DAK-Krankenstands-Analyse

Krankheitsgeschehen in der Arbeitswelt während der Pandemie massiv verändert



Im Corona-Jahr 2020 fehlten Beschäftigte wegen Rückenschmerzen so viel im Job wie seit Jahren nicht mehr: Die Ausfalltage mit dieser Diagnose stiegen im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent. Auch die Fehlzeiten aufgrund von Anpassungsstörungen nahmen um acht Prozent zu. Psychische Erkrankungen, zu denen diese Diagnose gehört, erreichten einen neuen Höchststand.


Das geht aus der aktuellen Krankenstands-Analyse der DAK-Gesundheit für das gesamte Jahr 2020 hervor. Laut Analyse hat die Pandemie das Krankheitsgeschehen in der Arbeitswelt massiv verändert: Krankschreibungen dauerten im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich 14,5 Prozent länger. Dagegen nahm die Anzahl der Fälle spürbar ab. Insgesamt lag der Krankenstand mit 4,1 Prozent geringfügig unter dem Vorjahresniveau von 4,2 Prozent. Für die aktuelle Krankenstands-Analyse hat das Berliner IGES Institut die Daten von mehr als 2,4 Millionen erwerbstätig Versicherten der DAK-Gesundheit ausgewertet.

Mehr als jeder fünfte Fehltag im Job war 2020 auf Probleme mit dem Muskel-Skelett-System zurückzuführen. Insbesondere bei Rückenschmerzen gab es einen deutlichen Anstieg von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit 93 Fehltagen je 100 Versicherte war Rückenschmerz für so viele Fehltage verantwortlich wie seit Jahren nicht mehr. „In der Corona-Pandemie sind Rückenerkrankungen bedeutsamer geworden“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Durch Lockdown und Homeoffice hat sich die Arbeitswelt drastisch gewandelt. Die Menschen verharren noch länger bewegungslos vor dem Bildschirm und in vielen Branchen steigt die Arbeitsdichte. Wir sehen eine höhere Anspannung im Allgemeinen, was offensichtlich zu einer Zunahme von Fehltagen wegen Rückenschmerzen und bestimmten psychischen Diagnosen führt.“

Die Analyse zeigt bei den psychischen Erkrankungen einen neuen Höchststand. Mit 264 Fehltagen insgesamt waren Seelenleiden der zweitwichtigste Grund für eine Krankschreibung. Insbesondere bei den Anpassungsstörungen gab es 2020 einen deutlichen Zuwachs von acht Prozent. Damit ist eine Reaktion auf ein belastendes Lebensereignis, zum Beispiel ein Trauerfall, gemeint. Dies kann sich in negativen Veränderungen des Gemütszustandes oder auch in Störungen des Sozialverhaltens ausdrücken.

Atemwegserkrankungen belegten im Corona-Jahr 2020 mit einem Minus von 3,6 Prozent nur Platz drei der wichtigsten Krankheitsarten. „Der Rückgang zeigt, wie wirkungsvoll die Hygienemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch die Übertragung von Erkältungskrankheiten verhindert haben", erklärt Andreas Storm. Hände waschen, Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen hätten auch die Übertragung von Erkältungsviren eingedämmt und damit die Ausfalltage bei diesen Diagnosen verringert.

Die DAK-Analyse zeigt auch, wie sich 2020 das Verhältnis von kurzen zu langwierigen Erkrankungsfällen verändert hat: Bei kurzen Krankschreibungen von bis zu drei Tagen gab es einen deutlichen Rückgang von einem Viertel. Krankschreibungen über zwei Wochen nahmen hingegen deutlich zu. Über alle Erkrankungen hinweg betrug 2020 die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung 14,5 Tage – ein Plus von zwei Tagen gegenüber dem vorher seit Jahren konstanten Wert. „Die Pandemie hat das Krankheitsgeschehen in der Arbeitswelt massiv verändert“, kommentiert Andreas Storm. „Wir sehen mehr schwere Fälle und weniger leichte. Und für längerfristig Erkrankte scheint der Weg zurück in die Arbeitswelt unter den aktuellen Bedingungen deutlich problematischer zu sein.“

Der gesamte Krankenstand verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr nur ganz geringfügig von 4,2 auf 4,1 Prozent. An jedem Tag des ersten Corona-Jahres waren durchschnittlich 41 von 1.000 Erwerbstätigen krankgeschrieben. Die Mehrheit der DAK-versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kam ohne eine einzige Krankschreibung durch das erste Corona-Jahr.

Branchen mit vielfältigen Möglichkeiten für Homeoffice und digitales Arbeiten hatten 2020 weniger Fehlzeiten als andere: So zeigt die Analyse für die Datenverarbeitungsbranche sowie für Banken und Versicherungen jeweils einen unterdurchschnittlichen Krankenstand von 2,5 beziehungsweise 3,2 Prozent. Diese Branchen haben traditionell einen niedrigeren Krankenstand, doch der Abstand zum Durchschnitt wurde unter Pandemie-Bedingungen besonders deutlich.

Weit überdurchschnittlich war der Krankenstand im Gesundheitswesen (4,9 Prozent) sowie in der Branche Verkehr, Lagerei und Kurierdienste (4,7 Prozent). „Branchen, die geringere Chance haben, Prozesse ins Homeoffice zu verlagern und dem Pandemiegeschehen auszuweichen, waren beim Krankenstand benachteiligt“, so Storm. Der Krankenstand ist in diesen Branchen – entgegen dem allgemeinen Trend – zum Vorjahr geringfügig angestiegen. Die meisten Fehltage hatten Beschäftigte in Gesundheitsberufen: durchschnittlich 17 Tage pro Jahr.

Foto: Pixabay

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