SO VIEL SILBER IM GRAU – KUNST AUS DER DDR

Malerei, Zeichnung, Grafik und Plastik aus den Beständen der Kunstsammlung Jena



Die Kunstsammlung der Stadt Jena ist eine vergleichsweise junge Sammlung und fußt auf dem materiellen und ideellen Erbe des früheren Jenaer Kunstvereins, der sich 1903 konstituierte und am Vorabend des Ersten Weltkrieges eine Sammlung moderner Kunst angelegt hat. Diese Sammlung wurde 1934 dem Stadtmuseum angegliedert und nach schweren Verlusten während der Aktion „Entartete Kunst“ und den Verheerungen des Zweiten Weltkrieges zur Grundlage der Jenaer Kunstsammlung.

Die schroffen Umbrüche unter wechselnden Strategien und ohne eigene Schauräume prägten die Sammlung in den nachfolgenden Jahrzehnten ebenso nachteilig wie nachhaltig. Dennoch gab es immer wieder auch Perioden der Weiterentwicklung, zu denen – trotz aller Reglementierungen im Kulturbetrieb der DDR – die 1970er und 1980er Jahre zählen. Die Kunstsammlung Jena konnte sich in diesen Jahren nicht nur erholen, sondern wurde kontinuierlich ausgebaut, neu geformt und fand – zumindest für wenige Jahre – im Romantikerhaus eine eigenständige Bleibe.

Der Fokus des Sammelns lag auf der Region, den Kunstzentren im mitteldeutschen Raum – Dresden, Leipzig, Halle – und Berlin. Erwerbungen aus dem Ausland waren unmöglich und für Hauptwerke fehlten meist die finanziellen Mittel. Dennoch gelang es immer wieder, besondere Werke zu finden und der Sammlung ein Profil zu geben, das die Eigenheiten und Existenzweisen des Kunstschaffens abbildete.

Dieses Profil knüpfte an die Sammlung des Jenaer Kunstvereins an, dessen Schwergewicht immer auf den künstlerischen Tendenzen der Gegenwart lag und der Kunst der ersten Expressionisten ein Podium bot. So wie in den ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts hatten auch in der DDR die grafischen Künste Konjunktur und es etablierte sich ein facettenreiches Spiel offener und versteckter Mitteilungen, die – oft literarisch beeinflusst – in subtilen Nuancen die Situation im Land widerspiegelte.

Die Kunstsammlung Jena zählt neben Gemälden und Skulpturen viele herausragende grafische Einzelblätter und mit großem Aufwand gestaltete und gedruckte Folgen in Mappen. Das belegen nicht nur die Thüringer wie Alfred Traugott Mörstedt, Barbara Lechner und Gerhard Altenbourg, sondern auch Arbeiten von Wolfgang Mattheuer, Willi Sitte und Werner Tübke. Die grafischen Editionen wurden von Künstler- und Künstlerinnengruppen herausgegeben, aber auch von Galerien, Verbänden und Verlagen. Fast immer beruhten diese Initiativen auf dem Engagement einzelner Personen.

Die Kunstsammlung Jena versammelt neben wichtigen Einzelwerken von Bernhard Heisig, Alexandra Müller-Jontschewa oder Horst Sakulowski Bildkonvolute von Emma Hübner, Kurt Hanf oder Hans Lasko, die außerhalb Jenas nur wenigen bekannt sind. Der ungekrönte Lokalmatador der Jenaer Maler war zweifellos Lothar Zitzmann, der an der Burg Giebichenstein Halle die Grundlagen der Malerei lehrte und mit seinen ausgewogenen Volumen einen eigenen Akzent in der Malerei setzen konnte. Neben den Werken von Hanf, Lasko oder Zitzmann, die durch öffentliche Aufträge präsent waren, gab es in Jena aber auch Arbeiten von Gil Schlesinger oder Gerd Wandrer, die eher abseits der staatlich geförderten Bereiche entdeckt werden konnten.

Zu Beginn dieses Jahres wurde die Kunstsammlung Jena mit einem Teil des Nachlasses von Christel und Hartwig Prange beschenkt. Christel und Hartwig Prange initiierten und führten in den 1980er Jahren die „Kleine Galerie“ in Jena und erwarben zahlreiche Arbeiten von Dieter Goltzsche, Michael Morgner, Charlotte Elfriede Pauly, Max Uhlig und anderen Künstlerinnen und Künstlern für ihre private Sammlung. Ein Teil davon wird innerhalb unserer Ausstellung präsentiert und steht beispielhaft für jene intellektuelle und ästhetische Neugier, die nicht wenige Menschen zur Kunst führte. Die Sammlung Prange ergänzt vorhandene Positionen, erweitert den Horizont des eigenen Bestands um einige autonome künstlerische Positionen und steht beispielhaft für jene Sammlungen, die in der DDR entstanden und zu Inseln der kulturellen Selbstbehauptung avancierten.

Das Konvolut von Kunst der DDR ist mit rund dreißig Prozent ein wesentlicher Teil der Kunstsammlung Jena und wird erstmals in Auszügen mit dem Ziel vorgestellt, diesen Bestand neu zu erfassen und zu publizieren. Von nicht wenigen Künstlerinnen und Künstlern – wie etwa Elke Hopfe, Hans Ticha oder Horst Peter Meyer – gibt es im Museumsbestand Arbeiten aus den Jahren der DDR und aus der Zeit danach. Aufgrund der Fülle vorhandener Arbeiten werden in der Ausstellung nur Werke gezeigt, die zwischen 1945 und 1989 entstanden sind.

Viele dieser Arbeiten werden erstmals präsentiert und zeugen von einem lebendigen Kunstraum, der neu entdeckt werden will. Auch nach mehr als 35 Jahren überrascht das breite Spektrum der Handschriften, die vielleicht gerade deshalb, weil sie oft auch existenzielle Selbstbehauptungen spiegeln, erstaunlich aktuell und überzeugend sind. Wir hoffen sehr, dass unsere Ausstellung zum Verständnis der künstlerischen Leistungen jener Jahre beiträgt und diese würdigt.

Ausgestellt sind mehr als 300 Werke von 134 Künstlerinnen und Künstlern.

Städtische Museen Jena
Kunstsammlung Jena

Markt 7
07743 Jena
T 03641.49.82.50
kunstsammlung@jena.de

Bild: Horst Sakulowski, Porträt nach Dienst, 1976, Öl/Hartfaser © Kunstsammlung Jena

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