Im Namen des Wolfes

Die Chroniken von Sova 1



Im Reich des Wolfes gärt es. Rebellen und mächtige Patrizier gefährden die Macht des kaiserlichen Throns. Nur der Orden der Richter stellt sich dem Chaos entgegen.

Sir Konrad Vonvalt ist der gefürchtetste von ihnen, der gemeinsam mit seiner Schreiberin Helena und seinem Vollstrecker Bressinger Recht und Gesetz vertritt. Als die drei den Mord an einer Adeligen untersuchen, kommen sie einer Verschwörung auf die Spur, die bis in die Spitze der kaiserlichen Gesellschaft reicht.

Vonvalt muss sich entscheiden: Wird er die Gesetze missachten, die geschworen hat, zu schützen, um das Reich zu retten?

Im Namen des Wolfes
Autor: Richard Swan
Übersetzer: Simon Weinert
Verlag: Piper 
Preis: 18,00 Euro
ISBN: ‎978-3492706612

Richard Swan über seine Fantasy-Welt



Lieber Richard, in Ihrer Autorenbiografie teilen Sie uns mit, dass Sie Jura studiert haben und als Anwalt arbeiten. Da ist die Frage naheliegend: Hat Ihr Berufsalltag Sie zu der ungewöhnlichen Entscheidung inspiriert, die Hauptfigur der Chroniken von Sova-Trilogie zu einem Richter machen? Und inwieweit hat Ihnen Ihr beruflicher Hintergrund beim Schreiben dieser Geschichte geholfen?
Richard Swan:
Meine tägliche Arbeit als Anwalt hat sicherlich den Grundstein für die Idee der „Fantasy-Anwälte“ gelegt. Ich hatte schon länger darüber nachgedacht, wie ich Anwälte in ein Fantasy-Setting einbauen könnte. Die ersten Überlegungen gingen in Richtung eines Gerichtsdramas, in dem die Anwälte eine Form der sprachbasierten Magie, die so genannte „Legomantie“, einsetzen; aber erst nachdem ich Witcher 3: Wild Hunt auf meiner Xbox gespielt hatte, nahm die Idee eines umherziehenden Ermittlers/Staatsanwalts in meinem Kopf Form an. Das und die Cicero-Trilogie von Robert Harris waren die beiden größten Inspirationsquellen für Im Namen des Wolfes (was wahrscheinlich erklärt, dass viel davon sich mittelalterlich-germanisch, slawisch und römisch anfühlt).

Mein beruflicher Hintergrund hat mir beim Schreiben der Geschichte sehr geholfen. Ich habe mehrere Jahre lang an der Klärung riesiger Handelsstreitigkeiten mitgearbeitet, bei denen es manchmal um Milliarden Pfund ging. Und diese Angelegenheiten haben eine echte Tiefe und Komplexität, die ich versucht habe, in die fiktive Welt der Chroniken von Sova zu übertragen. Ich habe immer sehr viel Spaß dabei, die Leute daran zu erinnern, dass Im Namen des Wolfes schlussendlich ein Roman über Versicherungsbetrug im Handel ist!

Das System des Richterrechts im Roman ist zwar stark von meinen eigenen Erfahrungen als Anwalt beeinflusst, aber ich habe auch akademische Aspekte des Rechts, die ich an der Universität und danach studiert habe, wie Rechtsphilosophie, Rechtsethik usw., mit einbezogen. Ich bin schon seit meinen ersten Ausflügen in die Rechtswissenschaft von der Rechtsphilosophie fasziniert, insbesondere vom Unterschied der Konzepte des Konsequentialismus und des Deontologismus, von den Menschenrechten, dem Naturrecht und dem Konzept des Gesellschaftsvertrags. Und das alles sind Themen, die ich – auf hoffentlich interessante Weise – im Roman erforscht habe. 


Ihre Hauptfigur, Junker Konrad Vonvalt, ist eine sehr interessante Persönlichkeit, und sein Beruf macht ihn unter den anderen Protagonist:innen der High Fantasy zu etwas Besonderem. Wie viel von Ihnen selbst steckt in Vonvalt? Oder identifizieren Sie sich mehr mit der Erzählerin Helena in ihrer beobachtenden Position?
Richard Swan:
In gewisser Weise repräsentieren beide verschiedene Aspekte meiner Persönlichkeit zu unterschiedlichen Zeiten meines Lebens. Vonvalt glaubt fest an die Macht eines unabhängigen, säkularen Systems: das Richterrecht, das eine der großen Institutionen seiner Zivilisation darstellt. Aber im Laufe der Zeit muss er lernen, die Dinge etwas pragmatischer zu sehen. Am Anfang meiner Arbeit als Anwalt war ich, glaube ich, etwas naiv in Bezug darauf, mit wie viel Unrecht Menschen davonkommen können, wenn sie genug Geld haben; zehn Jahre später habe ich festgestellt, dass mich nur noch sehr wenig schockieren kann.

