Organspende im Check

Herzspezialist klärt die häufigsten Fragen



Eine Organspende kann Leben retten. Gleichzeitig fällt die Zahl der gespendeten Organe in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern klein aus.


Im Interview beantwortet Priv. Doz. Dr. Jan Knierim, ärztlicher Direktor des Sana Paulinenkrankenhauses in Berlin, die häufigsten Fragen zum Thema, klärt über das neue Organspende-Register auf und verrät, warum an dem Vorurteil, dass Ärzte bei Organspendern nicht mehr alles tun, um das Leben zu retten, nichts dran ist.

Was genau ist eine Organspende und wer kommt dafür infrage?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Wenn jemand nach seinem Tod Organe oder Gewebe freiwillig an andere weitergibt, sprechen wir von einer Organspende. Einige Spenden sind auch schon zu Lebzeiten möglich, diese werden als Lebendorganspenden bezeichnet. Grundsätzlich kann jeder Mensch Organspender werden, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Gesundheitszustand. Ausschlaggebend ist immer der Zustand der Organe, Ärzte entscheiden also jedes Mal individuell, ob eine Transplantation möglich ist.

Wie läuft eine Organspende ab?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Wenn der Hirntod festgestellt wurde und die Zustimmung des Verstorbenen zur Organspende vorliegt, bewerten Ärzte, ob die Organe für eine Transplantation geeignet sind. Anschließend wird ein passender Empfänger von der Warteliste ermittelt. Dies erfolgt neben biologischen Eigenschaften wie der Blutgruppe und Gewebemerkmalen natürlich auch nach Dringlichkeit und Wartezeit. Ist ein passender Empfänger gefunden, muss es schnell gehen, denn die Zeit zwischen Entnahme und Transplantation des Organs muss so kurz wie möglich sein.

Welche Organe und Gewebe können gespendet werden und welche werden besonders nötig gebraucht?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Gespendet werden können beispielsweise Organe wie Nieren, Lebern, Herzen, Lungen und Bauchspeicheldrüsen. Auch Gewebe wie Haut, Knochen, Hornhaut und Blutgefäße kommen für Spenden infrage. Eigentlich werden alle Organe dringend benötigt. Die Patientinnen und Patienten warten teilweise viele Monate und Jahre auf ein Organ. Bei einigen Organen kann ein Dialysegerät oder ein Kunstherz eine längere Wartezeit möglich machen, aber auch in diesen Situationen gibt es besonders dringliche Fälle.

Welche Organe können lebend gespendet werden und welche erst nach dem Tod?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
In der Regel werden in Deutschland nur Nieren und Teile der Leber lebend gespendet. Hier gibt es allerdings strenge Voraussetzungen, da die Gesundheit des Spenders an oberster Stelle steht. Um Organhandel zu unterbinden, kommt eine Spende nur infrage, wenn sich Empfänger und Spender sehr nahestehen, beispielsweise weil sie miteinander verwandt oder Lebenspartner sind.

Welche gängigen Vorurteile halten sich weiterhin hartnäckig?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Ein häufiges Vorurteil ist, dass Ärzte nicht alles tun, um das Leben zu retten, wenn jemand als Organspender registriert ist. Das stimmt selbstverständlich nicht. Die medizinische Versorgung hat immer Vorrang, und die Möglichkeit einer Organspende wird erst nach dem Tod geprüft. Außerdem hält sich noch immer die Annahme, dass hirntote Menschen nicht wirklich tot seien. Unter dem Hirntod versteht man das irreversible Ende aller Hirnfunktionen, ein Mensch ist in diesem Zustand nicht lebensfähig. Körperfunktionen wie Herzschlag und Atmung können zwar für eine gewisse Zeit noch künstlich durch Maschinen am Laufen gehalten werden, aber ein hirntoter Mensch ist wirklich tot und erst dann ist eine Organspende auch ethisch vertretbar.

Welche persönlichen Überlegungen sollten bei der Entscheidung, Organe zu spenden, eine Rolle spielen?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Für jeden Menschen sind unterschiedliche Fakten und Werte ausschlaggebend dafür, ob sie Organe spenden wollen oder nicht. Insbesondere religiöse Überzeugungen spielen dabei oftmals eine große Rolle. Unentschlossenen stehen insbesondere im Internet viele Ressourcen zur Meinungsbildung zur Verfügung, beispielsweise auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Entscheidung kann im Laufe des Lebens außerdem immer wieder angepasst werden, weder der Eintrag in das Organspende-Register noch ein Organspendeausweis sind unumkehrbar. Ich würde empfehlen, dass man bei seiner Entscheidung auch die Perspektive der Menschen einnimmt, die auf ein Organ warten. Ständig von Geräten und medizinischer Hilfe abhängig zu sein und nicht zu wissen ob rechtzeitig Hilfe geleistet werden kann, ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen extrem belastend.

Wie funktioniert das neue Organspende-Register?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Im Organspende-Register kann seit dem 18. März jeder Mensch online hinterlegen, ob und welche Organe er im Todesfall spenden möchte. Auch die Entscheidung gegen eine Spende kann dort also festgehalten werden. Aktuell benötigt man dazu einen Personalausweis mit aktivierter Online-Funktion, ab Herbst soll es auch über die GesundheitsID der Krankenkassen möglich sein. Kliniken können ab dem 1. Juli digital auf das Register zugreifen und so nach Ableben eines Patienten einfach feststellen, ob er einer Organspende zugestimmt hat oder nicht.

Welche Alternativen zum Register gibt es, wenn man seine Entscheidung für oder gegen die Organspende festhalten möchte?
Priv. Doz. Dr. Jan Knierim:
Organspendeausweise bleiben weiterhin gültig. Wer sich nicht in das Organspende-Register eintragen möchte, kann seine Entscheidung also auch auf diesem Wege festhalten. Außerdem ist es auch weiterhin sehr sinnvoll, mit seinen Angehörigen über die Entscheidung zu sprechen, damit sie im Todesfall den eigenen Wunsch kennen und ihn an die Ärzte weitergeben können.

Bild: Sana Paulinenkrankenhaus

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