Dieser Tage schlagen sich die einen unter dem Berliner Funkturm die Bäuche voll, davor protestieren die, die vieles davon produzieren. Die einen zahlen dafür viel Geld, die anderen verdienen zumindest aus ihrer Sicht zu wenig. All das passiert auf der Grünen Woche in Berlin.
Die nach eigenen Aussagen größte Agrarmesse ist eben beides – eine Fress- und Protestmeile. Dazwischen tummeln sich dann noch die Politiker, die Lobbyisten, die Gutmenschen, die Warner – also die, die sowohl von den Genießern als auch von den Produzenten ihr Bestes wollen – ihr Geld.
Ich habe zufällig vor der Grünen Woche einen Landwirt aus der Lausitz getroffen, den ich kenne. Eigentlich ist er wie sehr, sehr viele ein sogenannter Nebenerwerbslandwirt. Er verdient sein Geld hauptsächlich als Lehrer. Ich fragte ihn, warum die Landwirte so aufgebracht sind, schließlich bekommen sie ja nicht nur, was ihnen der Handel diktiert, sondern auch noch Steuermilliarden, verteilt von der EU. Dem widersprach er auch gar nicht. Er, so erfahre ich, protestiert vor allem gegen die Regelungswut der Regierung und den ständigen Verunsicherungen von irgendwelchen Vereinigungen.
So ganz verstand ich ihn nicht und er versuchte mir – ganz Lehrer – die Sache zu erklären. Er verglich das Ganze mit den Kauf eines Autos. Aus seiner Sicht würde da folgendes passieren, wenn es wie in der Landwirtschaft zuginge: Mal darf ein Auto nur drei Liter Benzin verbrauchen, mal nur Diesel, mal darf ein Auto nur schmale, mal nur breite Reifen haben, mal darf ein Auto nur drei, mal muss es fünf Räder haben. Auto darf nur fahren, wer ein Dieselsiegel, eines für Autobahnen und eines für Feldwege hat – und für alles muss man zahlen.
Ein schöner Vergleich. Zumindest würde dann eigentlich niemand mehr ein Auto kaufen. Doch was soll man machen, man braucht es ja schließlich. Ähnlich, so mein Bekannter, geht es den Landwirten.
Aber die Massentierhaltung, warf ich ein. Haben Sie schon mal jemand gesehen, den es lächelnd die Zornesröte ins Gesicht treibt? Vielleicht kann das nur ein Lehrer-Landwirt. Er meinte, dass die größten Massentierhalter vor allem die Politiker, die Tier- und Umweltschützer sowie die Verbraucherschützer sind. Wie das, war meine nächste Frage. Ganz einfach bekam ich zu hören, die treiben Tag für Tag so viele Säue durch das imaginäre Dorf, dass die in keinen noch so großen Stall eines Massentierhalters passen würden. Von artgerechter Haltung, all dieser Säue, die zumeist nur wenige Tage lebene, kann demnach auch keine Rede sein. Aber, so der Lausitzer weiter, diese wild hin und her getriebenen Säue machen sehr viel Mist und den müssen zumeist die Landwirte, aber eben auch die immer mehr verunsicherten Verbraucher wegräumen. Gegen diese Vergiftung helfen nicht einmal Antibiotika. Bitter fügte er hinzu, dass die Politiker und die anderen Saudurchsdorftreiber augenscheinlich gegen jedes Mittel immun sind.
Nach unserem Abschied fiel mir meine Überschrift ein. Du Bauer – das ist zumeist genauso gemeint wie du Russe, du Lesbe oder ähnliches – nämlich als Beleidigung. Doch ich erinnere mich nicht, dass sich darüber schon einmal jemand aufgeregt hat, kein Politiker, kein Gutmensch, kein Lobbyist aber auch kein Journalist.
Frühstück gibt es heute nicht, denn die Beste Frau der Welt und ich machen uns gleich wieder auf zur Grünen Woche.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Du Bauer
Ich möchte kein Landwirt sein
Veröffentlicht am: 18.01.2020
Ausdrucken: Artikel drucken
Lesenzeichen: Lesezeichen speichern
Feedback: Mit uns Kontakt aufnehmen
Twitter: Folge uns auf Twitter
Facebook: Teile diesen Beitrag auf Facebook
Hoch: Hoch zum Seitenanfang