Dr. med. Heidi Gößlinghoff, Frauenärztin und Kinderwunschexpertin, über die Fruchtbarkeit von Männern und den Einfluss auf die Familienplanung.
Mitte Februar 2023 las und hörte man häufig von einer neuen Studie, die entdeckte, dass Penisse immer länger werden. Für die Studie haben Forscher um den Urologen Michael Eisenberg von der Stanford University eine Meta-Analyse durchgeführt und 75 Studien aus den vergangenen 80 Jahren zusammengefasst. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass das männliche Geschlechtsteil in den vergangenen 30 Jahren um 24 Prozent gewachsen ist.
Was viele Männer und bestimmt auch so manche Frau erfreut, gibt jedoch auch Anlass zur Beunruhigung. Über die Gründe können Forscher nämlich nur spekulieren. Möglicherweise spielt das viele Sitzen eine Rolle – auch Umwelteinflüsse haben die Forscher im Blick. Denn Schadstoffe wie Pestizide, die zum Beispiel in Nahrungsmitteln oder Hygieneprodukten vorkommen, können sich auf das männliche Hormonsystem auswirken. Dies soll auch dafür verantwortlich sein, dass Jungen und Mädchen mittlerweile früher in die Pubertät kommen.
Solche und ähnliche Beobachtungen führten zur Idee der Studie. Denn zahlreiche andere berichten auch immer wieder über die Abnahme der Spermienqualität. Eine neue Analyse aus dem Jahr 2022 bestätigte, dass sich die Konzentration der Spermien weltweit reduziert – zwischen 1973 und 2018 sank die durchschnittliche Spermienkonzentration demnach um mehr als 51 Prozent. Auch hier sind die genauen Gründe unklar, vermutet wird, dass Umweltverschmutzung, Plastik, Rauchen, Drogen, bestimmte Medikamente sowie Fettleibigkeit und schlechte Ernährung dazu beitragen. Das stehe nach aktuellem Wissen zwar nicht direkt mit der Länge von Penissen in Verbindung. Trotzdem wollen Wissenschaftler diesen Forschungsbereich weiter fokussieren.
Für Männer und Frauen, die sich Kinder wünschen, stellt sich dabei die Frage, ob diese Ergebnisse einen Einfluss auf ihren Kinderwunsch haben. Manche Forscher weisen zum Beispiel darauf hin, dass das Zählen von Spermien selbst mit der Goldstandardtechnik der Hämozytometrie schwierig sei und die Technik sich im Laufe der Zeit verbessert habe.
Auch wenn die Meldungen über die Abnahme der Spermienqualität also nicht von allen Forschern mit Sorge in Bezug auf die Reproduktionsfähigkeit betrachtet werden, so lässt sich doch nicht leugnen, dass die Spermienqualität mit zunehmendem Alter, ab etwa 40 bis 45 Jahren, abnimmt. Und auch unter einem ungesunden Lebensstil leidet die Fruchtbarkeit. Rauchen schadet den Spermien und dem Erbgut, Alkohol ist ein Zellgift, Diabetes und Bluthochdruck können dafür sorgen, dass keine Erektion erfolgt, und Bewegungsarmut macht auch die Spermien träge und langsam. Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung wirkt sich also nicht nur auf die Gesundheit positiv aus, sondern auch auf die Fruchtbarkeit. Für den Kinderwunsch schadet es also ganz und gar nicht, diese Faktoren im Blick zu behalten.
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Bild: Bree Fotografie
Kinderwunsch in Gefahr?
Werden Männer immer unfruchtbarer?
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