
(von Josef Scheppach) Israel – ein Land mit atemberaubenden Landschaften und einer lebendigen Kultur, die Moderne und Tradition auf einzigartige Weise verbindet. Israel – eine Welt voller biblischer Geschichten, aber auch politischer Spannungen. Viele zögern, eine Reise in das Heilige Land anzutreten, aus Sorge um die Sicherheit. Doch die Angst ist unbegründet. Strenge Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen, in Hotels und an Touristenorten sorgen für Schutz.
Jerusalem – wo die Bibel lebendig wird
Dies spürt man insbesondere in Jerusalem – einer Stadt, die seit Jahrtausenden das Herz dreier Weltreligionen schlagen lässt. Vom Mount Scopus aus eröffnet sich ein Panorama, das sprachlos macht: Die goldene Kuppel des Felsendoms, die Mauern der Altstadt, die Silhouette der Grabeskirche.
In der Altstadt von Jerusalem taucht man förmlich in Jahrtausende Menschheitsgeschichte ein – die engen, verwinkelten Gassen, durchzogen von Gerüchen nach Weihrauch, süßem Gebäck und orientalischen Gewürzen, bilden die Kulisse für ein Nebeneinander von Religionen, Kulturen und Alltagsleben wie kaum an einem anderen Ort auf der Welt.
Ein Spaziergang durch die Altstadt Jerusalems ist wie eine Reise durch Jahrtausende der Geschichte, Kultur und Spiritualität. Geht man durch den Torbogen des Jaffators, eines der sieben historischen Tore der Altstadt, betritt man eine andere Welt – einer Welt, in der Moderne und Antike aufeinandertreffen.
Im armenischen Viertel, dem kleinsten der vier Viertel der Altstadt, sind Gassen gesäumt von kleinen Läden, in denen handgefertigte Keramik, Gewürze und religiöse Artefakte verkauft werden. Die Luft ist erfüllt vom Duft von frischem Brot und Kaffee.
Über die Tyrische Straße, eine der ältesten Straßen Jerusalems, gelangst man zum Zionstor und betritt das jüdische Viertel, das nach der Zerstörung im Jahr 1948 wiederaufgebaut wurde. Die Gassen sind hier etwas breiter, und man siehst moderne Synagogen neben antiken Ruinen.
Die Klagemauer, eine Stützmauer des Zweiten Tempels
Nicht weit davon entfernt steht die gewaltige, aus großen Steinblöcken bestehende Klagemauer, die vor fast 2.000 Jahren als Stützmauer des Zweiten Tempels erbaut wurde. Man durchläuft eine Kontrolle bevor man den Platz der Klagemauer betritt, die in zwei Bereiche unterteilt ist: einen größeren für Männer und einen kleineren für Frauen.
Gläubige berühren die Steine der Mauer mit ihren Händen, legen ihre Stirn dagegen oder umarmen sie. Es heißt, dass die Mauer eine direkte Verbindung zu Gott hat – ein Ort, an dem Gebete besonders erhört werden. Ein besonderer Brauch ist das Einstecken von kleinen Zetteln mit Gebeten oder Wünschen in die Ritzen der Mauer.
Via Dolorosa - Steine, auf denen Jesus einst wandelte
Traditionell am Löwentor(auch St.-Stephans-Tor genannt) im muslimischen Viertel in Jerusalems Altstadt beginnt eine der bewegendsten und historisch bedeutendsten Pilgerrouten der christlichen Welt: die Via Dolorosa („Schmerzensweg“). Dieser Weg folgt den letzten Schritten Jesu auf seinem Weg zur Kreuzigung.
Vom Löwentor aus windet sich die Via Dolorosa durch enge, lebhafte Gassen, vorbei an Souvenirläden, Gewürzhändlern und historischen Gebäuden. Die Atmosphäre ist eine Mischung aus Alltag und Andacht – Kinder spielen, Händler rufen ihre Waren aus, während Pilger mit Kreuzen oder Gebetsbüchern den Weg entlanggehen.
