
Mit den ersten Frostnächten steigen die Unfallrisiken auf den Straßen sprunghaft an. Und zwar oft dort, wo die Gefahr kaum zu erkennen ist. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH fasst die wichtigsten Winterfallen zusammen und gibt konkrete Verhaltenstipps für mehr Sicherheit auf glatter oder schneebedeckter Fahrbahn.
Fahrbahn und Haftung: Reifglätte und Blitzeis entstehen häufig bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt – bevorzugt auf Brücken, in Senken und in schattigen Waldschneisen. Der Übergang von „nass“ zu „eisglatt“ kann binnen Sekunden erfolgen. Wer auf glatten Flächen sicher unterwegs sein will, fährt vorausschauend, hält große Abstände ein und dosiert Lenk-, Brems- und Gaspedalbewegungen mit viel Gefühl sanft. Besonders kritisch ist gefrierender Regen: Innerhalb weniger Minuten bildet sich eine spiegelglatte Eisschicht, die selbst Fußgänger unverhofft ins Schleudern bringen kann. In Spurrillen droht bereits bei moderaten Geschwindigkeiten Schneematsch-Aquaplaning. An Ampeln, Kreisverkehren, Fußgängerüberwegen sowie an Steigungen und Gefällen „poliert“ der Verkehr die Oberfläche zusätzlich – beim Annähern frühzeitig Tempo reduzieren, anfahren mit leichtem Gasfuß und in einem höheren Gang als gewohnt, um die Antriebskräfte zu reduzieren.
Sicht und Wahrnehmung: Dichter Schneefall und Verwehungen erschweren die Orientierung, Leitpfosten und Fahrbahnränder sind oft nur schemenhaft zu erkennen, Fahrbahnmarkierungen mitunter gar nicht. Vor Kuppen und in Kurven gilt: früh vom Gas, Blick weit nach vorn und falls möglich an Leitplanken sowie Leitpfosten orientieren. Nebel reduziert nicht nur die Sicht, sondern kann sich als Eiskristallfilm auf Scheinwerfer, Kameras und Fahrzeugsensoren legen. Eine tief stehende Wintersonne kann auf nasser oder vereister Fahrbahn besonders stark blenden. Saubere, fettfreie Scheiben innen wie außen, funktionierende Wischer, ausreichend Wischwasser mit Winterzusatz sowie ein intaktes Gebläse oder eine einwandfrei funktionierende Klimaanlage reduzieren Gefahren wie diese enorm. „Eisgucklöcher“ sind brandgefährlich: Für perfekte Sichtverhältnisse müssen vor Fahrtbeginn alle Glasflächen inklusive der Außenspiegel komplett enteist und beschlagfrei sein, das schreibt die Vernunft wie auch der Gesetzgeber vor.
Recht und Reifen: In Deutschland gilt eine situative Winterreifenpflicht. Bei Glatteis, Schnee, Schneematsch, Eis oder Reifglätte dürfen nur geeignete Reifen gefahren werden. Verstöße ziehen Bußgelder nach sich und können den Versicherungsschutz beeinträchtigen. Seit dem 1. Oktober 2024 sind bei winterlichen Verhältnissen ausschließlich Reifen mit dem Alpine-Symbol zulässig (Bergpiktogramm mit Schneeflocke), die M+S-Kennzeichnung allein genügt nicht mehr. Bei Winterreifen empfiehlt die GTÜ ein Restprofil von mindestens vier Millimetern. Darunter lässt die Traktion auf Schnee und Matsch merklich nach. Reifen altern unabhängig von der Laufleistung. Als Faustregel gilt: Nach etwa sechs Jahren über einen Austausch der Pneus nachdenken. Das Herstellungsdatum lässt sich über die DOT-Nummer an der Reifenflanke ablesen. Viele GTÜ-Prüfstützpunkte bieten in der dunklen Jahreszeit Licht- und Reifen-Checks an – ein kleiner Zeitaufwand mit großem Sicherheitsgewinn.
Fahrzeug und Physik: Kalte Reifen liefern deutlich weniger Grip, bis sie auf Temperatur sind – Pneus mit wenig Profil ebenfalls. Kälte senkt außerdem den Reifendruck, daher sind regelmäßige Kontrollen entsprechend der Herstellerangaben notwendig. Fahrerassistenzsysteme wie Antiblockiersystem ABS und elektronisches Stabilitätsprogramm ESP stabilisieren das Fahrzeug in brenzligen Situationen, können jedoch die Physik nicht aushebeln.
Abstandstempomat, Notbrems- und Spurhalteassistent benötigen freie Sicht: Radar- und Kameraflächen sollten regelmäßig von Schnee und Eis befreit werden, sonst droht eingeschränkte Funktion. Zusätzlich fordert die Kälte die Starterbatterie von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, wenn starke Verbraucher wie Lüftung, Sitz- und Heckscheibenheizung das Bordnetz belasten. Warnzeichen wie etwa Startprobleme, flackernde Scheinwerfer oder Fehlermeldungen legen den Kauf einer neuen Batterie nahe.
Umfeld und andere: Schneepflüge und Streufahrzeuge sind breit, schwer und erzeugen starke Verwirbelungen. Hinter ihnen kann sich die Haftung auf der Fahrbahnoberfläche schlagartig ändern – frisch gestreut trifft auf blankes Eis. Überholmanöver sind nur mit großer Reserve und vorausschauend geplant sinnvoll – auch, um die Arbeit des Winterdiensts nicht zu behindern. Außerdem ist die Straße vor dem orangen Fahrzeug noch erheblich winterlicher als dahinter. Akute Gefahr geht von Schnee- und Eisplatten aus, die von Lkw- oder Autodächern herabfallen, insbesondere bei Tempowechseln oder Kurven, auf Brücken oder an Ein- und Ausfahrten. Nach Kuppen oder in unübersichtlichen Biegungen ist jederzeit mit liegengebliebenen Fahrzeugen zu rechnen. In der Dämmerung und nachts steigt überdies die Wahrscheinlichkeit für einen Wildwechsel – Wildtiere bevorzugen geräumte und gesalzene Straßen. Reduziertes Tempo und erhöhte Bremsbereitschaft an Waldschneisen und entlang von Feldern und Wiesen sind deshalb ratsam.
Brennpunkte respektieren: Besonders aufmerksam sollten Autofahrer an Brücken und Rampen sein, die schneller auskühlen und zuerst vereisen. Waldschneisen und Nordhänge bleiben häufig länger glatt. Gefährlich sind außerdem ausgefahrene Spurrillen, Kuppen und Kurvenausgänge sowie Kreisverkehre, Fußgängerüberwege und Ampelbereiche. Wer diese Abschnitte frühzeitig erkennt und Tempo wie Lenk- und Pedalbewegungen entsprechend anpasst, erhöht das sichere Ankommen am Ziel ganz erheblich.
Quelle: GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH
Wenn Straßen zur Rutschbahn werden
Die GTÜ warnt vor Winterfallen im Straßenverkehr
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