(Michael  Kirchberger, Auto-Medienportal.Net) Biokraftstoffe? Da denken wohl  viele noch an Diesel aus Rapsöl oder gar den antiken Holzvergaser. Doch  die Entwicklung auf der Suche nach den Treibstoffen von morgen ist heute  mehr als einen Schritt vorangekommen. 
Das zeigten die Referate  und Vorträge im Rahmen des 18. Fachkongresses für erneuerbare Mobilität  „Kraftstoffe der Zukunft 2021“. Vom 13. bis zum 22. Januar haben sich  mehr als 500 internationale Teilnehmer in Berlin auf Einladung des  Bundesverbands Bioenergie e.V. in Berlin virtuell zusammengefunden, um  über verschiedene Themen wie CO2-Zielvorgaben für Neufahrzeuge, E-Fuels  und fortschrittliche Biokraftstoffe, Biodiesel, Biomethan, Bioethanol,  neue Antriebs- und Mobilitätskonzepte, Nachhaltigkeit zu informieren und  zu diskutieren.
Biomethan und Bio-Fuel sind die Favoriten
Mehr  als 60 Referenten aus Deutschland, Europa und Übersee haben dabei ihre  Konzepte, Fallbeispiele und Studien zur Diskussion über die nachhaltige  Mobilität von Morgen zur Diskussion gestellt. Der Konsens ihrer  Ausführungen: Wir müssen den CO2-Ausstoß verringern, nicht morgen  sondern jetzt. Und mehr noch, als Ziel wird die globale CO2-Neutralität  angestrebt. Die zu erreichen ist schwer, aber keineswegs unmöglich. Denn  die Wissenschaftler und Forscher haben beim Kongress aufgezeigt, wie  viele Lösungen heute schon erfolgversprechend eingesetzt werden könnten.  Als wichtigste Energieträger der Zukunft schätzen sie Biomethan ein,  das eins zu eins mit fossilem Erdgas (CNG) verglichen werden kann.
Mit CO2 wird aus Wasserstoff Methan
Gewinnen  lässt sich Biomethan aus Grünstrom, also nachhaltig erzeugter  elektrischer Energie. Bereits kurz nach der Jahrtausendwende hatte Audi  die Forschungen an diesen Projekten vorangetriebenen. Dabei wird der  überschüssige Strom aus Off-Shore-Windparks genutzt, um Wasserstoff (H2)  herzustellen, der unter Zugabe von CO2 Methan wird. Dieses lässt sich  sehr einfach speichern und im vorhandenen Fernleitungsnetz unserer  heutigen Gasversorgung nahezu verlustfrei im gesamten Land verteilen.  Getankt wird es als Treibstoff an Tankstellen, bereits heute gibt es ein  erkleckliches Netz von CNG-Stationen, die allerdings meist noch Gas aus  fossilem Abbau anbieten.
Kein Food zu Fuel
Ein anderer  Weg zu Gewinnung von Biomethan geht über Biomasse. Hierfür  Nahrungsmittel einzusetzen, wäre allerdings ein nur bedingter  Fortschritt, wie Geraldine Gilmartin von der australischen Agentur Green  Pool Commodities berichtet. Der Einsatz von Mais, Zuckerrohr oder gar  Weizen als Grundlage für Bio-Kraftstoffe ist angesichts der großen Zahl  der hungerleidenden Menschen moralisch nicht vertretbar. Aber es gibt  andere Stoffe, die sich für die Gewinnung von Biomethan eignen. Gülle,  also tierische Fäkalien, die in der Landwirtschaft anfallen, ist ein  äußerst attraktiver Energieträger und gewinnt zunehmend an Bedeutung.  300 Millionen Tonnen Biomethan ließen sich aus Gülle generieren, nicht  nur für die globale Mobilität, sondern auch für die Energieerzeugung. In  Deutschland gibt es heute bereits 9000 Biogasanlagen, die einen  erheblichen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten.
