
(Thomas  Geisler | pressedienst-fahrrad) Spezialräder bieten Lösungen für  Menschen, die gewöhnliche Fahrräder nicht nutzen können. Die Nachfrage  nach den Produkten steigt, die Räder haben sich mittlerweile im  Mobilitätsmix etabliert. 
Der pressedienst-fahrrad hat über die  Hintergründe und über Vorteile mit Experten gesprochen und zeigt, welche  technischen Möglichkeiten es gibt und warum Cargobikes für die weitere  Entwicklung enorm wichtig sind.
In den letzten Jahren haben viele  ältere Menschen dank der Unterstützung des Elektromotors die Lust am  Radfahren wieder entdeckt. Doch es gibt Personen, die die Vorzüge des  Radfahrens nicht genießen können. „Ältere Menschen haben oftmals  Probleme mit Schwindel und können ein normales Zweirad nicht mehr  nutzen“, berichtet der Arzt und Fahrradhändler Manfred Wiedemann. Ein  häufiger Grund für Verletzungen beim Radfahren ist das Umfallen mit dem  Rad. Das kann bereits bei niedrigen Geschwindigkeiten zu schweren  Nacken- und Kopfverletzungen führen. Schon der Schulterblick oder  einhändiges Fahren beim Abbiegen kann bei älteren Menschen Unsicherheit  verursachen und einen Sturz zur Folge haben. Für die Gesundheit ist  aktive Bewegung bis ins hohe Alter jedoch ein wichtiger Baustein.  Radfahren bietet sich hier an, da es nicht nur die Muskulatur, das Herz  und die Durchblutung fördert, sondern auch gelenkschonend ist. „Selbst  mit schweren Arthrosen in den Gelenken ist Radfahren eine Bewegung, die  nicht wehtut“, erklärt der Mediziner Wiedemann.
Dreiräder schaffen Sicherheit
Um  älteren Menschen weiterhin die Vorteile des Radfahrens zu ermöglichen,  gibt es eine Option: Trikes. Die Dreiräder gelten aufgrund ihres Aufbaus  als äußerst sicher und kippstabil, die Gefahr eines Umfallens zur Seite  ist minimal. Durch die tiefe Sitzposition ist die Fallhöhe geringer,  das vorgelagerte Tretlager dient bei einem Zusammenstoß als eine Art  Knautschzone. Beeinträchtigte Menschen könnten mit einem Dreirad wieder  ohne Angst fahren und bekämen ganz schnell wieder mehr Sicherheit, so  Wiedemann. Der zusätzliche Vorteil: Es gibt keine Druckpunkte an Gesäß  oder an den Handgelenken. So sind auch längere Touren im Alter noch  möglich.
Wiedemann verkauft in seinem Radladen regelmäßig an  Radfahrer:innen, die trotz höherem Alter noch Radreisen quer durch  Europa unternehmen möchten. „Das Fahrrad ist ein ideales Trainingsgerät:  Man ist in freier Natur und in einer tollen Umgebung“, so Wiedemann,  der selbst ein Liegerad besitzt. Die Wahrnehmung der Umwelt und die  Orientierung im Raum seien zudem anders, ergänzt Alexander Kraft,  Pressesprecher beim Hersteller HP Velotechnik. Florian Wolf,  Mitorganisator der Spezialradmesse Spezi, sieht in gesellschaftlichen  Entwicklungen einen wichtigen Grund für die wachsende Nachfrage im  Segment der mehrspurigen Spezialräder: „Menschen sind im Alter länger  gesund, haben Zeit und wollen auch im hohen Alter noch mobil sein und  die Landschaft genießen – und Spezialräder, insbesondere Trikes, helfen  ihnen, weiterhin ihre Ziele zu erreichen. Ganz klar haben in den letzten  Jahren die mehrspurigen Fahrzeuge dazugewonnen.“
E‑Motor steigerte die Nachfrage
Wie  bei den Aufrechträdern hat auch bei den Spezialrädern der Elektromotor  einen wesentlichen Anteil an der wachsenden Nachfrage. „In der  Liegeradszene hat man sehr früh bereits das Potenzial des E‑Motors  erkannt. Dieser steigert die Fahrdynamik, selbst wenn man körperliche  Einschränkungen hat“, weiß Alexander Kraft. HP Velotechnik hat seine  Trikes so konzipiert, dass sie entweder direkt mit einem Elektromotor  ausgeliefert werden oder bei Bedarf der Motor nachgerüstet werden kann.  Das neue Sesseldreirad „Delta tx“ bietet der Hersteller sogar nur als  E‑Variante an. „Die Vielzahl an Modellen ist durch die  Elektrounterstützung nochmals gestiegen. Durch den E‑Antrieb ergeben  sich neue Möglichkeiten, Ideen umzusetzen, beispielsweise auch bei  Handbikes“, sieht Gabriel Wolf, ebenfalls aus dem Organisationsteam der  Spezi, die positiven Seiten der Elektrifizierung.