Wie kam es zu der Entscheidung, die Geschichte aus Helenas Sicht und nicht aus der von Vonvalt zu erzählen? Das ist für die High Fantasy eher ungewöhnlich, und für mich ist es ein großer Teil dessen, was Im Namen des Wolfes besonders macht.
Richard Swan:
Ich denke, dass es zwar sehr interessant ist, eine Geschichte über Vonvalt zu hören, aber ich glaube nicht, dass es spannend wäre, von ihm zu hören. Er ist ein ernster, kompromissloser und undurchsichtiger Mann, der von einem strengen beruflichen und ethischen Kodex geleitet wird. Ich habe das Gefühl, dass seine Erzählung ziemlich trocken und förmlich wäre, und da er immer Recht haben will, würde er wahrscheinlich bestimmte Dinge umdeuten, damit sie in seine Erzählung passen, oder die Gründe für sein Handeln bis in die kleinsten Details erklären. In der Welt der Chroniken von Sova ist Vonvalt ein „großer Mann der Geschichte“, und ich denke, wenn man sich auf diese Weise in seinen Kopf hineinversetzen und all seine Gedanken herauskitzeln und entschlüsseln würde, wäre das für die Leser:innen am Ende nur enttäuschend. 

Helena bietet uns stattdessen eine viel wechselhaftere emotionale Linse, durch die wir ihn und seine Handlungen betrachten können. Sie steht ihm nahe und kennt ihn besser als die meisten anderen, sodass wir den „echten“ Vonvalt ein wenig kennenlernen können, aber sie ist auch jung und idealistisch und kann ihm den Spiegel vorhalten, vor allem, als Vonvalt etwas weniger prinzipientreu und dafür realpolitischer wird. Ich liebe die Figur der Helena sehr, und es hat mir großen Spaß gemacht, ihre und Vonvalts Dynamik auszuarbeiten, die der Geschichte eine Ebene hinzufügt, die es sonst nicht gegeben hätte.

Wenn man High Fantasy schreibt, besteht eine der Aufgaben normalerweise darin, sich sehr viele Namen auszudenken – nicht nur für Personen, sondern auch für Orte, die Götterwelt und dergleichen. In Im Namen des Wolfes scheinen einige der Bezeichnungen von deutschen Namen inspiriert zu sein, so gibt es Figuren namens „Bauer“ oder „Vogt“. Können wir uns das Sovanische Reich oder Teile davon wie ein mittelalterliches Deutschland vorstellen? Und welche anderen (historischen) Länder und/oder Sprachen und Kulturen dienten als Inspirationsquellen?
Richard Swan:
Auf jeden Fall. Das Heilige Römische Reich und die deutschen Staaten sowohl aus der Zeit davor als auch danach hatten definitiv einen starken Einfluss auf das Sovanische Reich. Tatsächlich habe ich mir in der Planungsphase für die Trilogie als eines der ersten Dinge eine Karte des Rheinbundes angesehen. Ich besitze einen ganzen Ordner voller Bilder von Orten wie Burg Eltz oder Heidelberg. Ich habe auch Elemente aus dem Römischen Reich der Spätantike übernommen, obwohl ich den Provinzen, die Sova umgeben und die von den Sovanern erobert wurden, einen etwas anderen Charakter verleihen wollte. Hier kommen die eher slawischen Namen ins Spiel. Viele der Ortsnamen im Reich haben eine deutsche Toponymie (-berg/-burg, -dorf, -hut); wenn man sich dagegen die Namen eines Großteils der Menschen ansieht, sind diese eher slawisch inspiriert – kroatisch, serbisch usw. In einigen Fällen hat eine Figur sowohl einen germanischen als auch einen slawischen Namen. Damit versuche ich zu zeigen, dass das Sovanische Reich nicht homogen ist, sondern eine Mischung aus verschiedenen Kulturen darstellt.
Ich wollte den Sovanern aber nicht nur diese eher kosmetischen kulturellen Eigenschaften mitgeben. Als Volk wollte ich ihnen etwas geben, was ich für ziemlich teutonische bzw. angelsächsische Züge hielt. Sie sind zum Beispiel nach außen hin keine sonderlich emotionalen Menschen; sie mögen keine großen Gefühlsausbrüche, ja finden sie sogar vulgär. Außerdem schätzen sie Eigenschaften wie Pragmatismus, Effizienz, Gründlichkeit und Erfindungsreichtum, und sie haben einen Sinn für Ironie und trockenen Humor. 


Wie viel vom Sovanischen Reich wurde dem Römischen Reich der Spätantike nachempfunden? Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass es einige auffällige Parallelen gibt, und wir haben versucht, dieses Gefühl in die Übersetzung zu übertragen. Unter anderem dadurch, dass alle Figuren sich duzen, wie es im Römischen Reich üblich war, anstatt eine förmlichere Anrede wie „Ihr“ zu benutzen, die die Leser:innen eher an hoch- oder spätmittelalterliche Gesellschaften erinnern würde, die aber sonst in High-Fantasy-Romanen sehr verbreitet ist.
Richard Swan:
Ich bin sehr froh über diese Entscheidung! Das Römische Reich und sein vorgebliches Fortbestehen im Heiligen Römischen Reich ist die historische Analogie, die ich für die Chroniken von Sova gewählt habe. Ich stelle mir Sova im Wesentlichen wie eine Mischung aus dem antiken Rom und Münster vor. Tatsächlich werden die Parallelen im zweiten Band noch deutlicher, wenn wir einige Zeit in Sova verbringen.

Foto: © Robert Lapworth

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