine Beobachtung über ein Europa, das sich von Datensammlern und Ego-Projektanten leiten lässt – eine Welt, die irgendwann vielleicht sogar Cäsar selbst übertrifft.
Am Ende bleibt ein Band, der die Reihe würdevoll fortsetzt – mit Herz, Witz und einem Hauch Melancholie. Die Gallier reisen zwar in die Ferne, aber sie nehmen uns zugleich mit zurück in jene unbeschwerte Lesewelt, in der alles mit einem kleinen gallischen Dorf begann.
Foto: ©egmont.de
Asterix in Lusitanien
Wo Zuckergus, Elonmus und Pistorius regieren
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