Technischer Fortschritt für mehr Sicherheit
Auch  weitere technische Neuerungen kommen den Spezialradfahrer:innen zugute.  Dazu zählen Fahrtrichtungsanzeiger oder automatische Schaltungen.  „Blinker sind an Spezialrädern definitiv eine sehr gute Ergänzung in  puncto Sicherheit“, sagt Sebastian Feßen-Fallsehr vom Lichthersteller  Busch & Müller. Anstatt Handzeichen zu geben, wird einfach auf einen  Knopf gedrückt und die Hände bleiben sicher am Lenker. Allerdings: Zu  viele Knöpfe und Schalter am Lenker können die ältere Nutzergruppe auch  überfordern. Deshalb sind Optionen wie eine Automatikschaltung gerade  für diese Zielgruppe lohnenswert. „Das sorgt für eine bessere  Übersichtlichkeit und es macht einen entspannter, wenn man sich um das  Schalten nicht mehr kümmern muss“, sagt Alexander Kraft.
Details rücken in den Fokus
Feedback  der Nutzer:innen ist deshalb für die Produktentwicklung enorm wichtig.  „Aus den Gesprächen entstehen Optionen für Kundenansprüche, die man so  vorher nicht im Blick hatte. Wir bieten mittlerweile eine große  Bandbreite an unterschiedlichen Ausstattungsvarianten an“, erklärt  Kraft. Dazu zählen z. B. auch Halterungen für einen Gehstock. „Das muss  man mit bedenken und in die Produktentwicklung mit einfließen lassen“,  so Kraft weiter. In der Entwicklungsabteilung nutzte HP Velotechnik auch  einmal einen speziellen Altersanzug. Dieser ermöglicht die Simulation  von eingeschränkten Bewegungsabläufen. „Man merkt dabei schnell, was  nicht mehr geht. Man bekommt dadurch viel deutlicher gezeigt, wie sich  die Zielgruppe fühlt“, beschreibt Kraft den Vorgang.
Cargobikes ändern das Image
Doch  das Wissen über die Vorzüge der Räder ist bei vielen Menschen noch  nicht angekommen – anders als Cargobikes, die in den letzten Jahren den  Durchbruch aus der Nische schafften. Sie haben das Image der  Spezialräder geändert und das Thema mehrspurige Fahrzeuge in den Fokus  gerückt. „Das Cargobike hat eine gewisse Vorarbeit geleistet und die  Gesellschaft erkennt den Nutzen, aber es fehlt noch das Verständnis für  den offensichtlichen Anwendungsbereich von Trikes“, sagt Florian Wolf.  Alexander Kraft ergänzt mit Blick auf die Infrastruktur: „Cargobikes  sind in der Gesellschaft angekommen. Wenn die Energie bei der  Entwicklung der Infrastruktur genutzt wird, können alle  Mehrspurfahrzeuge profitieren. Wir müssen versuchen, dieses Momentum zu  erwischen, um Fahrt aufzunehmen.“
Messe lädt zum Testen ein
Um  erste Kontakte zu ermöglichen, ist die Spezialradmesse Spezi im  baden-württembergischen Lauchringen ein guter Anlaufpunkt. Jedes Jahr am  letzten Aprilwochenende treffen sich dort die Spezialradhersteller, um  die Neuheiten aus den Bereichen Liegerad, Trike, Velomobile, Cargobike  und Falträder vorzustellen. „Wir sind an einem Wendepunkt, was die  Mobilität anbelangt. Die Nische muss präsenter werden, die Chancen sind  da“, fasst Gabriel Wolf die aktuelle Stimmung zusammen.
Mobilität für Senior:innen
Spezialräder als wachsende Option
Veröffentlicht am: 12.04.2024
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