Viele, viel zu viele Menschen haben schon den sprichwörtlichen Blauen Brief bekommen, der heute entweder das Ergebnis eines Personalgesprächs ist oder auch schon mal per Mail eintrifft.
Blauer Brief? Für alle Unkundigen hier die Wikipedia-Erklärung: Die Bezeichnung stammt aus dem 18. Jahrhundert, als königliche Anordnungen häufig blickdicht verpackt und gesiegelt werden mussten. Dafür eignete sich Papier, das aus Lumpen hergestellt wurde, oft von Uniformen, die in dieser Zeit preußisch Blau waren, besonders gut. Da heute durch die geänderte Herstellungsweise blaues Papier eigens eingefärbt werden muss und daher solche blauen Umschläge teurer sind, werden sie zumindest in Deutschland nur noch selten tatsächlich für solche Schriftstücke verwendet.
Ja, so einen Blauen Brief will eigentlich keiner bekommen. Man meint auch, dass niemand entlassen werden will. Und doch, täglich fiebern tausende Menschen hierzulande genau einem entgegen – ihrer Entlassung. Die einen sind froh, dass das hin und her im Job endlich zu Ende ist. Sie freuen sich auf die Abfindung und auf eine neue Herausforderung. Klar gibt es auch viele, für die eine Entlassung der Fall in ein tiefes Loch bedeutet, doch das ist eben nicht immer der Fall.
Es gibt aber auch Menschen, die fiebern Monate und zumeist Jahre lang dem Tag entgegen, an dem sie ihre Entlassungspapiere erhalten. Die sagen wohl kaum Auf Wiedersehen und drehen sich auch nicht um, wenn sich das Gefängnistor aus ihrer Sicht auf der richtigen Seite hinter ihnen schließt. Auch sie haben sicherlich Papiere in der Hand, die für ihr weiteres Leben wichtig sind.
Ja, und dann gibt es noch Menschen wie mich, heil froh sind, dass sie das Krankenhaus verlassen können. Auch hier hat man ein Schreiben für den Hausarzt in der Hand. Ohne einen Brief scheint es wohl nie zu gehen. Doch das ist einem, der das Krankenhaus verlassen kann, ganz sicher ziemlich egal. Viel wichtiger ist, in seine gewohnte Umgebung zurück kehren zu können, weiter zu genesen.
Es war schon irgendwie merkwürdig, als ich gestern das Klinikum in Cottbus verließ – selbstverständlich an der Hand der Besten Frau der Welt. Wieder frische Luft atmen, wieder über sein Leben selber entscheiden zu können – und das mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass man aber mal so richtig Glück im Unglück hatte. Schön, der Sensenmann hat schon mal ganz zaghaft angeklopft. Doch wenn man nicht meint, dass man als Kerl ja so lange nicht zum Arzt gehen muss, wie man den Kopf noch nicht unter dem Arm trägt, dann kann man sich über seine Entlassung freuen.
Klar gibt es Einschränkungen. Doch deshalb den Kopf in den Sand stecken? Nein! Das Leben bietet so viel schönes, so viele Herausforderungen, denen man sich immer noch stellen kann. Man muss sich vielleicht etwas auf die Suche machen. Am Schluss muss ich zumindest für mich feststellen, dass man das Leben genießen kann, dass man das Leben genießen muss. Das umso mehr, als da schon mal jemand angeklopft hat, mit dem man noch sehr lange nichts zu tun haben will. Wozu also auch nur einen Tag vertrödeln? Nein, ich werde mit der Besten Frau der Welt an meiner Seite jeden Tag, jede Stunde genießen.
Damit beginnen wir gleich beim Frühstück.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Entlassen
Ist das immer der Horror pur?
Veröffentlicht am: 06.03.2020
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