Alle Jahre wieder bieten wir Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Zeitgut-Verlag auch diesmal stimmungsvolle Weihnachtsgeschichten. Lebendige Originalfotos und Illustrationen runden diese ergreifenden Geschichten aus der Buchreihe "Unvergessene Weihnachten" ab.
(Zittau, Oberlausitz) Heute war ich bei meiner Tochter Claudia, zweites Schuljahr, Weihnachtsmann im öffentlichen Dienst. Um kreativ zu arbeiten, dachte ich schöpferisch voraus. Eine Liste mit pädagogischen Ermahnungen bekam ich von der Klassenleiterin, Frau Schönfuß. Eigentlich könnte sie auch Schönleib oder Schöngesicht heißen.
In meine Aktentasche schleuste ich einen alten Telefonhörer, ein Stück Kabel war noch dran, und einen Wecker mit hinein. Roter Mantel, Bart und Sack warteten in einer Ecke des Lehrerzimmers auf mich. Nur an zünftige Stiefel hatten weder Frau Schönfuß noch ich gedacht.
Vorerst verlief alles programmgemäß. Der Wecker klingelte im päckchengefüllten Sack – ein gelungener Überraschungseffekt!
Eindrucksvoll umständlich nahm ich den Telefonhörer aus der Manteltasche. „Hallo? Hier ist der Weihnachtsmann ... Ja, ich höre ... Wie? Rico Krause stört im Unterricht? Na, der wird ...“
Rascher Blickwechsel mit Frau Schönfuß. Jetzt die erzieherischen Register ziehen! Gleich wird der vorlaute Rico mal die Sprache verlieren. Ich bin als Weihnachtsmann bestens in Form.
„Onkel, deine Strippe baumelt!“
„Aber Rico!“ sagte Frau Schönfuß vorwurfsvoll und sah mich dabei an.
Ich konnte dann sehr effektiv arbeiten, brauchte keine Ermahnungen mehr auszuteilen, nur die Geschenke; die Kinder freuten sich sowieso.
Ein paar persönliche Gespräche führte ich dennoch. Besonders mit den Schülern, deren Mutter mir gefiel. Dann verwandelte ich mich im Lehrerzimmer wieder in meine Normalgestalt und holte Claudia ab, als käme ich soeben von der Arbeit.
„Na, wie war’s?“
„Ganz lustig.“
„Wie war der Weihnachtsmann?“
„Er hatte deine Schuhe an.“
Ich zog es vor, das Thema zu wechseln. Zu Hause, beim Abendbrot, kam Claudia darauf zurück.
„Du, Vati, weißt du, was der Weihnachtsmann falsch gemacht hat?“
„Nö, was denn?“
„Er hat zu Martin gesagt: ,Na Kleiner, bist wohl mit der Oma da?’ Das war aber Martins Mutti!“
Ich verschluckte mich, hustete. Meine Frau klopfte mir auf den Rücken. „Ein starker Brocken!“ Es klang nicht nach Mitgefühl.
Claudia aber tröstete mich: „Laß mal, Vati. Ich sage Martin morgen, du siehst ein bißchen schlecht.“
Wahrscheinlich sah ich Weihnachtsmann auf einmal wirklich alt aus.
Unvergessene Weihnachten Band 5
Zeitgut Verlag Berlin
Preis: 8,90 Euro
ISBN: 978-3-86614-146-9
Zeitgut-Weihnachtsgeschichte: Von den Schwierigkeiten, Weihnachtsmann zu sein
Ein Vater-Erlebnis (nacherzählt von Inge Handschick)
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