Der erste Halt ist der Hof des Pilatus, wo Jesus zum Tode verurteilt wurde. Heute steht hier eine Schule (al-Omariya-Schule), und eine kleine Kapelle erinnert an das Ereignis. Nur wenige Schritte weiter erreicht man die Kapelle der Geißelung und die Kapelle der Verurteilung. Hier nahm Jesus das Kreuz auf seine Schultern. Die Kapellen sind schlicht, aber die Atmosphäre ist intensiv – viele Besucher knien nieder oder berühren die Steine.
Oase der Ruhe mitten im pulsierenden Leben
An der dritten Station des Kreuzwegs, an der Ecke Via Dolorosa und El-Wad-Straße im muslimischen Viertel, findet man eine Oase der Ruhe mitten im pulsierenden Leben der Altstadt: das Österreichischen Pilger-Hospiz zur Heiligen Familie. Es wurde 1863 eröffnet und ist das älteste nationale Pilgerhaus im Heiligen Land, das seit seiner Gründung ununterbrochen Pilgern aus Mitteleuropa herzlich Gastfreundschaft bietet.
Das Gebäude strahlt kaiserlich-königlichen Charme aus und schafft eine ganz besondere Atmosphäre, in der man Wien und Jerusalem spüren kann. Besucher genießen hier eine Mischung aus österreichischer Kultur – etwa im Wiener Kaffeehaus mit Sachertorte und Melange – und spiritueller Besinnung in einem historischen Rahmen.
An den weiteren Stationen der Via Dolorosa erinnern kleine Markierungen oder Kapellen an die Ereignisse. Man spürt die spirituelle Tiefe des Weges. Die Steine unter den Füßen sind die gleichen, auf denen Jesus einst ging.
Die Grabeskirche - eine der heiligsten Stätten der Christenheit
Die letzten Stationen liegen innerhalb der Grabeskirche (auch Auferstehungskirche genannt) - eine der heiligsten Stätten der Christenheit. Sie steht an dem Ort, an dem nach der Überlieferung Jesus gekreuzigt, begraben und auferstanden ist. Die Kirche ist ein komplexes Gebäude mit einer bewegten Geschichte, das seit dem 4. Jahrhundert n. Chr. Pilger aus aller Welt anzieht.
Jede Konfession hat eigene Bereiche, Altäre und Gebetszeiten. Die Aufteilung der Kirche und die Rechte der einzelnen Gruppen sind durch den „Status Quo“ geregelt, ein osmanisches Dekret aus dem 18. Jahrhundert, das bis heute gilt. Dieser Status Quo legt fest, wer welche Räume nutzen darf, wann Gebete stattfinden und sogar, wer die Schlüssel zur Kirche besitzt (seit Jahrhunderten sind es zwei muslimische Familien).
Für Besucher ist die Grabeskirche ein faszinierender, aber auch überwältigender Ort. Die prunkvollen Kapellen, die betenden Pilger und die dichte Atmosphäre machen sie zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Gethsemane: Ein Garten voller Geheimnisse
Unerlässlich ist ein Besuch des Garten Gethsemane, wo knorrige Olivenbäume stehen, einige von ihnen über 2.000 Jahre alt. Hier hat Jesus gebetet, hier wurde er verraten. Die Stille zwischen den alten Bäumen lädt zur Einkehr ein – ein Moment, in dem die Bibel plötzlich greifbar wird.
Direkt im Garten befindet sich die sogenannte Kirche aller Nationen, auch Todesangstbasilika oder Basilika der Agonie genannt. Im Zentrum dieser Kirche steht ein Felsen, auf dem Jesus der Überlieferung nach in Todesangst betete. Dieser Stein ist von einer großen Metall-Dornenkrone umgeben, die an die Dornenkrone Jesu erinnert. Das Innere der Kirche ist dunkel gehalten, um die Angst und Agonie Jesu darzustellen, mit Mosaiken, die seine letzten Stunden, die schlafenden Jünger und seine Verhaftung zeigen. Der Altar ruht auf dem Felsen der Gefangennahme und hat die Form eines Kelchs symbolisch für Jesu Bitte, „diesen Kelch vorübergehen zu lassen“.
