Wirtschafts-News vom 16. Dezember 2021

Strafrechtskino



Zigtausende von Jurastudenten haben sich durch Strafrechtsklausuren mit den absurdesten Fallkonstellationen gequält, die zu Bauchmerzen führen konnten. Man war sich nie sicher, ob eine Textpassage als Irreführung gedacht war und einfach nur als plastische Darstellung.  

 
Wenn jemand am Badestrand von einer Kugel ins Herz getroffen wurde und es einen Hinweis darauf gab, dass er sich grade umzog, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass die Kugel durch ein Kleidungsstück ging, was zusätzlich als Sachbeschädigung zu bewerten wäre, aber beim Strafmaß des Tötungsdeliktes unerheblich wäre. Aber es ist gut, wenn man es erwähnt! Der jurastudentische Blick auf Filme führt hingegen oft zu anderen Bauchschmerzen. Da werden Leute angeblich wegen Mordes verhaftet, mangels Haftbefehl ist es aber in Wirklichkeit eine Festnahme und ob es ein Mord ist oder vielleicht ein Totschlag oder sogar nur fahrlässige Tötung, ist auch noch zu klären.  
 
Prof. Dr. Christian Fahl ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Greifswald. Er hat sich in dem 2021 erschienenen Buch „Strafrechtskino: Kino- und Fernsehfilme als Klausur“ zehn berühmte Kinofilme vorgenommen und diese nach unseren deutschen Strafrechtsregeln bewertet.  
 
Zu den behandelten Fällen gehört unter anderem „Mord im Orientexpress“ von Agatha Christie. Diesen Film dürfte fast jeder kennen. Meisterdetektiv Hercule Poirot (P) muss hier herausfinden, wer den betrügerischen Kunsthändler Ratchett (im Fall als R bezeichnet) in seinem Abteil mit mehreren Messerstichen getötet hat. Im Verlauf der Ermittlungen von Poirot stellt sich heraus, dass mehrere der Anwesenden ein Motiv haben und auch zugestochen haben.     
 
R hat in der Vergangenheit ein Kind entführt und ermordet. Daraufhin erlitt dessen Mutter eine Fehlgeburt, bei der sie verstarb, woraufhin der Vater Selbstmord beging. Eine Mitreisende, A, war Kindermädchen, B die Gouvernante, C ein Kamerad des Vaters, D der Butler, E der ermittelnde Polizist und F der Sohn des Staatsanwalts im damaligen Fall.  Welcher Stich tödlich war, ob ein einzelner oder die Summe mehrerer, kann nicht mehr mit Sicherheit geklärt werden. Hercule Poirot ließ die Täter übrigens ungestraft davonkommen.  
 
„Strafrechtskino: Kino- und Fernsehfilme als Klausur“ von Prof. Dr. Christian Fahl ist übrigens im C.H.Beck Verlag erschienen, hat 187 Seiten und kostet 14,90 €.  

Lesenswert und unterhaltsam sind übrigens alle behandelten Fälle.   
 
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