Unser Müll könnte der Retter sein
Doch  es gibt weitere Energieträger, die zu nachhaltigen Mobilität beitragen  könnten. Jean Louis Kindler von kalifornischen Unternehmen Ways2H (Wege  zum Wasserstoff) sieht H2 als den optimalen Treibstoff von morgen.  Insbesondere im Verkehrsbereich sei der Energieträger im Kommen. Denn,  so Kindler, Wasserstoff lässt sich aus vielen Abfallprodukten  herstellen. Dem Haus- und Industrie-Müll etwa lässt sich in  thermochemischen Prozessen Wasserstoff entziehen, das könnte bei einem  Aufkommen von fast 360 Millionen Tonnen Plastikabfällen uns beim  notorischen Müllproblem helfen.
Trinkbares Abwasser
In  Pilotanlagen in den Vereinigten Staaten wird aus Abfällen heute schon  Wasserstoff gewonnen. Aus 24 Tonnen Abfällen wird eine Tonne H2.  Nordamerika könnte mit Wasserstoff, der aus dem landeseigenen Müll  erzeugt wird, 90 Prozent seines Kraftstoffbedarfs decken. Der dann eben  für 90 Prozent weniger Schadstoffe sorgt, „das was dann aus dem Auspuff  von Brennstoffzellen-Fahrzeugen tropft, können Sie ohne Bedenken  trinken“, so Kindler. Noch ist die Wasserstoffgewinnung auf diese Weise  eher teuer und daher noch nicht rentabel. Doch rechnet sie sich, wenn  die Verfahren und Anlagen effizienter und außerdem die Kosten für die  Müllbeseitigung berücksichtigt werden.
Aus Europa und den USA nur leere Versprechen
Die  Entwicklung allerdings geht vor allem bei uns schleppend voran. Noch in  den 1990er Jahren versprachen die Hersteller, innerhalb einer Dekade  die ersten Serienfahrzeuge für den Wasserstoffbetrieb Privatkunden  anzubieten. Bis heute ist kein einziges ausgeliefert worden. Asien kommt  besser vorwärts, Toyota (Japan) und Hyundai (Südkorea) sind die  einzigen Autohersteller, die den Wasserstoffantrieb zur Serienreife  entwickelt haben und auf die Straßen bringen. Nexo heißt das auch bei  uns erhältliche H2-Auto von Hyundai, Toyota hat seine  Wasserstoff-Limousine auf den Namen Mirai getauft.
Pack den Plastik-Tiger in den Tank
6,3  Millionen Tonnen Kunststoffabfälle sind 2019 in Deutschland angefallen.  Das Volumen ist aufgrund der Hygienebestimmungen während der Pandemie  deutlich gestiegen. Nur etwas mehr als die Hälfte wurde rezykliert, also  aufbereitet wiederverwendet, gut 44 Prozent wurden verbrannt. Auf zwei  Millionen Tonnen Wasserstoff schätzt Jean Louis Kindler den  Wasserstoffbedarf in Europa im Jahr 2030. Legt man die amerikanische  Produktionseffizienz zu Grunde, könnte allein Deutschland aus seinem  Plastikmüll fast fünf Prozent davon generieren. Zum Vergleich: 56,3  Millionen Tonnen Kraftstoff wurden bei uns 2019 verbraucht. Der Anteil  von Bio-Sprit lag, bezogen auf den Energiegehalt, bei 4,9 Prozent.
Die Politik bekennt sich zu Wasserstoff und Bio-Sprit
Immerhin  glimmt ein Licht am Ende des Tunnels, auch die Politik hat den Ernst  der Lage erkannt und unterstützt Entwicklungsvorhaben und die Errichtung  entsprechender Anlagen in den nächsten Jahren mit 1,5 Milliarden Euro.  „Die Ziele der Treibhausgasminderung im Verkehr sind ambitioniert und  anspruchsvoll, aber machbar. Neben der batterieelektrischen Mobilität  sind hierfür erneuerbare Kraftstoffoptionen unverzichtbar, insbesondere  Wasserstoff, e-Fuels und auch fortschrittliche Biokraftstoffe. Um den  Markthochlauf dieser Kraftstoffe voranzutreiben, braucht es einen  Investitionsschub in Entwicklungsvorhaben und Erzeugungsanlagen“  verkündete Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär im  Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur anlässlich des  Digital-Kongresses. Es wird klar, die Ära fossiler Brennstoffe neigt  sich ihrem Ende zu.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Michael Kirchberger
Welcher Sprit treibt uns morgen an?
Dieser Frage ging man auf dem 18. Fachkongresses für erneuerbare Mobilität nach
Veröffentlicht am: 25.01.2021
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