En Karem: Wo Johannes der Täufer geboren wurde
Nur wenige Kilometer entfernt liegt En Karem, ein malerisches Dorf in den Hügeln Jerusalems. Hier, in der Kirche der Heimsuchung, wo Maria ihre Base Elisabeth besuchte, herrscht eine fast märchenhafte Stille. Die Landschaft, die Terrassen mit Feigen- und Granatapfelbäumen, die klare Luft – alles wirkt wie aus einer anderen Zeit. Die Natur selbst scheint hier zu beten.
Galiläa: Wo Jesus wirkte
Ein Muss ist ein Besuch von Nazareth, der Stadt, in der Jesus aufwuchs. Die Verkündigungsbasilika, ein prächtiger Bau über der vermeintlichen Stelle, an der der Engel Gabriel Maria die Geburt Jesu verkündete, ist überwältigend. In der Mary’s Well, einer alten Quelle, an der Maria einst Wasser schöpfte, wird Geschichte lebendig.
Der See Genezareth: Eine mystische Bootsfahrt
Ein magisches Erlebnis ist eine Bootstour auf dem See Genezareth - im sogenannten Jesus Boat, einem Nachbau eines rund 2.000 Jahre alten Fischerboots. Hier spürt man die Gegenwart der Wunder Jesu – hier ist Jesus über das Wasser gegangen.
Tabgha – Wo Brot und Fische die Menge sättigten
Am nordwestlichen Ufer des See Genezareth liegt Tabgha, ein Ort von stiller Schönheit und tiefer spiritueller Bedeutung. Hier, wo sanfte Hügel auf das blaue Wasser treffen, geschah eines der bekanntesten Wunder Jesu: die Brotvermehrung(Matthäus 14,13–21). und Barmherzigkeit.
Heute steht hier die Kirche der Brotvermehrung, ein schlichtes, aber beeindruckendes Bauwerk mit einem byzantinischen Mosaik aus dem 5. Jahrhundert, das Brote und Fische abbildet. Das Mosaik, das bei Ausgrabungen in den 1930er Jahren entdeckt wurde, ist eines der ältesten christlichen Kunstwerke der Welt.
In Tabgha gibt es die Begegnungsstätte „Beit Noah“, die speziell dafür gegründet wurde, dass jüdische, christliche und muslimische Kinder und Jugendliche aus Israel und Palästina sich friedlich begegnen und miteinander leben lernen. Im Fokus stehen Inklusion, gegenseitiges Kennenlernen und der Abbau von Vorurteilen – besonders auch für Menschen mit Behinderung aus unterschiedlichen sozialen und religiösen Hintergründen. Die Einrichtung wird von den Benediktinern betreut.
Kapernaum – Jesu „Wohnort“ und das Herz seines Wirkens
Nur wenige Kilometer entfernt liegt Kapernaum, das im Evangelium als Jesu „eigene Stadt“ (Matthäus 9,1) bezeichnet wird. Hier predigte er in der Synagoge, heilte Kranke und berief seine ersten Jünger. Die antike Synagoge aus dem 4. Jahrhundert steht auf den Fundamenten einer älteren, aus der Zeit Jesu stammenden Synagoge. Die weißen Kalksteinmauern, die sorgfältig rekonstruiert wurden, zeugen von der Pracht des Ortes zur Zeit des Römischen Reiches.
Besonders berührend ist der Haus der Petrus, ein einfaches Steinhaus, das archäologische Funde als Wohnort des Apostels identifizieren. Über den Resten des Originalhauses wurde eine moderne Kirche errichtet, deren gläserner Boden den Blick auf die antiken Mauern freigibt. Die Stille an diesem Ort ist fast greifbar – als würde die Geschichte noch immer nachhallen.
