Migräne wird oft falsch behandelt

... ergab einen Studie des UKE


In Deutschland leiden etwa acht bis zehn Prozent der Männer und zehn bis 25 Prozent der Frauen unter Migräne.

Obwohl Leitlinien zur Behandlung und Prophylaxe von Migräneanfällen existieren, erhalten derzeit mehr als ein Drittel von ihnen keine adäquate, leitliniengerechte Behandlung ihrer Beschwerden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE).

Ergebnisse der Migräne-Studie des UKE

Für die Studie wurden 1.935 Patienten untersucht, die sich zwischen 2010 und 2018 wegen Migräne in der Kopf- und Gesichtsschmerzambulanz des UKE vorstellten. Die Ergebnisse:

- Bei den untersuchten Patienten reichte die bisherige Behandlung nicht aus, um die Schmerzen in der Griff zu bekommen . Im Jahr vor dem Besuch in der UKE-Ambulanz hatten die Betroffenen wegen ihrer Beschwerden im Durchschnitt rund sieben Mal einen Arzt aufgesucht.

- Bei der Hälfte der Betroffenen waren überflüssige Untersuchungen wie Magnetresonanz- und Computertomographien des Kopfes durchgeführt worden. Keine der Aufnahmen hatte zu einer Änderung der Diagnose geführt.

- Jeder dritte Patient hatte keine angemessene leitliniengerechte Therapie, obwohl fast alle Patienten zuvor in ärztlicher Behandlung waren, knapp 75 Prozent sogar beim neurologischen Facharzt.

- Wenn die Betroffenen Kopfschmerzmedikamente erhielten, waren diese oft wenig geeignet oder die Dosierung war nicht passend. Das ist bedenklich, weil eine Überdosierung von Schmerzmedikamenten zu einer Verstärkung der Beschwerden führen kann. (Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz)

- Menschen mit drei oder mehr Migräneattacken pro Monat sollten laut der Leitlinien-Empfehlung vorbeugende Medikamente erhalten (Migräne-Prophylaxe). Über 600 Patienten hatten aber bis zur Vorstellung im UKE keine Prophylaxe erhalten, obwohl sie zu der Gruppe gehörten. Eine Folgestudie zeigte, dass über 70 Prozent dieser Patienten durch die Gabe von Medikamenten zur Migräne-Prophylaxe eine Besserung erfuhren.

Chat-Protokoll: Migräne richtig behandeln

Migräne ist mehr als heftiger Kopfschmerz. Auch Licht, Geräusche und Bewegungen können zur Qual werden. Der Neurologe Prof. Dr. Arne May hat im Chat Fragen zum Thema beantwortet.

Studie: Migräne wird oft falsch behandelt

Wer an Migräne leidet, wartet oft lange auf die Diagnose und wird nicht optimal behandelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Universitätskrankenhauses UKE in Hamburg. https://thejournalofheadacheandpain.biomedcentral.com/articles/10.1186/s10194-019-1034-8

Gründe für die Unterversorgung

Gründe für die falsche Behandlung von Migräne-Patienten liefert die Studie nicht. Als mögliche Ursachen kommen in Frage:

- Ärzte und Ärztinnen sind nicht ausreichend ausgebildet, haben falsche Vorstellungen über das Krankheitsbild oder keine Erfahrung in der leitliniengerechten Migränetherapie

- Das Vergütungssystem im Gesundheitswesen setzt falsche Anreize: apparative Diagnostik und invasive Behandlungen werden oft besser entlohnt als konservative Therapien mit ausführlichen Gesprächen und individueller Beratung

- Patientinnen und Patienten werden nicht gut genug beraten und geschult, um eigenverantwortlich zu handeln

- Patienten scheuen die Einnahme von speziellen Migränemitteln („Das sind ja Hammer“) oder lehnen eine langfristige Therapie mit vorbeugenden Medikamenten ab.

Leitlinien für Migräne-Behandlung



Die Leitlinien zur Behandlung von Migräne wurden zuletzt im Jahr 2019 von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) aktualisiert und veröffentlicht. Sie geben Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der Erkrankung und orientieren sich dabei am aktuellen Stand der Wissenschaft. Die Empfehlungen zur Therapie und Prophylaxe von Migräneanfällen umfassen medikamentöse und nichtmedikamentöse sowie interventionelle Verfahren. Sie müssen an jeden Fall individuell angepasst werden.
Nichtmedikamentöse Prophylaxe

Die Wirksamkeit von nichtmedikamentösen Behandlungsstrategien zur Prophylaxe von Migräneanfällen wird oft unterschätzt. Dabei hat gerade Stress einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Auftreten von Migräneanfällen.

Um Migräneanfällen vorzubeugen, haben sich folgende Maßnahmen als wirksam erwiesen:
- regelmäßiger Ausdauersport
- Verhaltenstherapien, zum Beispiel Entspannungsverfahren und Biofeedback
- psychologische Schmerztherapie
- kognitive Verhaltenstherapie

Medikamentöse Prophylaxe

Eine medikamentöse Prophylaxe ist notwendig, wenn die Betroffenen mehr als drei Anfälle pro Monat haben und diese die Lebensqualität beeinträchtigen, wenn die Anfälle regelmäßig länger als 72 Stunden anhalten oder nicht auf die in der Leitlinie empfohlen Akuttherapie reagieren.

Zur medikamentösen Prophylaxe von Migräneanfällen empfehlen die Leitlinien:
- Betablocker (Metoprolol, Propanolol)
- Kalziumkanal-Blocker (Flunarizin)
- Antiepileptika (Valproinsäure)
- trizyklische Antidepressiva (Amitryptilin)

Akuttherapie von Migräneanfällen

Die medikamentöse Therapie von akuten Migräneanfällen umfasst schmerztherapeutische Maßnahmen und Maßnahme gegen Begleiterscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen.

Leichte und mittelstarke Migräneanfälle sollten zunächst mit Schmerzmitteln wie ASS, Ibuprofen, Metamizol oder Diclofenac behandelt werden. Sie sind teilweise auch bei schweren Migräneanfällen wirksam.

Sprechen die Beschwerden nicht auf diese Medikamente an, sind sogenannte Triptanedie Medikamentengruppe der Wahl, zum Beispiel Wirkstoffe wie Sumatriptan oder Naratriptan. Sie haben die beste Wirksamkeit bei mittelschweren und starken Kopfschmerzen. Bei Bedarf können sie mit Medikamenten aus der ersten Gruppe kombiniert werden.

Zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen stehen mit den Wirkstoffen Metoclopramid und Domperidon wirksame Medikamente zur Verfügung.

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