Der Berg der Seligpreisungen – Wo Jesus die Bergpredigt hielt
Eine kurze Fahrt führt zum Berg der Seligpreisungen, einem sanft gerundeten Hügel mit einem atemberaubenden Blick über den See. Der Aufstieg erfolgt über eine serpentinenreiche Straße, die sich durch grüne Olivenhaine schlängelt. Oben angekommen, öffnet sich ein Panorama, das den Blick bis nach Tiberias und zu den Golanhöhen freigibt.
Die Achteckkirche, entworfen vom italienischen Architekten Antonio Barluzzi, ist ein Meisterwerk moderner sakraler Architektur. Ihre Kuppel symbolisiert die acht Seligpreisungen, und die farbenfrohen Mosaike im Inneren strahlen eine fast überirdische Ruhe aus.
Yardenit – Taufstelle am Jordan
Am südlichen Ende des See Genezareth, dort, wo der Jordan den See verlässt, liegt Yardenit, eine der beliebtesten Taufstellen für Pilger. Das klare, kühle Wasser fließt langsam dahin, umgeben von üppiger Vegetation. Wer hier ins Wasser steigt, spürt die Verbindung zu den ersten Christen, die hier ihren Glauben bekundeten.
Das Tote Meer und Massada: Naturwunder und Heldenmut
Auf dem Weg zum Toten Meer kann man Halt machen im Kibbuz Ein Gedi, einem der bekanntesten Kibbuzim Israels. Was diesen Ort so besonders macht, ist seine einzigartige Verbindung von Geschichte, Ökologie und modernem Leben. Der Kibbuz liegt inmitten einer grünen Oase, umgeben von der kargen Wüste Judäas. Seit seiner Gründung in den 1950er Jahren haben die Bewohner durch cleveres Wassermanagement und nachhaltige Landwirtschaft eine blühende Siedlung geschaffen, wo Dattelpalmen, Bougainvillea und exotische Pflanzen gedeihen.
Ein Ort der besonderen Art ist auch das Tote Meer, der tiefste Punkt der Erde. Das Gefühl, schwerelos auf dem salzhaltigen Wasser zu treiben, während die Hautgepflegt wird, ist fast surreal.
Massada: Eine Festung des Widerstands
Nicht versäumen sollte man ein Fahrt zur Festung Massada. Hoch über der Wüste gelegen, ist sie ein Symbol jüdischer Standhaftigkeit. Per Seilbahn geht es hinauf zu den Ruinen von König Herodes‘ Palast. Die Geschichte des jüdischen Aufstands gegen die Römer im Jahr 73 n. Chr. ist dramatisch – und die Aussicht atemberaubend.
König Herodes ließ hier im 1. Jahrhundert v. Chr. einen prächtigen Palast mit Bädern, Lagern und sogar einem Schwimmbecken errichten. Doch Massada wurde vor allem durch den jüdischen Aufstand gegen die Römer berühmt. Fast 1.000 jüdische Rebellen, darunter Frauen und Kinder, hielten hier monatelang gegen die übermächtige römische Armee stand. Als die Niederlage unausweichlich war, wählten sie den Freitod, anstatt in Gefangenschaft zu geraten. Die neu erschlossenen Ausgrabungen zeigen die Überreste der Synagoge, der Wohnhäuser und der römischen Belagerungsrampen.
Spirituelle Orte intensiver erleben
Israel präsentiert sich sicher und stabil. Das Land begrüßt seine Gäste herzlich, besonders die Pilger, die mit Respekt kommen. Die weniger überfüllten Sehenswürdigkeiten machen es möglich, spirituelle Orte intensiver zu erleben und in Ruhe zu erkunden.
Foto: © privat
Israel erleben
Eine Reise zwischen Spiritualität, Geschichte und Lebensfreude
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